früher (Bd. I. pg. 31 und 32) abgegebenes Urteil, dahin gehend, dass das heutige Vorkommen der meisten Metalle, wie Gold, Silber, Zinn, Blei, Zink, Quecksilber, ein sehr bescheidenes ist und sich mit dem- jenigen in manchen andern Ländern nicht messen kann, dass Kupfer und Antimon in grösserer Menge gefunden werden, Japan aber nur an Kohlen und Eisen wirklich reich ist.
Offenbar waren in früherer Zeit die Gold- und Silberminen viel ertragreicher; sie wurden aber während der Tokugawa-Herrschaft all- mählich erschöpft, soweit dies nach früherer Betriebsweise möglich war. Denn, wenn auch die Schätzungen und Angaben über die ehe- malige Metallausfuhr (namentlich über die des Goldes zur Zeit des portugiesischen Verkehrs) sehr übertrieben sind und eine nüchterne Kritik nicht aushalten, so geht doch unter anderm aus den Mitthei- lungen von E. Kaempfer*) deutlich hervor, dass die Holländer in den Jahren 1600--1641 von Hirado aus durchschnittlich jährlich 1200 bis 1400 Kisten Silber ausführten, im Werthe von 1200000--1400000 Taels oder 7200000--8400000 Mk., dass sie ferner in der darauf- folgenden Periode Kupfer statt Silber für ihre Waaren in Tausch nah- men und zur Ausfuhr brachten, und zwar 12--20000 Pikuls im Jahre, entsprechend 720000--1200000 kg. Umgerechnet macht dies jährlich 45--52 Tonnen Silber und 720--1200 Tonnen Kupfer, demnach sehr beträchtliche Mengen für die damalige Zeit.
Nach der Regierungsstatistik, die aber bezüglich der Privatgruben keinerlei Anspruch auf Zuverlässigkeit machen kann, betrug in den Jahren 1877--1881 die durchschnittliche Ausbeute Japans an Silber 11,64 Tonnen, dagegen an Kupfer 8900 Tonnen jährlich. Hiernach würde in neuerer Zeit Japan in einem Jahre nur den vierten Theil der Silbermenge gewinnen, die es ehemals zur Ausfuhr brachte. Die erwähnte Menge Kupfer scheint sehr übertrieben; denn im Jahre 1874 gab G. Hochstetter, der damalige Leiter und Berather im Oberbergamt, die Kupferproduction nur zu 3000 Tonnen an und drei Jahre später schätzte sie Netto auf 75423 Ctnr., also noch nicht ganz 4000 Tonnen.
Bevor ich jedoch auf den gegenwärtigen Stand des japanischen Bergbaues etwas näher eingehe, dürfte ein kurzer Rückblick auf seine frühere Betriebsweise, sowie die Art der Aufbereitung und Verhüttung am Platze sein. Wie fast überall, so war auch die Gewinnung der Erze und Kohlen in Japan früher ein Raubbau, der so lange verfolgt wurde, als die Grubenwasser es zuliessen und die Erträge einen klei- nen Gewinn abwarfen. Der Aufschluss und Abbau erfolgte lediglich
*) E. Kämpfer's Gesch. u. Beschreib. von Japan II. Bd. Lemgo 1779 pg. 89--122.
Allgemeines. Minenertrag.
früher (Bd. I. pg. 31 und 32) abgegebenes Urteil, dahin gehend, dass das heutige Vorkommen der meisten Metalle, wie Gold, Silber, Zinn, Blei, Zink, Quecksilber, ein sehr bescheidenes ist und sich mit dem- jenigen in manchen andern Ländern nicht messen kann, dass Kupfer und Antimon in grösserer Menge gefunden werden, Japan aber nur an Kohlen und Eisen wirklich reich ist.
Offenbar waren in früherer Zeit die Gold- und Silberminen viel ertragreicher; sie wurden aber während der Tokugawa-Herrschaft all- mählich erschöpft, soweit dies nach früherer Betriebsweise möglich war. Denn, wenn auch die Schätzungen und Angaben über die ehe- malige Metallausfuhr (namentlich über die des Goldes zur Zeit des portugiesischen Verkehrs) sehr übertrieben sind und eine nüchterne Kritik nicht aushalten, so geht doch unter anderm aus den Mitthei- lungen von E. Kaempfer*) deutlich hervor, dass die Holländer in den Jahren 1600—1641 von Hirado aus durchschnittlich jährlich 1200 bis 1400 Kisten Silber ausführten, im Werthe von 1200000—1400000 Taels oder 7200000—8400000 Mk., dass sie ferner in der darauf- folgenden Periode Kupfer statt Silber für ihre Waaren in Tausch nah- men und zur Ausfuhr brachten, und zwar 12—20000 Pikuls im Jahre, entsprechend 720000—1200000 kg. Umgerechnet macht dies jährlich 45—52 Tonnen Silber und 720—1200 Tonnen Kupfer, demnach sehr beträchtliche Mengen für die damalige Zeit.
