zuschiebenden Deckels, mit kaltem Wasser abgewaschen, bevor man die Gegenstände mit frischem Lackanstrich zum Trocknen darauf stellt. In anderen Fällen dient ein grosser Schrank bei ähnlicher Behandlung demselben Zweck. Ist die Verwendung eines ganzen Zimmers nöthig, so pflegt man wohl nasse Tücher an den Wänden aufzuhängen und Schüsseln mit Wasser hinzustellen, damit durch ihre Verdunstung der nöthige Feuchtigkeitsgehalt der Luft erzielt werde, namentlich zur Zeit, wo dieser nicht hoch ist.
Pater d'Incarville sagt pg. 127 des oben citierten Werkes: "Ici a Peking, ou l'air est extremement sec, pour secher le vernis, il faut necessairement l'exposer dans un endroit humide, entoure de natte, que l'on arrosera d'eau fraeiche; autrement le vernis ne secheroit pas: si c'est une piece mise en place, qu'on ne puisse detacher, ils sont obliges de l'entourer ainsi de linges mouillies".*)
Die mittelst absoluten Alkohols ausgezogene Lacksäure besitzt jenes eigenthümliche Trockenvermögen nicht, wie ich bereits 1874 fand und wie zahlreiche Versuche Korschelt's später bestätigt haben. Erst wenn sie, wie im Lack, mit dem darin vorkommenden Eiweiss unter Wasser- zusatz vermischt wird, tritt das Erhärten ein. Das Gemisch verliert ferner diese Eigenschaft, sobald es bis über 60° C., d. h. über die Temperatur erhitzt wird, bei welcher Eiweiss coaguliert.
Korschelt hat nun weiter nachgewiesen, dass der im Rohlack vor- handene Eiweisskörper beim Trocknen desselben als Ferment auf die Lacksäure wirkt und das Erhärten des Lackanstrichs einem Oxydations- process zuzuschreiben ist, durch welchen unter Sauerstoffaufnahme die Lacksäure in Oxy-Lacksäure C14H18O3 übergeht, nach der Formel C14H18O2 + O = C14H18O3. Indem Korschelt dann die Eigenschaften dieser Oxy-Urushinsäure näher untersuchte, die er in Gestalt eines braunen Pulvers erhielt, fand er, dass dieselbe in allen Lösungsmitteln für Lacksäure durchaus unlöslich ist, dass aber auch Kali- und Natron- lauge, sowie Ammoniak in irgend einem Grade der Concentration und bei jeder Temperatur, sowie die meisten Säuren, starke Salpetersäure ausgenommen, nicht darauf einwirken. Somit wäre das ausserordent- liche Widerstandsvermögen trockner japanischer Lackanstriche vor- nehmlich dieser Oxylacksäure zuzuschreiben.
Korschelt's Untersuchungen und Ansichten sind gegen die Annahme, dass beim Trocknen der Lackanstriche Wasser zur Hydratbildung ver-
*) Hierzu bemerkt sein Landsmann Watin in seinem Buche über die Kunst des Staffiermalers, Vergolders und Lackierers: "Diese Anmerkung scheint wider alle Erfahrung zu sein."
3. Lackindustrie.
zuschiebenden Deckels, mit kaltem Wasser abgewaschen, bevor man die Gegenstände mit frischem Lackanstrich zum Trocknen darauf stellt. In anderen Fällen dient ein grosser Schrank bei ähnlicher Behandlung demselben Zweck. Ist die Verwendung eines ganzen Zimmers nöthig, so pflegt man wohl nasse Tücher an den Wänden aufzuhängen und Schüsseln mit Wasser hinzustellen, damit durch ihre Verdunstung der nöthige Feuchtigkeitsgehalt der Luft erzielt werde, namentlich zur Zeit, wo dieser nicht hoch ist.
Pater d’Incarville sagt pg. 127 des oben citierten Werkes: »Ici à Peking, où l’air est extrêmement sec, pour sècher le vernis, il faut nécessairement l’exposer dans un endroit humide, entouré de natte, que l’on arrosera d’eau fraîche; autrement le vernis ne sécheroit pas: si c’est une pièce mise en place, qu’on ne puisse détacher, ils sont obligés de l’entourer ainsi de linges mouilliés«.*)
Die mittelst absoluten Alkohols ausgezogene Lacksäure besitzt jenes eigenthümliche Trockenvermögen nicht, wie ich bereits 1874 fand und wie zahlreiche Versuche Korschelt’s später bestätigt haben. Erst wenn sie, wie im Lack, mit dem darin vorkommenden Eiweiss unter Wasser- zusatz vermischt wird, tritt das Erhärten ein. Das Gemisch verliert ferner diese Eigenschaft, sobald es bis über 60° C., d. h. über die Temperatur erhitzt wird, bei welcher Eiweiss coaguliert.
