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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Aether, Chloroform und andern Flüssigkeiten und vielfach auch das
Verhalten zu metallischen Basen, ist jedoch viel activer, insofern ihre
alkoholische Lösung selbst Nitrate und Chlorate zu zersetzen vermag.
Charakteristisch ist die Reaction auf Bleizuckerlösung. Es bildet sich
nämlich beim Contact mit Lacksäure sofort ein grauer flockiger Nieder-
schlag von lacksaurem Blei. Am interessantesten ist jedoch die Ueber-
führung der Lacksäure in einen äusserst beständigen, indifferenten
Körper, die Oxylacksäure, deren Eigenschaften weiter unten beim
Lackierverfahren erörtert werden sollen.

Der Ki-sho-mi oder gereinigte Rohlack nimmt nach meinen Be-
obachtungen durch inniges Vermengen mit Wasserzusatz diesen allmäh-
lich vollständig auf, zumal wenn er vorher verhältnissmässig wenig Was-
ser enthielt, verliert dabei seine flüssige Beschaffenheit und verdickt
sich zu einer breiigen Masse, welche auf Holz oder andere Unterlagen
gestrichen leicht trocknet. Anderseits ist neben Wärme der Kampfer
oder Shono das einzige, den Japanern schon früher bekannte und von
ihnen noch immer allein angewandte Verdünnungsmittel des Lacks.
Derselbe wird in seinem gewöhnlichen körnig-krystallinischen Zustande
mittelst des Spatels mit dem Lack vermengt, zerdrückt und dadurch
flüssig gemacht. Das Kampferöl, obgleich es sich zu dem gleichen
Zwecke sehr gut verwerthen lässt, wie meine Versuche mit demselben
in Gegenwart meiner japanischen Lackierer ergaben, scheint von
diesen nie dazu angewandt worden zu sein.

Zu den weiteren bemerkenswerthen Eigenschaften des in Rede
stehenden Materials gehört, dass es sich im Lichte schwärzt, in feuchter
Atmosphäre bei gewöhnlicher Temperatur trocknet und durch seine
Ausdünstung eine Art Vergiftung, die Lackkrankheit hervorruft.

Das Trocknen der frischen Lackanstriche unterscheidet sich durch-
aus von dem unserer Harzlacke, indem es nicht im Ofen bei höherer
künstlicher Wärme erfolgt, sondern in einer feuchten und möglichst
staubfreien Atmosphäre, bei gewöhnlicher Temperatur zwischen 10 und
25° C. oder höchstens 30° C. Direkter Sonnenschein ist demselben
nachteilig, schon desshalb, weil dadurch die Temperatureinwirkung
eine ungleiche ist und die stärkere das Trocknen verzögert. Der
Lackierer erfüllt die erwähnten Bedingungen, indem er einen dunklen
Raum (Kiste, Schrank oder Zimmer) in möglichst ruhiger, der Strasse
abgekehrter Lage wählt und einen ungenügenden Feuchtigkeitsgehalt
der Luft durch Wasser künstlich vermehrt.

Bei kleinem Geschäftsbetriebe, wo eine grosse umliegende Kiste
mit einigen, auf Querleisten ruhenden Abstellbrettern im Innern genügt,
werden diese Bretter, wie die Innenwandungen einschliesslich des vor-

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
Aether, Chloroform und andern Flüssigkeiten und vielfach auch das
Verhalten zu metallischen Basen, ist jedoch viel activer, insofern ihre
alkoholische Lösung selbst Nitrate und Chlorate zu zersetzen vermag.
Charakteristisch ist die Reaction auf Bleizuckerlösung. Es bildet sich
nämlich beim Contact mit Lacksäure sofort ein grauer flockiger Nieder-
schlag von lacksaurem Blei. Am interessantesten ist jedoch die Ueber-
führung der Lacksäure in einen äusserst beständigen, indifferenten
Körper, die Oxylacksäure, deren Eigenschaften weiter unten beim
Lackierverfahren erörtert werden sollen.

Der Ki-shô-mi oder gereinigte Rohlack nimmt nach meinen Be-
obachtungen durch inniges Vermengen mit Wasserzusatz diesen allmäh-
lich vollständig auf, zumal wenn er vorher verhältnissmässig wenig Was-
ser enthielt, verliert dabei seine flüssige Beschaffenheit und verdickt
sich zu einer breiigen Masse, welche auf Holz oder andere Unterlagen
gestrichen leicht trocknet. Anderseits ist neben Wärme der Kampfer
oder Shônô das einzige, den Japanern schon früher bekannte und von
ihnen noch immer allein angewandte Verdünnungsmittel des Lacks.
Derselbe wird in seinem gewöhnlichen körnig-krystallinischen Zustande
mittelst des Spatels mit dem Lack vermengt, zerdrückt und dadurch
flüssig gemacht. Das Kampferöl, obgleich es sich zu dem gleichen
Zwecke sehr gut verwerthen lässt, wie meine Versuche mit demselben
in Gegenwart meiner japanischen Lackierer ergaben, scheint von
diesen nie dazu angewandt worden zu sein.

