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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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II. Montanindustrie.
Herd ist eine flache Grube von 12--15 cm Tiefe und 40--50 cm Durch-
messer, etwa 30 cm dick mit Gestübbe ausgestampft, das auf Sand
ruht. Die ihn umgebende Brandmauer ist ein aus dünnen Aesten
hergestelltes Flechtwerk, welches mit Lehm dicht überzogen wurde.
Als Reductionsmittel bei der Beschickung dient die Holzkohle. Be-
züglich des weiteren Details über die Verhüttung und ihre Resultate
sowie des Bergbaubetriebes überhaupt verweise ich hier auf die oben
citierten, lehrreichen und verdienstvollen Arbeiten von Rösing und
Netto, denen auch Bemerkungen über das japanische Berggesetz bei-
gefügt sind. Der ebenfalls angeführten, interessanten Schrift von Berg-
hauptmann Brassert, welche diesen Gegenstand ausführlicher behandelt,
ist zu entnehmen, dass Japan im Jahre 1873 n. Chr. (6. Jahr Meiji)
sein erstes allgemein gültiges Berggesetz erhielt, welches im wesent-
lichen dem deutschen nachgebildet wurde, aber der Regierungswillkür
grossen Spielraum lässt. Nur Bausteine, Sand, Kies, Kalk, kurzum
Substanzen, welche Bau- und landwirthschaftlichen Zwecken dienen,
gehören dem Grundeigenthümer. Bergbauobjekte und Staatseigenthum
sind dagegen alle Metalle und ihre Erze, die brennbaren Fossilien,
Steinsalz, Phosphorit und Edelsteine. Die Regierung hat darüber freies
Verfügungsrecht, welches sich jedoch nur auf Unterthanen des japa-
nischen Reiches erstreckt. Die Betheiligung fremden Capitals bleibt
im Bergbau wie in der Landwirthschaft nach wie vor ausgeschlossen.

Weitaus die meisten und vielfach gerade die besten Gruben be-
finden sich jetzt im Besitz und Betrieb von Privaten. In neuerer Zeit
hat die Regierung sogar mehrere ihrer besten Minen, nachdem sie
deren Betrieb mit Hülfe von Ausländern neu organisiert hatte, zu ver-
hältnissmässig niedrigen Preisen veräussert. Offenbar findet sie ihre
Verwaltungs- und Betriebsweise zu kostspielig und die jährlichen Ein-
bussen zu gross, um dieselben fortzuführen.

Das Bergwesen ist dem Kobusho oder Ministerium für öffent-
liche Arbeiten unterstellt, und bildet darin unter der Benennung Ko-
zan-kiyoku
eine besondere Abtheilung. Dieses Oberbergamt steht
den acht Bun-kiyoku, Zweig- oder Minenämter des Landes vor.

In der nachstehenden Tabelle A gebe ich eine Uebersicht der Er-
träge des japanischen Bergbaues während der 5 Jahre 1877--1881
nach Momme für Gold und Silber und Kuwan-me (sprich Kamme) für
die übrigen Producte, während die Liste B die bedeutenderen Gruben des
Landes, geordnet nach ihren Wertherträgen im Jahre 1882, anführt.*)

*) Ich verdanke beide einem jungen Freunde, dem tüchtigen und strebsamen
Bergingenieur Kurimoto im Oberbergamte, der einen Theil seiner Ausbildung auf der
Bergakademie zu Freiberg erhielt.

II. Montanindustrie.
Herd ist eine flache Grube von 12—15 cm Tiefe und 40—50 cm Durch-
messer, etwa 30 cm dick mit Gestübbe ausgestampft, das auf Sand
ruht. Die ihn umgebende Brandmauer ist ein aus dünnen Aesten
hergestelltes Flechtwerk, welches mit Lehm dicht überzogen wurde.
Als Reductionsmittel bei der Beschickung dient die Holzkohle. Be-
züglich des weiteren Details über die Verhüttung und ihre Resultate
sowie des Bergbaubetriebes überhaupt verweise ich hier auf die oben
citierten, lehrreichen und verdienstvollen Arbeiten von Rösing und
Netto, denen auch Bemerkungen über das japanische Berggesetz bei-
gefügt sind. Der ebenfalls angeführten, interessanten Schrift von Berg-
hauptmann Brassert, welche diesen Gegenstand ausführlicher behandelt,
ist zu entnehmen, dass Japan im Jahre 1873 n. Chr. (6. Jahr Meiji)
sein erstes allgemein gültiges Berggesetz erhielt, welches im wesent-
lichen dem deutschen nachgebildet wurde, aber der Regierungswillkür
grossen Spielraum lässt. Nur Bausteine, Sand, Kies, Kalk, kurzum
Substanzen, welche Bau- und landwirthschaftlichen Zwecken dienen,
gehören dem Grundeigenthümer. Bergbauobjekte und Staatseigenthum
sind dagegen alle Metalle und ihre Erze, die brennbaren Fossilien,
Steinsalz, Phosphorit und Edelsteine. Die Regierung hat darüber freies
Verfügungsrecht, welches sich jedoch nur auf Unterthanen des japa-
nischen Reiches erstreckt. Die Betheiligung fremden Capitals bleibt
im Bergbau wie in der Landwirthschaft nach wie vor ausgeschlossen.

