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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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I. Land- und Forstwirthschaft.
Artikel in der Ausfuhr Japans keine Rolle. Dieselbe begann erst
durch die Eröffnung des Landes in Folge der Perry-Expedition. In
welchem Maasse der japanische Theeexport seitdem gewachsen ist,
zeigt die angefügte Uebersichtstabelle. Mit der zunehmenden Ausfuhr
wuchs die Verbreitung des Anbaues, so dass ich auf meinen Reisen
an hunderten von Stellen die Anlage neuer Theegärten constatieren
konnte, wo nie früher Theebau betrieben worden war. In Tokio selbst
wurde, wie Jedem, der dort eine zeitlang wohnte, bekannt ist, sogar
manches Stück von früheren Parkanlagen der Daimioresidenzen in
einen Theegarten umgewandelt. Die japanische Regierung hat be-
rechnet, dass so im Ganzen 4600 cho Land in der Neuzeit andern
Culturen entzogen und dem Theebau gewidmet wurden.

Nach H. Gribble, dessen statistischen Angaben ich hier folge, be-
sass Japan im Jahre 1881 42224 cho = 41874 ha Theepflanzungen.
Hiernach dürften dieselben gegenwärtig mindestens 42000 ha um-
fassen, oder ungefähr 2 1/3 % alles cultivierten Landes. Thee wird in
fast allen japanischen Provinzen südlich der Tsugaru-Strasse gewonnen,
doch in sehr verschiedener Menge. Während sich der Anbau des
Theestrauchs nördlich vom 37. Parallel, sowie in den hochgelegenen
Provinzen des Landesinnern, wie Shinano und Hida auf nur wenige
günstige Stellen beschränkt, bildet er in andern die Haupterwerbs-
quelle. Sowohl nach der Menge, als auch der Güte des Produkts
stehen die Provinzen des mittleren Hondo oben an. An das alte Cen-
trum der Theecultur am Südende des Biwa-Sees, zwischen den Buchten
von Idzumi, Owari und Wakasa, wozu die Provinzen Yamashiro, Ya-
mato, Ise, Iga, Omi, Mino und Tamba zu zählen sind, haben sich
später zwei mächtige Flügel angeschlossen, von denen der eine von
Ise aus die Provinzen des Tokaido, namentlich Mikawa, Totomi, Su-
ruga, Musashi, Shimosa und Hitachi umfasst, der andere über die-
jenigen des Hokurokudo sich erstreckt, unter denen namentlich Kaga
und Echigo in Betracht kommen. Gerade im Gebiete dieser beiden
Landstrassenbezirke (des Tokaido und Hokurokudo) hat die Theecultur
während der letzten 20 Jahre grosse Ausdehnung erfahren. Sie
würde sich unzweifelhaft in den Provinzen am japanischen Meer, zu-
mal in Echizen und Wakasa noch weit mehr entwickelt haben, wenn
hier die Absatzverhältnisse günstiger wären und das Produkt vom
Hafen Tsuruga aus direkt verschifft werden könnte.

Aus dem Angeführten ergibt sich, dass der Haupttheedistrikt
Japans auf der Insel Hondo zwischen 34° und 36° n. Breite liegt.
Thee, welcher weiter entfernt von diesen Grenzen gewonnen wird, ist
von geringerer Güte und steht viel niedriger im Preise.

I. Land- und Forstwirthschaft.
Artikel in der Ausfuhr Japans keine Rolle. Dieselbe begann erst
durch die Eröffnung des Landes in Folge der Perry-Expedition. In
welchem Maasse der japanische Theeexport seitdem gewachsen ist,
zeigt die angefügte Uebersichtstabelle. Mit der zunehmenden Ausfuhr
wuchs die Verbreitung des Anbaues, so dass ich auf meinen Reisen
an hunderten von Stellen die Anlage neuer Theegärten constatieren
konnte, wo nie früher Theebau betrieben worden war. In Tôkio selbst
wurde, wie Jedem, der dort eine zeitlang wohnte, bekannt ist, sogar
manches Stück von früheren Parkanlagen der Daimioresidenzen in
einen Theegarten umgewandelt. Die japanische Regierung hat be-
rechnet, dass so im Ganzen 4600 chô Land in der Neuzeit andern
Culturen entzogen und dem Theebau gewidmet wurden.