Zu den weiteren bemerkenswerthen Eigenschaften des in Rede
stehenden Materials gehört, dass es sich im Lichte schwärzt, in feuchter
Atmosphäre bei gewöhnlicher Temperatur trocknet und durch seine
Ausdünstung eine Art Vergiftung, die Lackkrankheit hervorruft.

Das Trocknen der frischen Lackanstriche unterscheidet sich durch-
aus von dem unserer Harzlacke, indem es nicht im Ofen bei höherer
künstlicher Wärme erfolgt, sondern in einer feuchten und möglichst
staubfreien Atmosphäre, bei gewöhnlicher Temperatur zwischen 10 und
25° C. oder höchstens 30° C. Direkter Sonnenschein ist demselben
nachteilig, schon desshalb, weil dadurch die Temperatureinwirkung
eine ungleiche ist und die stärkere das Trocknen verzögert. Der
Lackierer erfüllt die erwähnten Bedingungen, indem er einen dunklen
Raum (Kiste, Schrank oder Zimmer) in möglichst ruhiger, der Strasse
abgekehrter Lage wählt und einen ungenügenden Feuchtigkeitsgehalt
der Luft durch Wasser künstlich vermehrt.

Bei kleinem Geschäftsbetriebe, wo eine grosse umliegende Kiste
mit einigen, auf Querleisten ruhenden Abstellbrettern im Innern genügt,
werden diese Bretter, wie die Innenwandungen einschliesslich des vor-

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[412/0436] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. Aether, Chloroform und andern Flüssigkeiten und vielfach auch das Verhalten zu metallischen Basen, ist jedoch viel activer, insofern ihre alkoholische Lösung selbst Nitrate und Chlorate zu zersetzen vermag. Charakteristisch ist die Reaction auf Bleizuckerlösung. Es bildet sich nämlich beim Contact mit Lacksäure sofort ein grauer flockiger Nieder- schlag von lacksaurem Blei. Am interessantesten ist jedoch die Ueber- führung der Lacksäure in einen äusserst beständigen, indifferenten Körper, die Oxylacksäure, deren Eigenschaften weiter unten beim Lackierverfahren erörtert werden sollen. Der Ki-shô-mi oder gereinigte Rohlack nimmt nach meinen Be- obachtungen durch inniges Vermengen mit Wasserzusatz diesen allmäh- lich vollständig auf, zumal wenn er vorher verhältnissmässig wenig Was- ser enthielt, verliert dabei seine flüssige Beschaffenheit und verdickt sich zu einer breiigen Masse, welche auf Holz oder andere Unterlagen gestrichen leicht trocknet. Anderseits ist neben Wärme der Kampfer oder Shônô das einzige, den Japanern schon früher bekannte und von ihnen noch immer allein angewandte Verdünnungsmittel des Lacks. Derselbe wird in seinem gewöhnlichen körnig-krystallinischen Zustande mittelst des Spatels mit dem Lack vermengt, zerdrückt und dadurch flüssig gemacht. Das Kampferöl, obgleich es sich zu dem gleichen Zwecke sehr gut verwerthen lässt, wie meine Versuche mit demselben in Gegenwart meiner japanischen Lackierer ergaben, scheint von diesen nie dazu angewandt worden zu sein. Zu den weiteren bemerkenswerthen Eigenschaften des in Rede stehenden Materials gehört, dass es sich im Lichte schwärzt, in feuchter Atmosphäre bei gewöhnlicher Temperatur trocknet und durch seine Ausdünstung eine Art Vergiftung, die Lackkrankheit hervorruft. Das Trocknen der frischen Lackanstriche unterscheidet sich durch- aus von dem unserer Harzlacke, indem es nicht im Ofen bei höherer künstlicher Wärme erfolgt, sondern in einer feuchten und möglichst staubfreien Atmosphäre, bei gewöhnlicher Temperatur zwischen 10 und 25° C. oder höchstens 30° C. Direkter Sonnenschein ist demselben nachteilig, schon desshalb, weil dadurch die Temperatureinwirkung eine ungleiche ist und die stärkere das Trocknen verzögert. Der Lackierer erfüllt die erwähnten Bedingungen, indem er einen dunklen Raum (Kiste, Schrank oder Zimmer) in möglichst ruhiger, der Strasse abgekehrter Lage wählt und einen ungenügenden Feuchtigkeitsgehalt der Luft durch Wasser künstlich vermehrt. Bei kleinem Geschäftsbetriebe, wo eine grosse umliegende Kiste mit einigen, auf Querleisten ruhenden Abstellbrettern im Innern genügt, werden diese Bretter, wie die Innenwandungen einschliesslich des vor-

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/436>, abgerufen am 24.11.2024.