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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.

In der Mittelmeerregion findet man sie ebenfalls viel angepflanzt.
Während des heissen, trocknen Sommers bedarf sie hier jedoch des
Schattens. Auch in England erweist sie sich winterhart, kommt dabei
aber nur selten zur Blüthe. Auf unsern Blumentischen erreicht diese Ara-
lie 2--3 m Höhe und kann sich an Grösse und herrlichem Blattschmuck
mit den schönsten Exemplaren in der japanischen Heimat messen.

Bei der grossen Beliebtheit der Coniferen in unserer heutigen
Landschaftsgärtnerei und bei der eigenthümlichen Schönheit vieler ja-
panischen Arten konnte es nicht ausbleiben, dass von verschiedenen
Seiten ihre Einführung und Verbreitung betrieben wurde. Am frühesten
ist Gingko biloba L. nach Europa gebracht worden. Derselbe hat sich
hier in hohem Grade accommodationsfähig erwiesen und findet sich als
ältester Bekannter von den Gestaden der Nord- und Ostsee bis zu
denen des Mittelmeeres, indem er in gleicher Weise Deutschlands
strengster Winterkälte widersteht, wie der trocknen Sommerhitze der
südeuropäischen Halbinseln. Auch die verschiedenen Abarten der Biota
orientalis haben schon lange und zum Theil auf dem Umwege über
Vorderasien sich bei uns verbreitet.

Während der verheerenden Winterkälte von 1879/80 erwiesen sich
die meisten japanischen Coniferen in Europa viel widerstandsfähiger
als die aus dem pacifischen Waldgebiete Nordamerikas bei uns einge-
führten Arten. Insbesondere widerstanden, ausser den beiden schon
genannten, Taxus cuspidata S. & Z., Chamaecyparis obtusa S. & Z., Ch.
pisifera S. & Z., Thujopsis dolabrata S. & Z., Abies polita S. & Z.,
A. Tsuga S. & Z. und Larix leptolepis Gord. der Kälte an den
meisten Orten vollkommen. Die Anbaufähigkeit derselben zu forst-
lichen Zwecken dürfte desshalb kaum zu bezweifeln sein; doch weist
Abies firma, gleich allen japanischen Tannen aus der Gruppe Picea,
unserer Edeltanne gegenüber kaum Vorzüge auf, ebenso wenig Taxus
cuspidata im Vergleich mit unserer Eibe. Dagegen liefern die fünf
übrigen genannten Arten sehr geschätzte Hölzer, deren empfehlens-
werthe Eigenschaften sich mit solchen unserer bekannten Waldbäume
nur theilweise decken, die also eventuell berufen sein könnten Lücken
auszufüllen, und von diesem Gesichtspunkte aus in hohem Grade an-
bauwürdig erscheinen. (Siehe auch pg. 275--284.)

Viel empfindlicher gegen unsere Winter sind Cryptomeria japonica
Don. und Sciadopitys verticillata S. & Z., die nur an besonders bevor-
zugten Orten im Gebiet des Rheins zwischen Basel und Düsseldorf
im Freien fortkommen und gedeihen und von denen wir nicht erwar-
ten dürfen, sie je zur Holzgewinnung, selbst wenn solches besonders
wünschenswerth wäre, heranziehen zu können. In Marburg angestellte

I. Land- und Forstwirthschaft.

In der Mittelmeerregion findet man sie ebenfalls viel angepflanzt.
Während des heissen, trocknen Sommers bedarf sie hier jedoch des
Schattens. Auch in England erweist sie sich winterhart, kommt dabei
aber nur selten zur Blüthe. Auf unsern Blumentischen erreicht diese Ara-
lie 2—3 m Höhe und kann sich an Grösse und herrlichem Blattschmuck
mit den schönsten Exemplaren in der japanischen Heimat messen.

Bei der grossen Beliebtheit der Coniferen in unserer heutigen
Landschaftsgärtnerei und bei der eigenthümlichen Schönheit vieler ja-
panischen Arten konnte es nicht ausbleiben, dass von verschiedenen
Seiten ihre Einführung und Verbreitung betrieben wurde. Am frühesten
ist Gingko biloba L. nach Europa gebracht worden. Derselbe hat sich
hier in hohem Grade accommodationsfähig erwiesen und findet sich als
ältester Bekannter von den Gestaden der Nord- und Ostsee bis zu
denen des Mittelmeeres, indem er in gleicher Weise Deutschlands
strengster Winterkälte widersteht, wie der trocknen Sommerhitze der
südeuropäischen Halbinseln. Auch die verschiedenen Abarten der Biota
orientalis haben schon lange und zum Theil auf dem Umwege über
Vorderasien sich bei uns verbreitet.

