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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
80--90 cm breit und über 60 cm lang. Trotz dieser überraschenden
Entwickelung erfreut sich die Paulownia bei uns keiner zunehmenden
Beliebtheit. Zur Blüthezeit ist der Baum noch zu kahl; er verliert
ferner leicht einzelne Aeste und damit eine gefällige symmetrische
Form. So kommt es, dass man meist nur älteren Exemplaren begeg-
net, deren Stämme zum Theil 2 m Umfang haben. Offenbar wurden
viele derselben bald, nachdem 1834 die Pflanze in Frankreich einge-
führt worden war, von hier aus verbreitet. Früher war die Paulownia
auch auf einigen Pariser Boulevards angebaut, ist aber wieder beseitigt
worden. Häufig findet sie sich als Alleebaum um Florenz, z. B. an
der Strasse nach Fiesole. Hier erfüllt gegen Ende April der liebliche
Duft ihrer Blüthen weithin die Luft. Grosse Paulownien und Euca-
lyptus bilden die hervorragendsten Bäume der öffentlichen Anlagen
in der Nähe des Bahnhofs von Cordoba. Aber auch hier, wie ander-
wärts in der Mittelmeerregion, gewinnt man den Eindruck, als ob der
Eifer, mit welchem vor 40--50 Jahren der Kiri begehrt und ange-
pflanzt wurde, längst vorüber ist.

Paeonia Moutan Sims, jap. Botan, finden wir in vielen
Varietäten, die grösstentheils Fortune einführte, weniger P. albiflora
Pall., jap. Shakuyaku. Nicht die Rose, sondern Botan und die ihr
nahestehende Shakuyaku ist im chinesischen Culturkreise die von
den Dichtern vielbesungene Königin der Blumen. So wird sie denn
z. B. auch in den "Memoires des Chinois. Paris 1777" der Stolz und
Glanz Chinas genannt. Dieser Werthschätzung entsprechend gehört
sie zu den beliebtesten Decorationsmotiven des chinesischen und japa-
nischen Kunstgewerbes. Neben ihren schönen Blüthen und Blättern
mag auch die von Alters her ihren Wurzeln zugeschriebene grosse
Heilkraft (pg. 160) viel zu dieser Zuneigung beigetragen haben. In
unsern Gärten gehören beide Päonienarten unter der gewöhnlichen
Benennung P. arborea Don. zu den schönsten Frühlingsblumen, denen
freilich ebenso wie allen übrigen Pfingstrosen ein angenehmer Geruch
versagt ist. Die erste Einführung derselben aus China nach England
fällt in das Jahr 1789 und wird, wie bereits früher bemerkt wurde,
Sir Joseph Banks zugeschrieben. Derselbe brachte im Jahre zuvor auch

Hydrangea hortensis Smith (Hortensia opuloides Lamk.), jap.
Ajisai, nach Europa. Unter den älteren Erwerbungen aus Ostasien
haben sich wenige rascher und weiter verbreitet als sie. Man kennt
eine Menge Spielarten der Hortensie, deren ursprüngliche, einfache
Formen in den Wäldern Chinas und Japans zu suchen und nament-
lich in letzteren häufig sind. Wir sehen sie in Deutschland meist in
grossen Töpfen oder Kübeln, denn sie bedarf des Schutzes vor unserer

I. Land- und Forstwirthschaft.
80—90 cm breit und über 60 cm lang. Trotz dieser überraschenden
Entwickelung erfreut sich die Paulownia bei uns keiner zunehmenden
Beliebtheit. Zur Blüthezeit ist der Baum noch zu kahl; er verliert
ferner leicht einzelne Aeste und damit eine gefällige symmetrische
Form. So kommt es, dass man meist nur älteren Exemplaren begeg-
net, deren Stämme zum Theil 2 m Umfang haben. Offenbar wurden
viele derselben bald, nachdem 1834 die Pflanze in Frankreich einge-
führt worden war, von hier aus verbreitet. Früher war die Paulownia
auch auf einigen Pariser Boulevards angebaut, ist aber wieder beseitigt
worden. Häufig findet sie sich als Alleebaum um Florenz, z. B. an
der Strasse nach Fiesole. Hier erfüllt gegen Ende April der liebliche
Duft ihrer Blüthen weithin die Luft. Grosse Paulownien und Euca-
lyptus bilden die hervorragendsten Bäume der öffentlichen Anlagen
in der Nähe des Bahnhofs von Cordoba. Aber auch hier, wie ander-
wärts in der Mittelmeerregion, gewinnt man den Eindruck, als ob der
Eifer, mit welchem vor 40—50 Jahren der Kiri begehrt und ange-
pflanzt wurde, längst vorüber ist.

