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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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3. Handelsgewächse.
mit ihm bekannt. Gegen das Ende der Regierung des letztgenannten
Kaisers brachte der Priester Saito (Denkio Daishi) Theesamen aus
China und pflanzte sie bei Uji (805 n. Chr.). Nach einer andern An-
gabe soll bereits vor diesem der Abt Yei-shu aus China Theesamen
und die Kunst der Theebereitung nach seinem Kloster in Omi ge-
bracht und dort gepflegt haben.

Im Zusammenhang hiermit steht die weitere Nachricht, dass Saga
Tenno, der 52. Mikado, als er im Jahre 815 dieses Kloster besuchte, mit
Thee bewirthet worden sei, und da das Getränk seinen Beifall gefunden,
so habe er Befehl zur Anlage von Theegärten in den benachbarten
Provinzen des Gokinai, sowie in Omi, Tamba und Harima gegeben.

Damals und noch Jahrhunderte später war jedoch Thee sehr
theuer, ein Luxusgetränk, dessen sich nur der Adel und die Bonzen
bedienten; auch scheint der Anbau des Theestrauchs allmählich wieder
vernachlässigt worden zu sein, denn nur so hat ein weiterer Bericht
Bedeutung, nach welchem der Bonze Yei-sei gegen das Jahr 1200 in
der Provinz Chikuzen der Inseln Kiushiu die Theepflanze durch
Samen aus China einführte, und überhaupt erst um diese Zeit unter
dem Schutz des 83. Mikado (Tsuchi Tenno) die Theecultur in Japan
dauernd Boden gewann. Miyo-ye (Meiki), der Abt des Klosters To-
gano bei Kioto erhielt von Yei-sei Theesamen nebst Anleitung zur
Anzucht des Strauches und Behandlung der Blätter. Derselbe gilt
als Begründer des Theebaus in Yamashiro und Yamato und insbe-
sondere zu Uji, dem berühmten Theeorte, woselbst ihm in einer
Kapelle noch jedes Jahr der erste Thee geopfert wird. Eine weitere
Förderung des Theebaues um Uji brachte Shogun Ashikaga Yoshi-
mitsu nach seiner Abdankung um's Jahr 1400. Wir haben bereits
(pg. 137) Kaempfer's Aeusserungen über den Thee von Uji zum Theil
citiert und daraus ersehen, dass derselbe schon vor 200 Jahren in ganz
Japan hohen Ruf hatte. An einer andern Stelle der Amoenitates
exoticae hebt der Autor hervor, wie der beste Uji-Thee für den Hof
reserviert werde und man ihm gesagt habe, dass davon die ihm vorge-
setzte kleine Schale voll einen Bu (etwa 1 Mark) werth sei. Ich kaufte
ein Pfd. Thee in Uji, dessen Herstellung ich verfolgt hatte, für 3 yen,
hörte aber, dass der feinste mit 5 yen = 20 Mk. bezahlt werde.

Der Hof hatte in Uji seinen besonderen Beamten, welcher das
Ceremoniel und die Vorschriften für die Anfertigung seines Thees, sowie
den Transport aufs sorgfältigste überwachen musste.

So lange Portugiesen den Verkehr mit Japan in Händen hatten,
wird des Thees kaum gedacht; aber auch in der langen Zeit des
ausschliesslich holländischen Handelsverkehrs mit Japan spielt der

3. Handelsgewächse.
mit ihm bekannt. Gegen das Ende der Regierung des letztgenannten
Kaisers brachte der Priester Saitô (Denkio Daishi) Theesamen aus
China und pflanzte sie bei Uji (805 n. Chr.). Nach einer andern An-
gabe soll bereits vor diesem der Abt Yei-shu aus China Theesamen
und die Kunst der Theebereitung nach seinem Kloster in Omi ge-
bracht und dort gepflegt haben.

Im Zusammenhang hiermit steht die weitere Nachricht, dass Saga
Tennô, der 52. Mikado, als er im Jahre 815 dieses Kloster besuchte, mit
Thee bewirthet worden sei, und da das Getränk seinen Beifall gefunden,
so habe er Befehl zur Anlage von Theegärten in den benachbarten
Provinzen des Gokinai, sowie in Omi, Tamba und Harima gegeben.

