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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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dargestellt und als Brennöl benutzt, gibt aber, wie das Leinöl, an
dessen Geruch und Geschmack es erinnert, eine starkrussende Flamme.
Im gereinigten Zustande ist es strohgelb und von nussartigem Ge-
schmack und wird dann in Europa auch als Speiseöl benutzt, mit dem
man das mehr als doppelt so theure Olivenöl gar oft verfälscht.

5) Rakkuwasho- (sprich Rakkasho) no-abura, Erdnussöl. Ara-
chis hypogaea L., jap. Rakkasho oder Tojin-mame, die Erdnuss
(Ground-nut, Pea-nut, Pistache de Terre und Arachide), liefert dieses
Oel, das nur in geringer Menge im südlichen Japan dargestellt und
als Speiseöl verwendet wird. Ein nicht geringes pflanzengeographi-
sches Interesse knüpft sich an diese bemerkenswerthe krautartige Le-
guminose. Nachdem sie nämlich ihren niederliegenden verästelten
Stengel mit ziemlich zahlreichen, zweipaarig gefiederten, elliptischen
oder verkehrteiförmigen Blättchen entwickelt hat, treten aus den Blatt-
winkeln kurzgestielte, gelbe Blüthen hervor. Sind dieselben ver-
schwunden, so verlängern sich ihre Stiele, die Fruchtknoten senken
sich in den lockeren, sandigen Boden und entwickeln sich hier 5--8 cm
unter der Oberfläche zu kleinen Hülsen, welche 15--30 mm lang und
10--15 mm dick sind. In der Regel haben dieselben gegen die Mitte
eine allmählich zunehmende, tiefe Einschnürung, wodurch sie, wie nach
ihrer ganzen Gestalt, Grösse und netzaderigen Oberfläche, weniger
hinsichtlich der grauweissen erdfahlen Farbe, an männliche Cocons
kleiner Rassen des gewöhnlichen Seidenspinners erinnern. Solche Hül-
sen enthalten auf jeder Seite der Einschnürung einen Samen, die nicht
eingeschnürten kürzeren nur einen. Man kann diese mit den Kernen
länglicher, mittelgrosser Haselnüsse vergleichen. Sie sind äusserlich
braunroth, im Innern weiss und liefern 40--60 % eines fetten Oels,
das fast allen Zwecken des Olivenöls dient. Der Geschmack der Samen
erinnert im rohen Zustande an den aller Hülsenfrüchte, geröstet aber
an denjenigen von Mandeln, Nüssen und Pistazien, worauf auch die
verschiedenen Benennungen hinweisen.

Seitdem man die weite Verbreitung der Erdnuss durch Afrika ken-
nen gelernt hat, ist man von der früheren Ansicht, dass Brasilien ihre
ursprüngliche Heimat sei, zurückgekommen, hält es vielmehr für wahr-
scheinlicher, dass sie von Afrika aus durch portugiesische Sklaven-
schiffe erst in die neue Welt kam. In der alten Welt findet man sie in
vielen subtropischen und tropischen Ländern cultiviert, doch nirgends in
der Ausdehnung und Bedeutung, wie an der Westküste Afrikas von
Senegambien und den sich anschliessenden Gebieten bis zur Goldküste
hin, wo sie einen hervorragenden Ausfuhrartikel bildet. Marseille ist,
wie für Oelsamen überhaupt, so auch für Erdnüsse und das daraus

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dargestellt und als Brennöl benutzt, gibt aber, wie das Leinöl, an
dessen Geruch und Geschmack es erinnert, eine starkrussende Flamme.
Im gereinigten Zustande ist es strohgelb und von nussartigem Ge-
schmack und wird dann in Europa auch als Speiseöl benutzt, mit dem
man das mehr als doppelt so theure Olivenöl gar oft verfälscht.

5) Rakkuwashô- (sprich Rakkashô) no-abura, Erdnussöl. Ara-
chis hypogaea L., jap. Rakkashô oder Tojin-mame, die Erdnuss
(Ground-nut, Pea-nut, Pistache de Terre und Arachide), liefert dieses
Oel, das nur in geringer Menge im südlichen Japan dargestellt und
als Speiseöl verwendet wird. Ein nicht geringes pflanzengeographi-
sches Interesse knüpft sich an diese bemerkenswerthe krautartige Le-
guminose. Nachdem sie nämlich ihren niederliegenden verästelten
Stengel mit ziemlich zahlreichen, zweipaarig gefiederten, elliptischen
oder verkehrteiförmigen Blättchen entwickelt hat, treten aus den Blatt-
winkeln kurzgestielte, gelbe Blüthen hervor. Sind dieselben ver-
schwunden, so verlängern sich ihre Stiele, die Fruchtknoten senken
sich in den lockeren, sandigen Boden und entwickeln sich hier 5—8 cm
unter der Oberfläche zu kleinen Hülsen, welche 15—30 mm lang und
10—15 mm dick sind. In der Regel haben dieselben gegen die Mitte
eine allmählich zunehmende, tiefe Einschnürung, wodurch sie, wie nach
ihrer ganzen Gestalt, Grösse und netzaderigen Oberfläche, weniger
hinsichtlich der grauweissen erdfahlen Farbe, an männliche Cocons
kleiner Rassen des gewöhnlichen Seidenspinners erinnern. Solche Hül-
sen enthalten auf jeder Seite der Einschnürung einen Samen, die nicht
eingeschnürten kürzeren nur einen. Man kann diese mit den Kernen
länglicher, mittelgrosser Haselnüsse vergleichen. Sie sind äusserlich
braunroth, im Innern weiss und liefern 40—60 % eines fetten Oels,
das fast allen Zwecken des Olivenöls dient. Der Geschmack der Samen
erinnert im rohen Zustande an den aller Hülsenfrüchte, geröstet aber
an denjenigen von Mandeln, Nüssen und Pistazien, worauf auch die
verschiedenen Benennungen hinweisen.

