Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
nach Abschluss des Lackierens, 13) Tane-abura zu gleichem Zweck
und zum Reinigen der Pinsel und Bürsten, 14) Nori, Kleister.

Die zum Lackieren verwendeten Werkzeuge sind einfach und
zum Theil äusserst zweckmässig. Auf Tafel III und IV wurden die
gebräuchlichsten derselben abgebildet. Die Originale befinden sich im
Königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Bei den Grundierungs-
arbeiten werden vornehmlich folgende gebraucht; 1) Hocho, ein ge-
rades scharfes Küchenmesser (III 1), 2) Ko-gatana, das ebenfalls
gerade, steife, aber kleinere Taschenmesser, welches im Futteral ge-
tragen wird, 3) Ye-guri, der Hohl- oder Stechmeissel (III 2), 4) Ha-
sami
, eine Schere, welche an unsere Wollscheren erinnert (III 3),
5) Hera, Holzspatel (III 4, 5), 6) Take-bera, ein spitzer Bambus-
rohrspatel (III 6), 7) Hake, flache Pinsel aus Menschenhaaren (III 7),
8) Unoke-hake, desgleichen aus Hasenhaaren (IV 3), 9) Abu, ein
Aufhänger zum Trocknen der Pinsel, 10) Jo-ban, ein kleiner Holz-
kasten zur Aufbewahrung der Werkzeuge, auf dessen schachtelartig
übergreifendem Deckel die verschiedenen Grundierungsmittel zubereitet,
die Pinsel gereinigt und gleich den Spateln zugeschärft werden. Diese
beiden Werkzeuge sind aber die wichtigsten. Die Spatel werden aus
Hi-no-ki (Retinispora obtusa) oder einem verwandten Nadelholze ge-
schnitzt. Sie haben einen zugespitzten, abgerundeten Stiel und eine
elastischbiegsame, nach vorn dünner und breiter werdende Platte, die
am 1--3 Finger breiten Ende zugeschärft und schräg abgeschnitten wird.
Auch bei den flachen Pinseln oder "Hake" wechselt die Breite je nach
den besonderen Zwecken, welchen sie dienen. Zwischen zwei dünnen
zusammengeleimten und an den Längsseiten durch Querleistchen ver-
bundenen Holzplatten liegt der Länge nach und durch Leim dicht ver-
bunden die Schicht langer schwarzer Menschenhaare und ragt vorn
1--2 mm weit vor. Sind dieselben etwas abgenutzt, so schneidet man,
ähnlich wie bei einem Bleistift das Holz ringsum zurück und die Haare
vorn mit dem Messer sorgfältig gleichlang ab. Mit dem Holzspatel
werden die zum Lackieren dienenden Farben und sonstigen Materialien
auf einem Brett oder dem Deckel des Jo-ban zerdrückt und mit Lack
innig gemengt. Er vertritt also die Stelle des Pistills oder der Mörser-
keule bei der Reibschale. Mit dem Spatel trägt man alle Kitte und
breiigen Grundierungsmittel, mit dem flachen Pinsel alle Lack-
firnisse auf.

Für die feineren Schlussaroeiten benutzt man 1) verschiedene
Fude oder runde Pinsel (IV 6--11) aus Ratten-, Hasen- und Hirsch-
haaren in Bambusstielen und mit Bambusrohr-Schonern, wie einige der
Abbildungen zeigen, die nach dem Gebrauch über den gereinigten

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
nach Abschluss des Lackierens, 13) Tane-abura zu gleichem Zweck
und zum Reinigen der Pinsel und Bürsten, 14) Nori, Kleister.

