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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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3. Handelsgewächse.
wirkende Wärme 50--60° C. nicht übersteigt. Grössere Producenten
haben eine Anzahl (3--8) dieser Vorrichtungen in einem luftigen
Raume, bei kleinen genügt oft eine einzige. Zur Bedienung einer
jeden dient ein kräftiger, fast nackter Mann. Derselbe schüttet auf
den Einsatz etwa 800 me (gegen 3 kg.) der nach a vorbereiteten
Theeblätter, breitet sie über dem Papierboden aus und bewegt und
bearbeitet sie nun mit den Händen beständig. Zunächst hebt er die
weichen, feuchten Blätter empor und lässt sie wieder niederfallen,
bis sie allmählich eine mehr dunkelgrüne Farbe angenommen haben.
Er geht nun dazu über, zwischen den flachen Händen durch Reiben
und Rollen Bälle daraus zu formen, sie wieder zu trennen, an den
papiernen Seitenwänden seines Trogeinsatzes hin und her zu rollen,
sie abermals in Kugeln zu vereinigen, die er mit starkem Druck auch
an den Papierwänden hin und her rollt. So setzt er mit verschiedener
Abwechselung die mühsame Arbeit mehrere Stunden lang emsig fort,
bis die ganze Masse eine dunkel-olivengrüne Farbe angenommen hat
und die einzelnen Blätter gekräuselt, gedreht und gerollt erscheinen.
Sie heissen bei den englischen Theehändlern squills, Zapfen, und wer-
den nun zum langsamen Trocknen auf ähnlichen erwärmten Papier-
rahmen ausgebreitet, wo sie in einer von 45--30° C. abnehmenden
Wärme längere Zeit (4--12 Stunden) verbleiben, bis sie ganz spröde
geworden sind. Für den einheimischen Gebrauch ist der Thee nun
fertig und bedarf nur noch des Sortierens und Verpackens. In Thon-
oder Porzellangefässen mit gut schliessendem Deckel aufbewahrt, hält
er sich mindestens ein Jahr lang.

c. Das Sortieren des Thees. Bei der Ernte wurden mit den
nicht durchweg gleichen und gesunden Blättern auch nicht wenige der
jungen Samenkapseln abgepflückt, welche auf ihren kurzen Stielchen
den bekannten Kapern nicht unähnlich sehen. Beim Sortiren des
Thees werden sie, wie die Stiele und schadhaften Blätter ausgeschie-
den; ferner trennt man das entstandene Theepulver, sowie die kleinen
Blättchen von den grösseren, denn es gilt eine gleichförmige, schön
aussehende Waare zu erhalten. Zu diesem Zweck wird der trockne
Thee zunächst mit einer leichten Handwanne aus Bambusrohr ge-
schwenkt und das dabei sich oben aufsammelnde grobe Material, wie
Blattstiele und Samenkapseln, weggenommen. Hierauf folgt das Durch-
sieben (Sifting) des Thees. Das Sieb wird durch ein an der Decke
befestigtes Seil in Brusthöhe schwebend erhalten, wodurch es mit
Leichtigkeit in jeder Richtung, sowie auch kreisförmig bewegt werden
kann. Hierbei sammelt sich das durchfallende, feinere Material in
einem Haufen, während der zurückbleibende Thee aus mehr gleich-

3. Handelsgewächse.
wirkende Wärme 50—60° C. nicht übersteigt. Grössere Producenten
haben eine Anzahl (3—8) dieser Vorrichtungen in einem luftigen
Raume, bei kleinen genügt oft eine einzige. Zur Bedienung einer
jeden dient ein kräftiger, fast nackter Mann. Derselbe schüttet auf
den Einsatz etwa 800 me (gegen 3 kg.) der nach a vorbereiteten
Theeblätter, breitet sie über dem Papierboden aus und bewegt und
bearbeitet sie nun mit den Händen beständig. Zunächst hebt er die
weichen, feuchten Blätter empor und lässt sie wieder niederfallen,
bis sie allmählich eine mehr dunkelgrüne Farbe angenommen haben.
Er geht nun dazu über, zwischen den flachen Händen durch Reiben
und Rollen Bälle daraus zu formen, sie wieder zu trennen, an den
papiernen Seitenwänden seines Trogeinsatzes hin und her zu rollen,
sie abermals in Kugeln zu vereinigen, die er mit starkem Druck auch
an den Papierwänden hin und her rollt. So setzt er mit verschiedener
Abwechselung die mühsame Arbeit mehrere Stunden lang emsig fort,
bis die ganze Masse eine dunkel-olivengrüne Farbe angenommen hat
und die einzelnen Blätter gekräuselt, gedreht und gerollt erscheinen.
Sie heissen bei den englischen Theehändlern squills, Zapfen, und wer-
den nun zum langsamen Trocknen auf ähnlichen erwärmten Papier-
rahmen ausgebreitet, wo sie in einer von 45—30° C. abnehmenden
Wärme längere Zeit (4—12 Stunden) verbleiben, bis sie ganz spröde
geworden sind. Für den einheimischen Gebrauch ist der Thee nun
fertig und bedarf nur noch des Sortierens und Verpackens. In Thon-
oder Porzellangefässen mit gut schliessendem Deckel aufbewahrt, hält
er sich mindestens ein Jahr lang.

