nehmlich in den chinesischen Provinzen Shantung und Sze-Chuen ge- pflegt wird; ferner mit dem Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia), welcher ebenfalls viel in Shantung gezogen wird und die sogenante Pongee-Seide China's liefert, mit dem indischen Ricinus-Spinner (Sa- turnia Arindia) und dem indischen Eichenspinner (Saturnia Mylitta), welcher in Assam und Bengalen die Tussah-Seide liefert. Die Resul- tate dieser Versuche haben die daran geknüpften Hoffnungen nicht er- füllt; man hat sich überzeugt, dass kein anderer Seidenspinner dem gewöhnlichen ebenbürtig an die Seite gestellt werden kann, vielmehr auch in Zukunft dieser Maulbeerspinner der wichtigste Seidenlieferant bleiben wird. --
Unter allen andern Arten rief der japanische Eichenspinner (An- therea Yama-mai G. M.) am meisten das Interesse wach. Derselbe bot in seinen verschiedenen Entwickelungsstadien: als Ei, Raupe, Puppe und Schmetterling, sehr viel Lehrreiches, überraschte ausserdem und er- freute durch seine Schönheit und Grösse. Die starken, glänzenden Seidenfäden seiner grossen gelbgrünen Cocons lassen sich wie beim Maulbeerspinner abhaspeln und liefern ein sehr dauerhaftes Gewebe. Da die Raupe sich vom Laube sommergrüner Eichen nährt, auch das unserer einheimischen Arten gern frisst, und man ausserdem aus Ja- pan hörte, dass sie dort viel gezogen und ihre Seide in hohem Grade geschätzt werde, so waren die grossen Erwartungen, welche gerade sie erweckte, leicht erklärlich.
Verschiedene Regierungen interessierten sich lebhaft dafür und ermuthigten zu Versuchen damit, so diejenige der Schweiz, welche im Jahre 1865 durch ihren Consul in Yokohama 6 kg Eier derselben kommen liess und drei Jahre später ein noch grösseres Quantum. Von beiden Sendungen wurden mir kleine Proben zur Verfügung gestellt, mit denen ich Zuchtversuche anstellte, ebenso wie mit Eiern, welche Postmeister Baumann in Bamberg erzielt hatte. Die Berichte, welche über die Resultate der Versuche von verschiedenen Seiten veröffent- licht wurden, lauteten meist ungünstig für die Sache und stimmten mit meinen eigenen Erfahrungen überein. Die grosse Beweglichkeit der jungen Räupchen, ihr Mangel an ruhigem Zusammenleben auf allen Alterstufen, grosse Sterblichkeit noch nach der vierten Häutung und die Länge der Entwickelungszeit, waren die Haupthindernisse, welche sich entgegenstellten.
Zur Zeit der Pariser Industrie-Ausstellung von 1867, konnte man sich bereits überzeugen, dass es vergebliche Hoffnungen waren, welche man auf Yama-mai gesetzt hatte. Im Jardin de l'Acclimatation, wo 1861 die ersten Raupen dieser Art gezogen und ihre Eigenschaften
I. Land- und Forstwirthschaft.
nehmlich in den chinesischen Provinzen Shantung und Sze-Chuen ge- pflegt wird; ferner mit dem Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia), welcher ebenfalls viel in Shantung gezogen wird und die sogenante Pongee-Seide China’s liefert, mit dem indischen Ricinus-Spinner (Sa- turnia Arindia) und dem indischen Eichenspinner (Saturnia Mylitta), welcher in Assam und Bengalen die Tussah-Seide liefert. Die Resul- tate dieser Versuche haben die daran geknüpften Hoffnungen nicht er- füllt; man hat sich überzeugt, dass kein anderer Seidenspinner dem gewöhnlichen ebenbürtig an die Seite gestellt werden kann, vielmehr auch in Zukunft dieser Maulbeerspinner der wichtigste Seidenlieferant bleiben wird. —
Unter allen andern Arten rief der japanische Eichenspinner (An- therea Yama-maï G. M.) am meisten das Interesse wach. Derselbe bot in seinen verschiedenen Entwickelungsstadien: als Ei, Raupe, Puppe und Schmetterling, sehr viel Lehrreiches, überraschte ausserdem und er- freute durch seine Schönheit und Grösse. Die starken, glänzenden Seidenfäden seiner grossen gelbgrünen Cocons lassen sich wie beim Maulbeerspinner abhaspeln und liefern ein sehr dauerhaftes Gewebe. Da die Raupe sich vom Laube sommergrüner Eichen nährt, auch das unserer einheimischen Arten gern frisst, und man ausserdem aus Ja- pan hörte, dass sie dort viel gezogen und ihre Seide in hohem Grade geschätzt werde, so waren die grossen Erwartungen, welche gerade sie erweckte, leicht erklärlich.