Damals und noch Jahrhunderte später war jedoch Thee sehr
theuer, ein Luxusgetränk, dessen sich nur der Adel und die Bonzen
bedienten; auch scheint der Anbau des Theestrauchs allmählich wieder
vernachlässigt worden zu sein, denn nur so hat ein weiterer Bericht
Bedeutung, nach welchem der Bonze Yei-sei gegen das Jahr 1200 in
der Provinz Chikuzen der Inseln Kiushiu die Theepflanze durch
Samen aus China einführte, und überhaupt erst um diese Zeit unter
dem Schutz des 83. Mikado (Tsuchi Tennô) die Theecultur in Japan
dauernd Boden gewann. Miyo-ye (Meiki), der Abt des Klosters To-
gano bei Kiôto erhielt von Yei-sei Theesamen nebst Anleitung zur
Anzucht des Strauches und Behandlung der Blätter. Derselbe gilt
als Begründer des Theebaus in Yamashiro und Yamato und insbe-
sondere zu Uji, dem berühmten Theeorte, woselbst ihm in einer
Kapelle noch jedes Jahr der erste Thee geopfert wird. Eine weitere
Förderung des Theebaues um Uji brachte Shôgun Ashikaga Yoshi-
mitsu nach seiner Abdankung um’s Jahr 1400. Wir haben bereits
(pg. 137) Kaempfer’s Aeusserungen über den Thee von Uji zum Theil
citiert und daraus ersehen, dass derselbe schon vor 200 Jahren in ganz
Japan hohen Ruf hatte. An einer andern Stelle der Amoenitates
exoticae hebt der Autor hervor, wie der beste Uji-Thee für den Hof
reserviert werde und man ihm gesagt habe, dass davon die ihm vorge-
setzte kleine Schale voll einen Bu (etwa 1 Mark) werth sei. Ich kaufte
ein Pfd. Thee in Uji, dessen Herstellung ich verfolgt hatte, für 3 yen,
hörte aber, dass der feinste mit 5 yen = 20 Mk. bezahlt werde.

Der Hof hatte in Uji seinen besonderen Beamten, welcher das
Ceremoniel und die Vorschriften für die Anfertigung seines Thees, sowie
den Transport aufs sorgfältigste überwachen musste.

So lange Portugiesen den Verkehr mit Japan in Händen hatten,
wird des Thees kaum gedacht; aber auch in der langen Zeit des
ausschliesslich holländischen Handelsverkehrs mit Japan spielt der

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[149/0171] 3. Handelsgewächse. mit ihm bekannt. Gegen das Ende der Regierung des letztgenannten Kaisers brachte der Priester Saitô (Denkio Daishi) Theesamen aus China und pflanzte sie bei Uji (805 n. Chr.). Nach einer andern An- gabe soll bereits vor diesem der Abt Yei-shu aus China Theesamen und die Kunst der Theebereitung nach seinem Kloster in Omi ge- bracht und dort gepflegt haben. Im Zusammenhang hiermit steht die weitere Nachricht, dass Saga Tennô, der 52. Mikado, als er im Jahre 815 dieses Kloster besuchte, mit Thee bewirthet worden sei, und da das Getränk seinen Beifall gefunden, so habe er Befehl zur Anlage von Theegärten in den benachbarten Provinzen des Gokinai, sowie in Omi, Tamba und Harima gegeben. Damals und noch Jahrhunderte später war jedoch Thee sehr theuer, ein Luxusgetränk, dessen sich nur der Adel und die Bonzen bedienten; auch scheint der Anbau des Theestrauchs allmählich wieder vernachlässigt worden zu sein, denn nur so hat ein weiterer Bericht Bedeutung, nach welchem der Bonze Yei-sei gegen das Jahr 1200 in der Provinz Chikuzen der Inseln Kiushiu die Theepflanze durch Samen aus China einführte, und überhaupt erst um diese Zeit unter dem Schutz des 83. Mikado (Tsuchi Tennô) die Theecultur in Japan dauernd Boden gewann. Miyo-ye (Meiki), der Abt des Klosters To- gano bei Kiôto erhielt von Yei-sei Theesamen nebst Anleitung zur Anzucht des Strauches und Behandlung der Blätter. Derselbe gilt als Begründer des Theebaus in Yamashiro und Yamato und insbe- sondere zu Uji, dem berühmten Theeorte, woselbst ihm in einer Kapelle noch jedes Jahr der erste Thee geopfert wird. Eine weitere Förderung des Theebaues um Uji brachte Shôgun Ashikaga Yoshi- mitsu nach seiner Abdankung um’s Jahr 1400. Wir haben bereits (pg. 137) Kaempfer’s Aeusserungen über den Thee von Uji zum Theil citiert und daraus ersehen, dass derselbe schon vor 200 Jahren in ganz Japan hohen Ruf hatte. An einer andern Stelle der Amoenitates exoticae hebt der Autor hervor, wie der beste Uji-Thee für den Hof reserviert werde und man ihm gesagt habe, dass davon die ihm vorge- setzte kleine Schale voll einen Bu (etwa 1 Mark) werth sei. Ich kaufte ein Pfd. Thee in Uji, dessen Herstellung ich verfolgt hatte, für 3 yen, hörte aber, dass der feinste mit 5 yen = 20 Mk. bezahlt werde. Der Hof hatte in Uji seinen besonderen Beamten, welcher das Ceremoniel und die Vorschriften für die Anfertigung seines Thees, sowie den Transport aufs sorgfältigste überwachen musste. So lange Portugiesen den Verkehr mit Japan in Händen hatten, wird des Thees kaum gedacht; aber auch in der langen Zeit des ausschliesslich holländischen Handelsverkehrs mit Japan spielt der

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/171>, abgerufen am 23.04.2024.