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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
Reichs, wie dies aus dem Catalog der 1877 in Tokio veranstalteten
Ausstellung landwirthschaftlicher Produkte zu ersehen ist.

Seit einer Reihe von Jahren sind auch die Vereinigten Staaten
dem grossen chinesischen Bedarf an Ginseng zur Hülfe gekommen,
indem sie die Wurzeln einer im Gebiet der Appalachen endemische
Art (Panax quinquefolius L.) präparierten und auf den chinesischen
Markt brachten. Nach den Berichten des Commissioner of Agriculture
hatte diese Ausfuhr im Jahr 1877 den Werth von annähernd $ 700000
erreicht.

16) Cinnamomum Camphora Nees & Eberm. (Laurus Cam-
phora L.), der Kampferbaum oder Kampferlorbeer, jap. Kusu-no-ki
(sprich Ksunoki). Dies ist der Riese unter den Laubhölzern Japans,
der sowohl an Stammumfang als an Höhe alle andern, selbst Planera
acuminata, übertrifft. *) Die schmächtigen Repräsentanten desselben
in unsern Gewächshäusern mit ihren gelbgrünen Blättern und dem
siechen Aussehen lassen die mächtigen Gestalten mit ihrer glänzend
dunkelgrünen Belaubung kaum ahnen, zu der sich dieser Lieferant
des allbekannten Kampfers (jap. Shono) in seiner Heimath empor-
schwingt. Doch schon jenseits der Alpen, in den schönen Anlagen
an den norditalienischen Seen, der Riviera und weiter südlich, wo
der Baum vortrefflich gedeiht und durch rasches Wachsthum sich aus-
zeichnet, gewinnen wir eine richtigere Vorstellung von ihm. So hat
ein Exemplar im Park der bekannten Villa Pallavicini bei Pegli in
25 Jahren einen Stamm von 1 Meter Umfang entwickelt. Noch über-
raschender ist das Wachsthum eines Kampferbaumes in Cannes, den
man seit 1871 aus Samen erzog und der im Herbst 1878 an der Ba-
sis 98 cm Umfang bei 30 Meter Höhe hatte. Viel älter und statt-
licher noch ist der Kampferlorbeer im botanischen Garten zu Pisa,
vielleicht das grösste Exemplar in Europa.

Neben dem raschen Wachsthum des Baumes im Mittelmeergebiet
ist aber auch seine Accommodationsfähigkeit an das heisseste und
trockenste Klima innerhalb desselben gegenüber seiner regenreichen
Heimath in Ostasien bemerkenswerth; denn er ist eine der wenigen
Pflanzen Japans, welche z. B. noch auf den Canarischen Inseln gut
fortkommen und sogar zu Schubrah bei Kairo sich kräftig entwickelt
haben. Auch in verschiedenen andern subtropischen und tropischen Ge-
bieten der Erde, z. B. bei Buenos Ayres und auf Mauritius gedeiht Lau-
rus Camphora vortrefflich. Es ist unter diesen Umständen auffallend,
dass man noch nirgends Pflanzungen zur Kampfergewinnung anlegte.

*) Kaempfer vergleicht ihn mit einer Linde.

I. Land- und Forstwirthschaft.
Reichs, wie dies aus dem Catalog der 1877 in Tôkio veranstalteten
Ausstellung landwirthschaftlicher Produkte zu ersehen ist.

Seit einer Reihe von Jahren sind auch die Vereinigten Staaten
dem grossen chinesischen Bedarf an Ginseng zur Hülfe gekommen,
indem sie die Wurzeln einer im Gebiet der Appalachen endemische
Art (Panax quinquefolius L.) präparierten und auf den chinesischen
Markt brachten. Nach den Berichten des Commissioner of Agriculture
hatte diese Ausfuhr im Jahr 1877 den Werth von annähernd $ 700000
erreicht.

16) Cinnamomum Camphora Nees & Eberm. (Laurus Cam-
phora L.), der Kampferbaum oder Kampferlorbeer, jap. Kusu-no-ki
(sprich Ksúnoki). Dies ist der Riese unter den Laubhölzern Japans,
der sowohl an Stammumfang als an Höhe alle andern, selbst Planera
acuminata, übertrifft. *) Die schmächtigen Repräsentanten desselben
in unsern Gewächshäusern mit ihren gelbgrünen Blättern und dem
siechen Aussehen lassen die mächtigen Gestalten mit ihrer glänzend
dunkelgrünen Belaubung kaum ahnen, zu der sich dieser Lieferant
des allbekannten Kampfers (jap. Shônô) in seiner Heimath empor-
schwingt. Doch schon jenseits der Alpen, in den schönen Anlagen
an den norditalienischen Seen, der Riviera und weiter südlich, wo
der Baum vortrefflich gedeiht und durch rasches Wachsthum sich aus-
zeichnet, gewinnen wir eine richtigere Vorstellung von ihm. So hat
ein Exemplar im Park der bekannten Villa Pallavicini bei Pegli in
25 Jahren einen Stamm von 1 Meter Umfang entwickelt. Noch über-
raschender ist das Wachsthum eines Kampferbaumes in Cannes, den
man seit 1871 aus Samen erzog und der im Herbst 1878 an der Ba-
sis 98 cm Umfang bei 30 Meter Höhe hatte. Viel älter und statt-
licher noch ist der Kampferlorbeer im botanischen Garten zu Pisa,
vielleicht das grösste Exemplar in Europa.