Weitaus die meisten und vielfach gerade die besten Gruben be-
finden sich jetzt im Besitz und Betrieb von Privaten. In neuerer Zeit
hat die Regierung sogar mehrere ihrer besten Minen, nachdem sie
deren Betrieb mit Hülfe von Ausländern neu organisiert hatte, zu ver-
hältnissmässig niedrigen Preisen veräussert. Offenbar findet sie ihre
Verwaltungs- und Betriebsweise zu kostspielig und die jährlichen Ein-
bussen zu gross, um dieselben fortzuführen.

Das Bergwesen ist dem Kobushô oder Ministerium für öffent-
liche Arbeiten unterstellt, und bildet darin unter der Benennung Ko-
zan-kiyoku
eine besondere Abtheilung. Dieses Oberbergamt steht
den acht Bun-kiyoku, Zweig- oder Minenämter des Landes vor.

In der nachstehenden Tabelle A gebe ich eine Uebersicht der Er-
träge des japanischen Bergbaues während der 5 Jahre 1877—1881
nach Momme für Gold und Silber und Kuwan-me (sprich Kamme) für
die übrigen Producte, während die Liste B die bedeutenderen Gruben des
Landes, geordnet nach ihren Wertherträgen im Jahre 1882, anführt.*)

*) Ich verdanke beide einem jungen Freunde, dem tüchtigen und strebsamen
Bergingenieur Kurimoto im Oberbergamte, der einen Theil seiner Ausbildung auf der
Bergakademie zu Freiberg erhielt.
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[352/0376] II. Montanindustrie. Herd ist eine flache Grube von 12—15 cm Tiefe und 40—50 cm Durch- messer, etwa 30 cm dick mit Gestübbe ausgestampft, das auf Sand ruht. Die ihn umgebende Brandmauer ist ein aus dünnen Aesten hergestelltes Flechtwerk, welches mit Lehm dicht überzogen wurde. Als Reductionsmittel bei der Beschickung dient die Holzkohle. Be- züglich des weiteren Details über die Verhüttung und ihre Resultate sowie des Bergbaubetriebes überhaupt verweise ich hier auf die oben citierten, lehrreichen und verdienstvollen Arbeiten von Rösing und Netto, denen auch Bemerkungen über das japanische Berggesetz bei- gefügt sind. Der ebenfalls angeführten, interessanten Schrift von Berg- hauptmann Brassert, welche diesen Gegenstand ausführlicher behandelt, ist zu entnehmen, dass Japan im Jahre 1873 n. Chr. (6. Jahr Meiji) sein erstes allgemein gültiges Berggesetz erhielt, welches im wesent- lichen dem deutschen nachgebildet wurde, aber der Regierungswillkür grossen Spielraum lässt. Nur Bausteine, Sand, Kies, Kalk, kurzum Substanzen, welche Bau- und landwirthschaftlichen Zwecken dienen, gehören dem Grundeigenthümer. Bergbauobjekte und Staatseigenthum sind dagegen alle Metalle und ihre Erze, die brennbaren Fossilien, Steinsalz, Phosphorit und Edelsteine. Die Regierung hat darüber freies Verfügungsrecht, welches sich jedoch nur auf Unterthanen des japa- nischen Reiches erstreckt. Die Betheiligung fremden Capitals bleibt im Bergbau wie in der Landwirthschaft nach wie vor ausgeschlossen. Weitaus die meisten und vielfach gerade die besten Gruben be- finden sich jetzt im Besitz und Betrieb von Privaten. In neuerer Zeit hat die Regierung sogar mehrere ihrer besten Minen, nachdem sie deren Betrieb mit Hülfe von Ausländern neu organisiert hatte, zu ver- hältnissmässig niedrigen Preisen veräussert. Offenbar findet sie ihre Verwaltungs- und Betriebsweise zu kostspielig und die jährlichen Ein- bussen zu gross, um dieselben fortzuführen. Das Bergwesen ist dem Kobushô oder Ministerium für öffent- liche Arbeiten unterstellt, und bildet darin unter der Benennung Ko- zan-kiyoku eine besondere Abtheilung. Dieses Oberbergamt steht den acht Bun-kiyoku, Zweig- oder Minenämter des Landes vor. In der nachstehenden Tabelle A gebe ich eine Uebersicht der Er- träge des japanischen Bergbaues während der 5 Jahre 1877—1881 nach Momme für Gold und Silber und Kuwan-me (sprich Kamme) für die übrigen Producte, während die Liste B die bedeutenderen Gruben des Landes, geordnet nach ihren Wertherträgen im Jahre 1882, anführt. *) *) Ich verdanke beide einem jungen Freunde, dem tüchtigen und strebsamen Bergingenieur Kurimoto im Oberbergamte, der einen Theil seiner Ausbildung auf der Bergakademie zu Freiberg erhielt.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/376>, abgerufen am 27.04.2024.