Die zum Lackieren verwendeten Werkzeuge sind einfach und
zum Theil äusserst zweckmässig. Auf Tafel III und IV wurden die
gebräuchlichsten derselben abgebildet. Die Originale befinden sich im
Königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Bei den Grundierungs-
arbeiten werden vornehmlich folgende gebraucht; 1) Hôchô, ein ge-
rades scharfes Küchenmesser (III 1), 2) Ko-gatana, das ebenfalls
gerade, steife, aber kleinere Taschenmesser, welches im Futteral ge-
tragen wird, 3) Ye-guri, der Hohl- oder Stechmeissel (III 2), 4) Ha-
sami
, eine Schere, welche an unsere Wollscheren erinnert (III 3),
5) Hera, Holzspatel (III 4, 5), 6) Take-bera, ein spitzer Bambus-
rohrspatel (III 6), 7) Hake, flache Pinsel aus Menschenhaaren (III 7),
8) Unoke-hake, desgleichen aus Hasenhaaren (IV 3), 9) Abu, ein
Aufhänger zum Trocknen der Pinsel, 10) Jô-ban, ein kleiner Holz-
kasten zur Aufbewahrung der Werkzeuge, auf dessen schachtelartig
übergreifendem Deckel die verschiedenen Grundierungsmittel zubereitet,
die Pinsel gereinigt und gleich den Spateln zugeschärft werden. Diese
beiden Werkzeuge sind aber die wichtigsten. Die Spatel werden aus
Hi-no-ki (Retinispora obtusa) oder einem verwandten Nadelholze ge-
schnitzt. Sie haben einen zugespitzten, abgerundeten Stiel und eine
elastischbiegsame, nach vorn dünner und breiter werdende Platte, die
am 1—3 Finger breiten Ende zugeschärft und schräg abgeschnitten wird.
Auch bei den flachen Pinseln oder »Hake« wechselt die Breite je nach
den besonderen Zwecken, welchen sie dienen. Zwischen zwei dünnen
zusammengeleimten und an den Längsseiten durch Querleistchen ver-
bundenen Holzplatten liegt der Länge nach und durch Leim dicht ver-
bunden die Schicht langer schwarzer Menschenhaare und ragt vorn
1—2 mm weit vor. Sind dieselben etwas abgenutzt, so schneidet man,
ähnlich wie bei einem Bleistift das Holz ringsum zurück und die Haare
vorn mit dem Messer sorgfältig gleichlang ab. Mit dem Holzspatel
werden die zum Lackieren dienenden Farben und sonstigen Materialien
auf einem Brett oder dem Deckel des Jô-ban zerdrückt und mit Lack
innig gemengt. Er vertritt also die Stelle des Pistills oder der Mörser-
keule bei der Reibschale. Mit dem Spatel trägt man alle Kitte und
breiigen Grundierungsmittel, mit dem flachen Pinsel alle Lack-
firnisse auf.