Neben dem raschen Wachsthum des Baumes im Mittelmeergebiet
ist aber auch seine Accommodationsfähigkeit an das heisseste und
trockenste Klima innerhalb desselben gegenüber seiner regenreichen
Heimath in Ostasien bemerkenswerth; denn er ist eine der wenigen
Pflanzen Japans, welche z. B. noch auf den Canarischen Inseln gut
fortkommen und sogar zu Schubrah bei Kairo sich kräftig entwickelt
haben. Auch in verschiedenen andern subtropischen und tropischen Ge-
bieten der Erde, z. B. bei Buenos Ayres und auf Mauritius gedeiht Lau-
rus Camphora vortrefflich. Es ist unter diesen Umständen auffallend,
dass man noch nirgends Pflanzungen zur Kampfergewinnung anlegte.

*) Kaempfer vergleicht ihn mit einer Linde.
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[168/0190] I. Land- und Forstwirthschaft. Reichs, wie dies aus dem Catalog der 1877 in Tôkio veranstalteten Ausstellung landwirthschaftlicher Produkte zu ersehen ist. Seit einer Reihe von Jahren sind auch die Vereinigten Staaten dem grossen chinesischen Bedarf an Ginseng zur Hülfe gekommen, indem sie die Wurzeln einer im Gebiet der Appalachen endemische Art (Panax quinquefolius L.) präparierten und auf den chinesischen Markt brachten. Nach den Berichten des Commissioner of Agriculture hatte diese Ausfuhr im Jahr 1877 den Werth von annähernd $ 700000 erreicht. 16) Cinnamomum Camphora Nees & Eberm. (Laurus Cam- phora L.), der Kampferbaum oder Kampferlorbeer, jap. Kusu-no-ki (sprich Ksúnoki). Dies ist der Riese unter den Laubhölzern Japans, der sowohl an Stammumfang als an Höhe alle andern, selbst Planera acuminata, übertrifft. *) Die schmächtigen Repräsentanten desselben in unsern Gewächshäusern mit ihren gelbgrünen Blättern und dem siechen Aussehen lassen die mächtigen Gestalten mit ihrer glänzend dunkelgrünen Belaubung kaum ahnen, zu der sich dieser Lieferant des allbekannten Kampfers (jap. Shônô) in seiner Heimath empor- schwingt. Doch schon jenseits der Alpen, in den schönen Anlagen an den norditalienischen Seen, der Riviera und weiter südlich, wo der Baum vortrefflich gedeiht und durch rasches Wachsthum sich aus- zeichnet, gewinnen wir eine richtigere Vorstellung von ihm. So hat ein Exemplar im Park der bekannten Villa Pallavicini bei Pegli in 25 Jahren einen Stamm von 1 Meter Umfang entwickelt. Noch über- raschender ist das Wachsthum eines Kampferbaumes in Cannes, den man seit 1871 aus Samen erzog und der im Herbst 1878 an der Ba- sis 98 cm Umfang bei 30 Meter Höhe hatte. Viel älter und statt- licher noch ist der Kampferlorbeer im botanischen Garten zu Pisa, vielleicht das grösste Exemplar in Europa. Neben dem raschen Wachsthum des Baumes im Mittelmeergebiet ist aber auch seine Accommodationsfähigkeit an das heisseste und trockenste Klima innerhalb desselben gegenüber seiner regenreichen Heimath in Ostasien bemerkenswerth; denn er ist eine der wenigen Pflanzen Japans, welche z. B. noch auf den Canarischen Inseln gut fortkommen und sogar zu Schubrah bei Kairo sich kräftig entwickelt haben. Auch in verschiedenen andern subtropischen und tropischen Ge- bieten der Erde, z. B. bei Buenos Ayres und auf Mauritius gedeiht Lau- rus Camphora vortrefflich. Es ist unter diesen Umständen auffallend, dass man noch nirgends Pflanzungen zur Kampfergewinnung anlegte. *) Kaempfer vergleicht ihn mit einer Linde.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/190>, abgerufen am 16.04.2024.