Paeonia Moutan Sims, jap. Botan, finden wir in vielen
Varietäten, die grösstentheils Fortune einführte, weniger P. albiflora
Pall., jap. Shakuyaku. Nicht die Rose, sondern Botan und die ihr
nahestehende Shakuyaku ist im chinesischen Culturkreise die von
den Dichtern vielbesungene Königin der Blumen. So wird sie denn
z. B. auch in den »Mémoires des Chinois. Paris 1777« der Stolz und
Glanz Chinas genannt. Dieser Werthschätzung entsprechend gehört
sie zu den beliebtesten Decorationsmotiven des chinesischen und japa-
nischen Kunstgewerbes. Neben ihren schönen Blüthen und Blättern
mag auch die von Alters her ihren Wurzeln zugeschriebene grosse
Heilkraft (pg. 160) viel zu dieser Zuneigung beigetragen haben. In
unsern Gärten gehören beide Päonienarten unter der gewöhnlichen
Benennung P. arborea Don. zu den schönsten Frühlingsblumen, denen
freilich ebenso wie allen übrigen Pfingstrosen ein angenehmer Geruch
versagt ist. Die erste Einführung derselben aus China nach England
fällt in das Jahr 1789 und wird, wie bereits früher bemerkt wurde,
Sir Joseph Banks zugeschrieben. Derselbe brachte im Jahre zuvor auch

Hydrangea hortensis Smith (Hortensia opuloides Lamk.), jap.
Ajisai, nach Europa. Unter den älteren Erwerbungen aus Ostasien
haben sich wenige rascher und weiter verbreitet als sie. Man kennt
eine Menge Spielarten der Hortensie, deren ursprüngliche, einfache
Formen in den Wäldern Chinas und Japans zu suchen und nament-
lich in letzteren häufig sind. Wir sehen sie in Deutschland meist in
grossen Töpfen oder Kübeln, denn sie bedarf des Schutzes vor unserer

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[336/0360] I. Land- und Forstwirthschaft. 80—90 cm breit und über 60 cm lang. Trotz dieser überraschenden Entwickelung erfreut sich die Paulownia bei uns keiner zunehmenden Beliebtheit. Zur Blüthezeit ist der Baum noch zu kahl; er verliert ferner leicht einzelne Aeste und damit eine gefällige symmetrische Form. So kommt es, dass man meist nur älteren Exemplaren begeg- net, deren Stämme zum Theil 2 m Umfang haben. Offenbar wurden viele derselben bald, nachdem 1834 die Pflanze in Frankreich einge- führt worden war, von hier aus verbreitet. Früher war die Paulownia auch auf einigen Pariser Boulevards angebaut, ist aber wieder beseitigt worden. Häufig findet sie sich als Alleebaum um Florenz, z. B. an der Strasse nach Fiesole. Hier erfüllt gegen Ende April der liebliche Duft ihrer Blüthen weithin die Luft. Grosse Paulownien und Euca- lyptus bilden die hervorragendsten Bäume der öffentlichen Anlagen in der Nähe des Bahnhofs von Cordoba. Aber auch hier, wie ander- wärts in der Mittelmeerregion, gewinnt man den Eindruck, als ob der Eifer, mit welchem vor 40—50 Jahren der Kiri begehrt und ange- pflanzt wurde, längst vorüber ist. Paeonia Moutan Sims, jap. Botan, finden wir in vielen Varietäten, die grösstentheils Fortune einführte, weniger P. albiflora Pall., jap. Shakuyaku. Nicht die Rose, sondern Botan und die ihr nahestehende Shakuyaku ist im chinesischen Culturkreise die von den Dichtern vielbesungene Königin der Blumen. So wird sie denn z. B. auch in den »Mémoires des Chinois. Paris 1777« der Stolz und Glanz Chinas genannt. Dieser Werthschätzung entsprechend gehört sie zu den beliebtesten Decorationsmotiven des chinesischen und japa- nischen Kunstgewerbes. Neben ihren schönen Blüthen und Blättern mag auch die von Alters her ihren Wurzeln zugeschriebene grosse Heilkraft (pg. 160) viel zu dieser Zuneigung beigetragen haben. In unsern Gärten gehören beide Päonienarten unter der gewöhnlichen Benennung P. arborea Don. zu den schönsten Frühlingsblumen, denen freilich ebenso wie allen übrigen Pfingstrosen ein angenehmer Geruch versagt ist. Die erste Einführung derselben aus China nach England fällt in das Jahr 1789 und wird, wie bereits früher bemerkt wurde, Sir Joseph Banks zugeschrieben. Derselbe brachte im Jahre zuvor auch Hydrangea hortensis Smith (Hortensia opuloides Lamk.), jap. Ajisai, nach Europa. Unter den älteren Erwerbungen aus Ostasien haben sich wenige rascher und weiter verbreitet als sie. Man kennt eine Menge Spielarten der Hortensie, deren ursprüngliche, einfache Formen in den Wäldern Chinas und Japans zu suchen und nament- lich in letzteren häufig sind. Wir sehen sie in Deutschland meist in grossen Töpfen oder Kübeln, denn sie bedarf des Schutzes vor unserer

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/360>, abgerufen am 28.04.2024.