c. Das Sortieren des Thees. Bei der Ernte wurden mit den
nicht durchweg gleichen und gesunden Blättern auch nicht wenige der
jungen Samenkapseln abgepflückt, welche auf ihren kurzen Stielchen
den bekannten Kapern nicht unähnlich sehen. Beim Sortiren des
Thees werden sie, wie die Stiele und schadhaften Blätter ausgeschie-
den; ferner trennt man das entstandene Theepulver, sowie die kleinen
Blättchen von den grösseren, denn es gilt eine gleichförmige, schön
aussehende Waare zu erhalten. Zu diesem Zweck wird der trockne
Thee zunächst mit einer leichten Handwanne aus Bambusrohr ge-
schwenkt und das dabei sich oben aufsammelnde grobe Material, wie
Blattstiele und Samenkapseln, weggenommen. Hierauf folgt das Durch-
sieben (Sifting) des Thees. Das Sieb wird durch ein an der Decke
befestigtes Seil in Brusthöhe schwebend erhalten, wodurch es mit
Leichtigkeit in jeder Richtung, sowie auch kreisförmig bewegt werden
kann. Hierbei sammelt sich das durchfallende, feinere Material in
einem Haufen, während der zurückbleibende Thee aus mehr gleich-

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[139/0161] 3. Handelsgewächse. wirkende Wärme 50—60° C. nicht übersteigt. Grössere Producenten haben eine Anzahl (3—8) dieser Vorrichtungen in einem luftigen Raume, bei kleinen genügt oft eine einzige. Zur Bedienung einer jeden dient ein kräftiger, fast nackter Mann. Derselbe schüttet auf den Einsatz etwa 800 me (gegen 3 kg.) der nach a vorbereiteten Theeblätter, breitet sie über dem Papierboden aus und bewegt und bearbeitet sie nun mit den Händen beständig. Zunächst hebt er die weichen, feuchten Blätter empor und lässt sie wieder niederfallen, bis sie allmählich eine mehr dunkelgrüne Farbe angenommen haben. Er geht nun dazu über, zwischen den flachen Händen durch Reiben und Rollen Bälle daraus zu formen, sie wieder zu trennen, an den papiernen Seitenwänden seines Trogeinsatzes hin und her zu rollen, sie abermals in Kugeln zu vereinigen, die er mit starkem Druck auch an den Papierwänden hin und her rollt. So setzt er mit verschiedener Abwechselung die mühsame Arbeit mehrere Stunden lang emsig fort, bis die ganze Masse eine dunkel-olivengrüne Farbe angenommen hat und die einzelnen Blätter gekräuselt, gedreht und gerollt erscheinen. Sie heissen bei den englischen Theehändlern squills, Zapfen, und wer- den nun zum langsamen Trocknen auf ähnlichen erwärmten Papier- rahmen ausgebreitet, wo sie in einer von 45—30° C. abnehmenden Wärme längere Zeit (4—12 Stunden) verbleiben, bis sie ganz spröde geworden sind. Für den einheimischen Gebrauch ist der Thee nun fertig und bedarf nur noch des Sortierens und Verpackens. In Thon- oder Porzellangefässen mit gut schliessendem Deckel aufbewahrt, hält er sich mindestens ein Jahr lang. c. Das Sortieren des Thees. Bei der Ernte wurden mit den nicht durchweg gleichen und gesunden Blättern auch nicht wenige der jungen Samenkapseln abgepflückt, welche auf ihren kurzen Stielchen den bekannten Kapern nicht unähnlich sehen. Beim Sortiren des Thees werden sie, wie die Stiele und schadhaften Blätter ausgeschie- den; ferner trennt man das entstandene Theepulver, sowie die kleinen Blättchen von den grösseren, denn es gilt eine gleichförmige, schön aussehende Waare zu erhalten. Zu diesem Zweck wird der trockne Thee zunächst mit einer leichten Handwanne aus Bambusrohr ge- schwenkt und das dabei sich oben aufsammelnde grobe Material, wie Blattstiele und Samenkapseln, weggenommen. Hierauf folgt das Durch- sieben (Sifting) des Thees. Das Sieb wird durch ein an der Decke befestigtes Seil in Brusthöhe schwebend erhalten, wodurch es mit Leichtigkeit in jeder Richtung, sowie auch kreisförmig bewegt werden kann. Hierbei sammelt sich das durchfallende, feinere Material in einem Haufen, während der zurückbleibende Thee aus mehr gleich-

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/161>, abgerufen am 24.04.2024.