Nach H. Gribble, dessen statistischen Angaben ich hier folge, be-
sass Japan im Jahre 1881 42224 chô = 41874 ha Theepflanzungen.
Hiernach dürften dieselben gegenwärtig mindestens 42000 ha um-
fassen, oder ungefähr 2⅓ % alles cultivierten Landes. Thee wird in
fast allen japanischen Provinzen südlich der Tsugaru-Strasse gewonnen,
doch in sehr verschiedener Menge. Während sich der Anbau des
Theestrauchs nördlich vom 37. Parallel, sowie in den hochgelegenen
Provinzen des Landesinnern, wie Shinano und Hida auf nur wenige
günstige Stellen beschränkt, bildet er in andern die Haupterwerbs-
quelle. Sowohl nach der Menge, als auch der Güte des Produkts
stehen die Provinzen des mittleren Hondo oben an. An das alte Cen-
trum der Theecultur am Südende des Biwa-Sees, zwischen den Buchten
von Idzumi, Owari und Wakasa, wozu die Provinzen Yamashiro, Ya-
mato, Ise, Iga, Omi, Mino und Tamba zu zählen sind, haben sich
später zwei mächtige Flügel angeschlossen, von denen der eine von
Ise aus die Provinzen des Tôkaidô, namentlich Mikawa, Tôtômi, Su-
ruga, Musashi, Shimosa und Hitachi umfasst, der andere über die-
jenigen des Hokurokudô sich erstreckt, unter denen namentlich Kaga
und Echigo in Betracht kommen. Gerade im Gebiete dieser beiden
Landstrassenbezirke (des Tôkaidô und Hokurokudô) hat die Theecultur
während der letzten 20 Jahre grosse Ausdehnung erfahren. Sie
würde sich unzweifelhaft in den Provinzen am japanischen Meer, zu-
mal in Echizen und Wakasa noch weit mehr entwickelt haben, wenn
hier die Absatzverhältnisse günstiger wären und das Produkt vom
Hafen Tsuruga aus direkt verschifft werden könnte.

Aus dem Angeführten ergibt sich, dass der Haupttheedistrikt
Japans auf der Insel Hondo zwischen 34° und 36° n. Breite liegt.
Thee, welcher weiter entfernt von diesen Grenzen gewonnen wird, ist
von geringerer Güte und steht viel niedriger im Preise.

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[150/0172] I. Land- und Forstwirthschaft. Artikel in der Ausfuhr Japans keine Rolle. Dieselbe begann erst durch die Eröffnung des Landes in Folge der Perry-Expedition. In welchem Maasse der japanische Theeexport seitdem gewachsen ist, zeigt die angefügte Uebersichtstabelle. Mit der zunehmenden Ausfuhr wuchs die Verbreitung des Anbaues, so dass ich auf meinen Reisen an hunderten von Stellen die Anlage neuer Theegärten constatieren konnte, wo nie früher Theebau betrieben worden war. In Tôkio selbst wurde, wie Jedem, der dort eine zeitlang wohnte, bekannt ist, sogar manches Stück von früheren Parkanlagen der Daimioresidenzen in einen Theegarten umgewandelt. Die japanische Regierung hat be- rechnet, dass so im Ganzen 4600 chô Land in der Neuzeit andern Culturen entzogen und dem Theebau gewidmet wurden. Nach H. Gribble, dessen statistischen Angaben ich hier folge, be- sass Japan im Jahre 1881 42224 chô = 41874 ha Theepflanzungen. Hiernach dürften dieselben gegenwärtig mindestens 42000 ha um- fassen, oder ungefähr 2⅓ % alles cultivierten Landes. Thee wird in fast allen japanischen Provinzen südlich der Tsugaru-Strasse gewonnen, doch in sehr verschiedener Menge. Während sich der Anbau des Theestrauchs nördlich vom 37. Parallel, sowie in den hochgelegenen Provinzen des Landesinnern, wie Shinano und Hida auf nur wenige günstige Stellen beschränkt, bildet er in andern die Haupterwerbs- quelle. Sowohl nach der Menge, als auch der Güte des Produkts stehen die Provinzen des mittleren Hondo oben an. An das alte Cen- trum der Theecultur am Südende des Biwa-Sees, zwischen den Buchten von Idzumi, Owari und Wakasa, wozu die Provinzen Yamashiro, Ya- mato, Ise, Iga, Omi, Mino und Tamba zu zählen sind, haben sich später zwei mächtige Flügel angeschlossen, von denen der eine von Ise aus die Provinzen des Tôkaidô, namentlich Mikawa, Tôtômi, Su- ruga, Musashi, Shimosa und Hitachi umfasst, der andere über die- jenigen des Hokurokudô sich erstreckt, unter denen namentlich Kaga und Echigo in Betracht kommen. Gerade im Gebiete dieser beiden Landstrassenbezirke (des Tôkaidô und Hokurokudô) hat die Theecultur während der letzten 20 Jahre grosse Ausdehnung erfahren. Sie würde sich unzweifelhaft in den Provinzen am japanischen Meer, zu- mal in Echizen und Wakasa noch weit mehr entwickelt haben, wenn hier die Absatzverhältnisse günstiger wären und das Produkt vom Hafen Tsuruga aus direkt verschifft werden könnte. Aus dem Angeführten ergibt sich, dass der Haupttheedistrikt Japans auf der Insel Hondo zwischen 34° und 36° n. Breite liegt. Thee, welcher weiter entfernt von diesen Grenzen gewonnen wird, ist von geringerer Güte und steht viel niedriger im Preise.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/172>, abgerufen am 20.04.2024.