Nach der Regierungsstatistik, die aber bezüglich der Privatgruben keinerlei Anspruch auf Zuverlässigkeit machen kann, betrug in den Jahren 1877—1881 die durchschnittliche Ausbeute Japans an Silber 11,64 Tonnen, dagegen an Kupfer 8900 Tonnen jährlich. Hiernach würde in neuerer Zeit Japan in einem Jahre nur den vierten Theil der Silbermenge gewinnen, die es ehemals zur Ausfuhr brachte. Die erwähnte Menge Kupfer scheint sehr übertrieben; denn im Jahre 1874 gab G. Hochstetter, der damalige Leiter und Berather im Oberbergamt, die Kupferproduction nur zu 3000 Tonnen an und drei Jahre später schätzte sie Netto auf 75423 Ctnr., also noch nicht ganz 4000 Tonnen.
Bevor ich jedoch auf den gegenwärtigen Stand des japanischen Bergbaues etwas näher eingehe, dürfte ein kurzer Rückblick auf seine frühere Betriebsweise, sowie die Art der Aufbereitung und Verhüttung am Platze sein. Wie fast überall, so war auch die Gewinnung der Erze und Kohlen in Japan früher ein Raubbau, der so lange verfolgt wurde, als die Grubenwasser es zuliessen und die Erträge einen klei- nen Gewinn abwarfen. Der Aufschluss und Abbau erfolgte lediglich
*) E. Kämpfer’s Gesch. u. Beschreib. von Japan II. Bd. Lemgo 1779 pg. 89—122.
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Allgemeines. Minenertrag.
früher (Bd. I. pg. 31 und 32) abgegebenes Urteil, dahin gehend, dass
das heutige Vorkommen der meisten Metalle, wie Gold, Silber, Zinn,
Blei, Zink, Quecksilber, ein sehr bescheidenes ist und sich mit dem-
jenigen in manchen andern Ländern nicht messen kann, dass Kupfer
und Antimon in grösserer Menge gefunden werden, Japan aber nur an
Kohlen und Eisen wirklich reich ist.
Offenbar waren in früherer Zeit die Gold- und Silberminen viel
ertragreicher; sie wurden aber während der Tokugawa-Herrschaft all-
mählich erschöpft, soweit dies nach früherer Betriebsweise möglich
war. Denn, wenn auch die Schätzungen und Angaben über die ehe-
malige Metallausfuhr (namentlich über die des Goldes zur Zeit des
portugiesischen Verkehrs) sehr übertrieben sind und eine nüchterne
Kritik nicht aushalten, so geht doch unter anderm aus den Mitthei-
lungen von E. Kaempfer *) deutlich hervor, dass die Holländer in den
Jahren 1600—1641 von Hirado aus durchschnittlich jährlich 1200 bis
1400 Kisten Silber ausführten, im Werthe von 1200000—1400000
Taels oder 7200000—8400000 Mk., dass sie ferner in der darauf-
folgenden Periode Kupfer statt Silber für ihre Waaren in Tausch nah-
men und zur Ausfuhr brachten, und zwar 12—20000 Pikuls im Jahre,
entsprechend 720000—1200000 kg. Umgerechnet macht dies jährlich
45—52 Tonnen Silber und 720—1200 Tonnen Kupfer, demnach sehr
beträchtliche Mengen für die damalige Zeit.
Nach der Regierungsstatistik, die aber bezüglich der Privatgruben
keinerlei Anspruch auf Zuverlässigkeit machen kann, betrug in den
Jahren 1877—1881 die durchschnittliche Ausbeute Japans an Silber
11,64 Tonnen, dagegen an Kupfer 8900 Tonnen jährlich. Hiernach
würde in neuerer Zeit Japan in einem Jahre nur den vierten Theil
der Silbermenge gewinnen, die es ehemals zur Ausfuhr brachte. Die
erwähnte Menge Kupfer scheint sehr übertrieben; denn im Jahre 1874
gab G. Hochstetter, der damalige Leiter und Berather im Oberbergamt,
die Kupferproduction nur zu 3000 Tonnen an und drei Jahre später
schätzte sie Netto auf 75423 Ctnr., also noch nicht ganz 4000 Tonnen.
Bevor ich jedoch auf den gegenwärtigen Stand des japanischen
Bergbaues etwas näher eingehe, dürfte ein kurzer Rückblick auf seine
frühere Betriebsweise, sowie die Art der Aufbereitung und Verhüttung
am Platze sein. Wie fast überall, so war auch die Gewinnung der
Erze und Kohlen in Japan früher ein Raubbau, der so lange verfolgt
wurde, als die Grubenwasser es zuliessen und die Erträge einen klei-
nen Gewinn abwarfen. Der Aufschluss und Abbau erfolgte lediglich
*) E. Kämpfer’s Gesch. u. Beschreib. von Japan II. Bd. Lemgo 1779 pg. 89—122.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/373>, abgerufen am 25.11.2024.
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