Korschelt hat nun weiter nachgewiesen, dass der im Rohlack vor- handene Eiweisskörper beim Trocknen desselben als Ferment auf die Lacksäure wirkt und das Erhärten des Lackanstrichs einem Oxydations- process zuzuschreiben ist, durch welchen unter Sauerstoffaufnahme die Lacksäure in Oxy-Lacksäure C14H18O3 übergeht, nach der Formel C14H18O2 + O = C14H18O3. Indem Korschelt dann die Eigenschaften dieser Oxy-Urushinsäure näher untersuchte, die er in Gestalt eines braunen Pulvers erhielt, fand er, dass dieselbe in allen Lösungsmitteln für Lacksäure durchaus unlöslich ist, dass aber auch Kali- und Natron- lauge, sowie Ammoniak in irgend einem Grade der Concentration und bei jeder Temperatur, sowie die meisten Säuren, starke Salpetersäure ausgenommen, nicht darauf einwirken. Somit wäre das ausserordent- liche Widerstandsvermögen trockner japanischer Lackanstriche vor- nehmlich dieser Oxylacksäure zuzuschreiben.
Korschelt’s Untersuchungen und Ansichten sind gegen die Annahme, dass beim Trocknen der Lackanstriche Wasser zur Hydratbildung ver-
*) Hierzu bemerkt sein Landsmann Watin in seinem Buche über die Kunst des Staffiermalers, Vergolders und Lackierers: »Diese Anmerkung scheint wider alle Erfahrung zu sein.«
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die Gegenstände mit frischem Lackanstrich zum Trocknen darauf stellt.
In anderen Fällen dient ein grosser Schrank bei ähnlicher Behandlung
demselben Zweck. Ist die Verwendung eines ganzen Zimmers nöthig,
so pflegt man wohl nasse Tücher an den Wänden aufzuhängen und
Schüsseln mit Wasser hinzustellen, damit durch ihre Verdunstung
der nöthige Feuchtigkeitsgehalt der Luft erzielt werde, namentlich zur
Zeit, wo dieser nicht hoch ist.
Pater d’Incarville sagt pg. 127 des oben citierten Werkes: »Ici à
Peking, où l’air est extrêmement sec, pour sècher le vernis, il faut
nécessairement l’exposer dans un endroit humide, entouré de natte,
que l’on arrosera d’eau fraîche; autrement le vernis ne sécheroit pas:
si c’est une pièce mise en place, qu’on ne puisse détacher, ils sont
obligés de l’entourer ainsi de linges mouilliés«. *)
Die mittelst absoluten Alkohols ausgezogene Lacksäure besitzt jenes
eigenthümliche Trockenvermögen nicht, wie ich bereits 1874 fand und
wie zahlreiche Versuche Korschelt’s später bestätigt haben. Erst wenn
sie, wie im Lack, mit dem darin vorkommenden Eiweiss unter Wasser-
zusatz vermischt wird, tritt das Erhärten ein. Das Gemisch verliert
ferner diese Eigenschaft, sobald es bis über 60° C., d. h. über die
Temperatur erhitzt wird, bei welcher Eiweiss coaguliert.
Korschelt hat nun weiter nachgewiesen, dass der im Rohlack vor-
handene Eiweisskörper beim Trocknen desselben als Ferment auf die
Lacksäure wirkt und das Erhärten des Lackanstrichs einem Oxydations-
process zuzuschreiben ist, durch welchen unter Sauerstoffaufnahme die
Lacksäure in Oxy-Lacksäure C14H18O3 übergeht, nach der Formel
C14H18O2 + O = C14H18O3. Indem Korschelt dann die Eigenschaften
dieser Oxy-Urushinsäure näher untersuchte, die er in Gestalt eines
braunen Pulvers erhielt, fand er, dass dieselbe in allen Lösungsmitteln
für Lacksäure durchaus unlöslich ist, dass aber auch Kali- und Natron-
lauge, sowie Ammoniak in irgend einem Grade der Concentration und
bei jeder Temperatur, sowie die meisten Säuren, starke Salpetersäure
ausgenommen, nicht darauf einwirken. Somit wäre das ausserordent-
liche Widerstandsvermögen trockner japanischer Lackanstriche vor-
nehmlich dieser Oxylacksäure zuzuschreiben.
Korschelt’s Untersuchungen und Ansichten sind gegen die Annahme,
dass beim Trocknen der Lackanstriche Wasser zur Hydratbildung ver-
*) Hierzu bemerkt sein Landsmann Watin in seinem Buche über die Kunst
des Staffiermalers, Vergolders und Lackierers: »Diese Anmerkung scheint wider
alle Erfahrung zu sein.«
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/437>, abgerufen am 24.11.2024.
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