Seitdem man die weite Verbreitung der Erdnuss durch Afrika ken-
nen gelernt hat, ist man von der früheren Ansicht, dass Brasilien ihre
ursprüngliche Heimat sei, zurückgekommen, hält es vielmehr für wahr-
scheinlicher, dass sie von Afrika aus durch portugiesische Sklaven-
schiffe erst in die neue Welt kam. In der alten Welt findet man sie in
vielen subtropischen und tropischen Ländern cultiviert, doch nirgends in
der Ausdehnung und Bedeutung, wie an der Westküste Afrikas von
Senegambien und den sich anschliessenden Gebieten bis zur Goldküste
hin, wo sie einen hervorragenden Ausfuhrartikel bildet. Marseille ist,
wie für Oelsamen überhaupt, so auch für Erdnüsse und das daraus

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[180/0202] I. Land- und Forstwirthschaft. dargestellt und als Brennöl benutzt, gibt aber, wie das Leinöl, an dessen Geruch und Geschmack es erinnert, eine starkrussende Flamme. Im gereinigten Zustande ist es strohgelb und von nussartigem Ge- schmack und wird dann in Europa auch als Speiseöl benutzt, mit dem man das mehr als doppelt so theure Olivenöl gar oft verfälscht. 5) Rakkuwashô- (sprich Rakkashô) no-abura, Erdnussöl. Ara- chis hypogaea L., jap. Rakkashô oder Tojin-mame, die Erdnuss (Ground-nut, Pea-nut, Pistache de Terre und Arachide), liefert dieses Oel, das nur in geringer Menge im südlichen Japan dargestellt und als Speiseöl verwendet wird. Ein nicht geringes pflanzengeographi- sches Interesse knüpft sich an diese bemerkenswerthe krautartige Le- guminose. Nachdem sie nämlich ihren niederliegenden verästelten Stengel mit ziemlich zahlreichen, zweipaarig gefiederten, elliptischen oder verkehrteiförmigen Blättchen entwickelt hat, treten aus den Blatt- winkeln kurzgestielte, gelbe Blüthen hervor. Sind dieselben ver- schwunden, so verlängern sich ihre Stiele, die Fruchtknoten senken sich in den lockeren, sandigen Boden und entwickeln sich hier 5—8 cm unter der Oberfläche zu kleinen Hülsen, welche 15—30 mm lang und 10—15 mm dick sind. In der Regel haben dieselben gegen die Mitte eine allmählich zunehmende, tiefe Einschnürung, wodurch sie, wie nach ihrer ganzen Gestalt, Grösse und netzaderigen Oberfläche, weniger hinsichtlich der grauweissen erdfahlen Farbe, an männliche Cocons kleiner Rassen des gewöhnlichen Seidenspinners erinnern. Solche Hül- sen enthalten auf jeder Seite der Einschnürung einen Samen, die nicht eingeschnürten kürzeren nur einen. Man kann diese mit den Kernen länglicher, mittelgrosser Haselnüsse vergleichen. Sie sind äusserlich braunroth, im Innern weiss und liefern 40—60 % eines fetten Oels, das fast allen Zwecken des Olivenöls dient. Der Geschmack der Samen erinnert im rohen Zustande an den aller Hülsenfrüchte, geröstet aber an denjenigen von Mandeln, Nüssen und Pistazien, worauf auch die verschiedenen Benennungen hinweisen. Seitdem man die weite Verbreitung der Erdnuss durch Afrika ken- nen gelernt hat, ist man von der früheren Ansicht, dass Brasilien ihre ursprüngliche Heimat sei, zurückgekommen, hält es vielmehr für wahr- scheinlicher, dass sie von Afrika aus durch portugiesische Sklaven- schiffe erst in die neue Welt kam. In der alten Welt findet man sie in vielen subtropischen und tropischen Ländern cultiviert, doch nirgends in der Ausdehnung und Bedeutung, wie an der Westküste Afrikas von Senegambien und den sich anschliessenden Gebieten bis zur Goldküste hin, wo sie einen hervorragenden Ausfuhrartikel bildet. Marseille ist, wie für Oelsamen überhaupt, so auch für Erdnüsse und das daraus

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/202>, abgerufen am 29.03.2024.