Verschiedene Regierungen interessierten sich lebhaft dafür und ermuthigten zu Versuchen damit, so diejenige der Schweiz, welche im Jahre 1865 durch ihren Consul in Yokohama 6 kg Eier derselben kommen liess und drei Jahre später ein noch grösseres Quantum. Von beiden Sendungen wurden mir kleine Proben zur Verfügung gestellt, mit denen ich Zuchtversuche anstellte, ebenso wie mit Eiern, welche Postmeister Baumann in Bamberg erzielt hatte. Die Berichte, welche über die Resultate der Versuche von verschiedenen Seiten veröffent- licht wurden, lauteten meist ungünstig für die Sache und stimmten mit meinen eigenen Erfahrungen überein. Die grosse Beweglichkeit der jungen Räupchen, ihr Mangel an ruhigem Zusammenleben auf allen Alterstufen, grosse Sterblichkeit noch nach der vierten Häutung und die Länge der Entwickelungszeit, waren die Haupthindernisse, welche sich entgegenstellten.
Zur Zeit der Pariser Industrie-Ausstellung von 1867, konnte man sich bereits überzeugen, dass es vergebliche Hoffnungen waren, welche man auf Yama-maï gesetzt hatte. Im Jardin de l’Acclimatation, wo 1861 die ersten Raupen dieser Art gezogen und ihre Eigenschaften
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I. Land- und Forstwirthschaft.
nehmlich in den chinesischen Provinzen Shantung und Sze-Chuen ge-
pflegt wird; ferner mit dem Ailanthus-Spinner (Saturnia Cynthia),
welcher ebenfalls viel in Shantung gezogen wird und die sogenante
Pongee-Seide China’s liefert, mit dem indischen Ricinus-Spinner (Sa-
turnia Arindia) und dem indischen Eichenspinner (Saturnia Mylitta),
welcher in Assam und Bengalen die Tussah-Seide liefert. Die Resul-
tate dieser Versuche haben die daran geknüpften Hoffnungen nicht er-
füllt; man hat sich überzeugt, dass kein anderer Seidenspinner dem
gewöhnlichen ebenbürtig an die Seite gestellt werden kann, vielmehr
auch in Zukunft dieser Maulbeerspinner der wichtigste Seidenlieferant
bleiben wird. —
Unter allen andern Arten rief der japanische Eichenspinner (An-
therea Yama-maï G. M.) am meisten das Interesse wach. Derselbe bot in
seinen verschiedenen Entwickelungsstadien: als Ei, Raupe, Puppe und
Schmetterling, sehr viel Lehrreiches, überraschte ausserdem und er-
freute durch seine Schönheit und Grösse. Die starken, glänzenden
Seidenfäden seiner grossen gelbgrünen Cocons lassen sich wie beim
Maulbeerspinner abhaspeln und liefern ein sehr dauerhaftes Gewebe.
Da die Raupe sich vom Laube sommergrüner Eichen nährt, auch das
unserer einheimischen Arten gern frisst, und man ausserdem aus Ja-
pan hörte, dass sie dort viel gezogen und ihre Seide in hohem Grade
geschätzt werde, so waren die grossen Erwartungen, welche gerade
sie erweckte, leicht erklärlich.
Verschiedene Regierungen interessierten sich lebhaft dafür und
ermuthigten zu Versuchen damit, so diejenige der Schweiz, welche im
Jahre 1865 durch ihren Consul in Yokohama 6 kg Eier derselben
kommen liess und drei Jahre später ein noch grösseres Quantum. Von
beiden Sendungen wurden mir kleine Proben zur Verfügung gestellt,
mit denen ich Zuchtversuche anstellte, ebenso wie mit Eiern, welche
Postmeister Baumann in Bamberg erzielt hatte. Die Berichte, welche
über die Resultate der Versuche von verschiedenen Seiten veröffent-
licht wurden, lauteten meist ungünstig für die Sache und stimmten
mit meinen eigenen Erfahrungen überein. Die grosse Beweglichkeit
der jungen Räupchen, ihr Mangel an ruhigem Zusammenleben auf
allen Alterstufen, grosse Sterblichkeit noch nach der vierten Häutung
und die Länge der Entwickelungszeit, waren die Haupthindernisse,
welche sich entgegenstellten.
Zur Zeit der Pariser Industrie-Ausstellung von 1867, konnte man
sich bereits überzeugen, dass es vergebliche Hoffnungen waren, welche
man auf Yama-maï gesetzt hatte. Im Jardin de l’Acclimatation, wo
1861 die ersten Raupen dieser Art gezogen und ihre Eigenschaften
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/266>, abgerufen am 25.11.2024.
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