Für die feineren Schlussaroeiten benutzt man 1) verschiedene
Fude oder runde Pinsel (IV 6—11) aus Ratten-, Hasen- und Hirsch-
haaren in Bambusstielen und mit Bambusrohr-Schonern, wie einige der
Abbildungen zeigen, die nach dem Gebrauch über den gereinigten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0444" n="420"/><fw place="top" type="header">III. Kunstgewerbe und Verwandtes.</fw><lb/>
nach Abschluss des Lackierens, 13) <hi rendition="#g">Tane-abura</hi> zu gleichem Zweck<lb/>
und zum Reinigen der Pinsel und Bürsten, 14) <hi rendition="#g">Nori</hi>, Kleister.</p><lb/>
            <p>Die zum Lackieren verwendeten <hi rendition="#g">Werkzeuge</hi> sind einfach und<lb/>
zum Theil äusserst zweckmässig. Auf Tafel III und IV wurden die<lb/>
gebräuchlichsten derselben abgebildet. Die Originale befinden sich im<lb/>
Königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Bei den Grundierungs-<lb/>
arbeiten werden vornehmlich folgende gebraucht; 1) <hi rendition="#g">Hôchô</hi>, ein ge-<lb/>
rades scharfes Küchenmesser (III 1), 2) <hi rendition="#g">Ko-gatana</hi>, das ebenfalls<lb/>
gerade, steife, aber kleinere Taschenmesser, welches im Futteral ge-<lb/>
tragen wird, 3) <hi rendition="#g">Ye-guri</hi>, der Hohl- oder Stechmeissel (III 2), 4) <hi rendition="#g">Ha-<lb/>
sami</hi>, eine Schere, welche an unsere Wollscheren erinnert (III 3),<lb/>
5) <hi rendition="#g">Hera</hi>, Holzspatel (III 4, 5), 6) <hi rendition="#g">Take-bera</hi>, ein spitzer Bambus-<lb/>
rohrspatel (III 6), 7) <hi rendition="#g">Hake</hi>, flache Pinsel aus Menschenhaaren (III 7),<lb/>
8) <hi rendition="#g">Unoke-hake</hi>, desgleichen aus Hasenhaaren (IV 3), 9) <hi rendition="#g">Abu</hi>, ein<lb/>
Aufhänger zum Trocknen der Pinsel, 10) <hi rendition="#g">Jô-ban</hi>, ein kleiner Holz-<lb/>
kasten zur Aufbewahrung der Werkzeuge, auf dessen schachtelartig<lb/>
übergreifendem Deckel die verschiedenen Grundierungsmittel zubereitet,<lb/>
die Pinsel gereinigt und gleich den Spateln zugeschärft werden. Diese<lb/>
beiden Werkzeuge sind aber die wichtigsten. Die Spatel werden aus<lb/>
Hi-no-ki (Retinispora obtusa) oder einem verwandten Nadelholze ge-<lb/>
schnitzt. Sie haben einen zugespitzten, abgerundeten Stiel und eine<lb/>
elastischbiegsame, nach vorn dünner und breiter werdende Platte, die<lb/>
am 1&#x2014;3 Finger breiten Ende zugeschärft und schräg abgeschnitten wird.<lb/>
Auch bei den flachen Pinseln oder »Hake« wechselt die Breite je nach<lb/>
den besonderen Zwecken, welchen sie dienen. Zwischen zwei dünnen<lb/>
zusammengeleimten und an den Längsseiten durch Querleistchen ver-<lb/>
bundenen Holzplatten liegt der Länge nach und durch Leim dicht ver-<lb/>
bunden die Schicht langer schwarzer Menschenhaare und ragt vorn<lb/>
1&#x2014;2 mm weit vor. Sind dieselben etwas abgenutzt, so schneidet man,<lb/>
ähnlich wie bei einem Bleistift das Holz ringsum zurück und die Haare<lb/>
vorn mit dem Messer sorgfältig gleichlang ab. Mit dem Holzspatel<lb/>
werden die zum Lackieren dienenden Farben und sonstigen Materialien<lb/>
auf einem Brett oder dem Deckel des Jô-ban zerdrückt und mit Lack<lb/>
innig gemengt. Er vertritt also die Stelle des Pistills oder der Mörser-<lb/>
keule bei der Reibschale. Mit dem Spatel trägt man alle Kitte und<lb/>
breiigen Grundierungsmittel, mit dem flachen Pinsel alle Lack-<lb/>
firnisse auf.</p><lb/>
            <p>Für die feineren <hi rendition="#g">Schlussaroeiten</hi> benutzt man 1) verschiedene<lb/><hi rendition="#g">Fude</hi> oder runde Pinsel (IV 6&#x2014;11) aus Ratten-, Hasen- und Hirsch-<lb/>
haaren in Bambusstielen und mit Bambusrohr-Schonern, wie einige der<lb/>
Abbildungen zeigen, die nach dem Gebrauch über den gereinigten<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[420/0444] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. nach Abschluss des Lackierens, 13) Tane-abura zu gleichem Zweck und zum Reinigen der Pinsel und Bürsten, 14) Nori, Kleister. Die zum Lackieren verwendeten Werkzeuge sind einfach und zum Theil äusserst zweckmässig. Auf Tafel III und IV wurden die gebräuchlichsten derselben abgebildet. Die Originale befinden sich im Königlichen Kunstgewerbemuseum zu Berlin. Bei den Grundierungs- arbeiten werden vornehmlich folgende gebraucht; 1) Hôchô, ein ge- rades scharfes Küchenmesser (III 1), 2) Ko-gatana, das ebenfalls gerade, steife, aber kleinere Taschenmesser, welches im Futteral ge- tragen wird, 3) Ye-guri, der Hohl- oder Stechmeissel (III 2), 4) Ha- sami, eine Schere, welche an unsere Wollscheren erinnert (III 3), 5) Hera, Holzspatel (III 4, 5), 6) Take-bera, ein spitzer Bambus- rohrspatel (III 6), 7) Hake, flache Pinsel aus Menschenhaaren (III 7), 8) Unoke-hake, desgleichen aus Hasenhaaren (IV 3), 9) Abu, ein Aufhänger zum Trocknen der Pinsel, 10) Jô-ban, ein kleiner Holz- kasten zur Aufbewahrung der Werkzeuge, auf dessen schachtelartig übergreifendem Deckel die verschiedenen Grundierungsmittel zubereitet, die Pinsel gereinigt und gleich den Spateln zugeschärft werden. Diese beiden Werkzeuge sind aber die wichtigsten. Die Spatel werden aus Hi-no-ki (Retinispora obtusa) oder einem verwandten Nadelholze ge- schnitzt. Sie haben einen zugespitzten, abgerundeten Stiel und eine elastischbiegsame, nach vorn dünner und breiter werdende Platte, die am 1—3 Finger breiten Ende zugeschärft und schräg abgeschnitten wird. Auch bei den flachen Pinseln oder »Hake« wechselt die Breite je nach den besonderen Zwecken, welchen sie dienen. Zwischen zwei dünnen zusammengeleimten und an den Längsseiten durch Querleistchen ver- bundenen Holzplatten liegt der Länge nach und durch Leim dicht ver- bunden die Schicht langer schwarzer Menschenhaare und ragt vorn 1—2 mm weit vor. Sind dieselben etwas abgenutzt, so schneidet man, ähnlich wie bei einem Bleistift das Holz ringsum zurück und die Haare vorn mit dem Messer sorgfältig gleichlang ab. Mit dem Holzspatel werden die zum Lackieren dienenden Farben und sonstigen Materialien auf einem Brett oder dem Deckel des Jô-ban zerdrückt und mit Lack innig gemengt. Er vertritt also die Stelle des Pistills oder der Mörser- keule bei der Reibschale. Mit dem Spatel trägt man alle Kitte und breiigen Grundierungsmittel, mit dem flachen Pinsel alle Lack- firnisse auf. Für die feineren Schlussaroeiten benutzt man 1) verschiedene Fude oder runde Pinsel (IV 6—11) aus Ratten-, Hasen- und Hirsch- haaren in Bambusstielen und mit Bambusrohr-Schonern, wie einige der Abbildungen zeigen, die nach dem Gebrauch über den gereinigten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/444
Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/444>, abgerufen am 27.11.2024.