Während der verheerenden Winterkälte von 1879/80 erwiesen sich
die meisten japanischen Coniferen in Europa viel widerstandsfähiger
als die aus dem pacifischen Waldgebiete Nordamerikas bei uns einge-
führten Arten. Insbesondere widerstanden, ausser den beiden schon
genannten, Taxus cuspidata S. & Z., Chamaecyparis obtusa S. & Z., Ch.
pisifera S. & Z., Thujopsis dolabrata S. & Z., Abies polita S. & Z.,
A. Tsuga S. & Z. und Larix leptolepis Gord. der Kälte an den
meisten Orten vollkommen. Die Anbaufähigkeit derselben zu forst-
lichen Zwecken dürfte desshalb kaum zu bezweifeln sein; doch weist
Abies firma, gleich allen japanischen Tannen aus der Gruppe Picea,
unserer Edeltanne gegenüber kaum Vorzüge auf, ebenso wenig Taxus
cuspidata im Vergleich mit unserer Eibe. Dagegen liefern die fünf
übrigen genannten Arten sehr geschätzte Hölzer, deren empfehlens-
werthe Eigenschaften sich mit solchen unserer bekannten Waldbäume
nur theilweise decken, die also eventuell berufen sein könnten Lücken
auszufüllen, und von diesem Gesichtspunkte aus in hohem Grade an-
bauwürdig erscheinen. (Siehe auch pg. 275—284.)

Viel empfindlicher gegen unsere Winter sind Cryptomeria japonica
Don. und Sciadopitys verticillata S. & Z., die nur an besonders bevor-
zugten Orten im Gebiet des Rheins zwischen Basel und Düsseldorf
im Freien fortkommen und gedeihen und von denen wir nicht erwar-
ten dürfen, sie je zur Holzgewinnung, selbst wenn solches besonders
wünschenswerth wäre, heranziehen zu können. In Marburg angestellte

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[340/0364] I. Land- und Forstwirthschaft. In der Mittelmeerregion findet man sie ebenfalls viel angepflanzt. Während des heissen, trocknen Sommers bedarf sie hier jedoch des Schattens. Auch in England erweist sie sich winterhart, kommt dabei aber nur selten zur Blüthe. Auf unsern Blumentischen erreicht diese Ara- lie 2—3 m Höhe und kann sich an Grösse und herrlichem Blattschmuck mit den schönsten Exemplaren in der japanischen Heimat messen. Bei der grossen Beliebtheit der Coniferen in unserer heutigen Landschaftsgärtnerei und bei der eigenthümlichen Schönheit vieler ja- panischen Arten konnte es nicht ausbleiben, dass von verschiedenen Seiten ihre Einführung und Verbreitung betrieben wurde. Am frühesten ist Gingko biloba L. nach Europa gebracht worden. Derselbe hat sich hier in hohem Grade accommodationsfähig erwiesen und findet sich als ältester Bekannter von den Gestaden der Nord- und Ostsee bis zu denen des Mittelmeeres, indem er in gleicher Weise Deutschlands strengster Winterkälte widersteht, wie der trocknen Sommerhitze der südeuropäischen Halbinseln. Auch die verschiedenen Abarten der Biota orientalis haben schon lange und zum Theil auf dem Umwege über Vorderasien sich bei uns verbreitet. Während der verheerenden Winterkälte von 1879/80 erwiesen sich die meisten japanischen Coniferen in Europa viel widerstandsfähiger als die aus dem pacifischen Waldgebiete Nordamerikas bei uns einge- führten Arten. Insbesondere widerstanden, ausser den beiden schon genannten, Taxus cuspidata S. & Z., Chamaecyparis obtusa S. & Z., Ch. pisifera S. & Z., Thujopsis dolabrata S. & Z., Abies polita S. & Z., A. Tsuga S. & Z. und Larix leptolepis Gord. der Kälte an den meisten Orten vollkommen. Die Anbaufähigkeit derselben zu forst- lichen Zwecken dürfte desshalb kaum zu bezweifeln sein; doch weist Abies firma, gleich allen japanischen Tannen aus der Gruppe Picea, unserer Edeltanne gegenüber kaum Vorzüge auf, ebenso wenig Taxus cuspidata im Vergleich mit unserer Eibe. Dagegen liefern die fünf übrigen genannten Arten sehr geschätzte Hölzer, deren empfehlens- werthe Eigenschaften sich mit solchen unserer bekannten Waldbäume nur theilweise decken, die also eventuell berufen sein könnten Lücken auszufüllen, und von diesem Gesichtspunkte aus in hohem Grade an- bauwürdig erscheinen. (Siehe auch pg. 275—284.) Viel empfindlicher gegen unsere Winter sind Cryptomeria japonica Don. und Sciadopitys verticillata S. & Z., die nur an besonders bevor- zugten Orten im Gebiet des Rheins zwischen Basel und Düsseldorf im Freien fortkommen und gedeihen und von denen wir nicht erwar- ten dürfen, sie je zur Holzgewinnung, selbst wenn solches besonders wünschenswerth wäre, heranziehen zu können. In Marburg angestellte

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/364>, abgerufen am 27.04.2024.