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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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2. Nährpflanzen.
Warabi-no-ko dient aber noch einem andern Zweck. Der daraus be-
reitete Kleister, versetzt mit Shibu, dem scharfen Saft unreifer Kaki-
früchte, widersteht nämlich dem Regen und wird zum Aneinander-
kleben von Papier benutzt, das geölt und zu Regenmänteln und
-Schirmen verwendet werden soll oder sonst dem Wetter ausgesetzt
wird.

Doch nicht blos in Japan dient der Adlerfarn zur Nahrung, son-
dern auch in Korea und andern Gebieten des asiatischen Festlandes.
Ferner erwähnt A. v. Humboldt auch von den Canarischen Inseln
Palma und Gomera, dass ihre Bewohner seine Rhizome pulverisieren,
mit Gerstenmehl vermengen und damit zur Speise verwenden. Von
Neuholland ist bekannt, dass es zur Zeit der Entdeckung nur eine
essbare Wurzel besass, diejenige nämlich von Pteris esculenta, einem
nahen Verwandten unseres gemeinen Adlerfarns.

d. Gemüse und Condimente.

Eine grosse Anzahl der verschiedenartigsten Gewächse, theils
wahre Culturcosmopoliten für den menschlichen Haushalt, theils Eigen-
thümlichkeiten, wie sie das Land und die besondere Geschmacksrich-
tung seiner Bewohner entwickelt haben, treten uns in dieser Gruppe
entgegen. Liefert dieselbe auch nicht so wichtige Nahrungsmittel, wie
die stärkereichen Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte so spielen doch
nicht wenige ihrer Glieder als tägliche Würze des materiellen Lebens,
soweit dieses vom Genuss einer schmackhaften Suppe, sowie des Reis
und seiner Ersatzmittel vornehmlich abhängt, eine bedeutende Rolle,
und damit auch ihre Culturen. Kenner der japanischen Küche werden
sich hier vor allem der Daikon (Rettige), Nasu (Früchte der Eier-
pflanze), Negi-rui (Zwiebelgewächse), Uri-rui (gurkenartigen Ge-
wächse), Take (Pilze) und anderer Küchenpflanzen erinnern, welche
in dieser Beziehung ganz unentbehrlich zu sein scheinen, während man
unter den Gemüsen (welche überhaupt in viel geringerer Menge ver-
zehrt werden, als bei uns) eine grosse Anzahl unserer verbreitetsten
und beliebtesten ganz vermisst, z. B. die meisten Kohlarten, Kohlrabi,
Scorzonera, Spargel und viele Salatpflanzen.

Der Japaner unterscheidet Yasai-mono oder Yasai, Gemüse,
Tsuke-mono, in Salzwasser oder Essig eingemachte Würzen, soge-
nannte Pickles, und Yakumi oder eigentliche Gewürze, eine Ein-
theilung, die jedoch kaum scharf durchzuführen ist, da oft dasselbe
Produkt, je nach seiner Zubereitung und Anwendung, als Gemüse oder
Würze erscheint, wie z. B. die Zwiebel. Statt desshalb die hierher-
gehörenden Gewächse nach diesen drei Gruppen getrennt aufzuzählen

Rein, Japan. II. 6

2. Nährpflanzen.
Warabi-no-ko dient aber noch einem andern Zweck. Der daraus be-
reitete Kleister, versetzt mit Shibu, dem scharfen Saft unreifer Kaki-
früchte, widersteht nämlich dem Regen und wird zum Aneinander-
kleben von Papier benutzt, das geölt und zu Regenmänteln und
-Schirmen verwendet werden soll oder sonst dem Wetter ausgesetzt
wird.

Doch nicht blos in Japan dient der Adlerfarn zur Nahrung, son-
dern auch in Korea und andern Gebieten des asiatischen Festlandes.
Ferner erwähnt A. v. Humboldt auch von den Canarischen Inseln
Palma und Gomera, dass ihre Bewohner seine Rhizome pulverisieren,
mit Gerstenmehl vermengen und damit zur Speise verwenden. Von
Neuholland ist bekannt, dass es zur Zeit der Entdeckung nur eine
essbare Wurzel besass, diejenige nämlich von Pteris esculenta, einem
nahen Verwandten unseres gemeinen Adlerfarns.

d. Gemüse und Condimente.

Eine grosse Anzahl der verschiedenartigsten Gewächse, theils
wahre Culturcosmopoliten für den menschlichen Haushalt, theils Eigen-
thümlichkeiten, wie sie das Land und die besondere Geschmacksrich-
tung seiner Bewohner entwickelt haben, treten uns in dieser Gruppe
entgegen. Liefert dieselbe auch nicht so wichtige Nahrungsmittel, wie
die stärkereichen Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte so spielen doch
nicht wenige ihrer Glieder als tägliche Würze des materiellen Lebens,
soweit dieses vom Genuss einer schmackhaften Suppe, sowie des Reis
und seiner Ersatzmittel vornehmlich abhängt, eine bedeutende Rolle,
und damit auch ihre Culturen. Kenner der japanischen Küche werden
sich hier vor allem der Daikon (Rettige), Nasu (Früchte der Eier-
pflanze), Negi-rui (Zwiebelgewächse), Uri-rui (gurkenartigen Ge-
wächse), Take (Pilze) und anderer Küchenpflanzen erinnern, welche
in dieser Beziehung ganz unentbehrlich zu sein scheinen, während man
unter den Gemüsen (welche überhaupt in viel geringerer Menge ver-
zehrt werden, als bei uns) eine grosse Anzahl unserer verbreitetsten
und beliebtesten ganz vermisst, z. B. die meisten Kohlarten, Kohlrabi,
Scorzonera, Spargel und viele Salatpflanzen.

Der Japaner unterscheidet Yasai-mono oder Yasai, Gemüse,
Tsuke-mono, in Salzwasser oder Essig eingemachte Würzen, soge-
nannte Pickles, und Yakumi oder eigentliche Gewürze, eine Ein-
theilung, die jedoch kaum scharf durchzuführen ist, da oft dasselbe
Produkt, je nach seiner Zubereitung und Anwendung, als Gemüse oder
Würze erscheint, wie z. B. die Zwiebel. Statt desshalb die hierher-
gehörenden Gewächse nach diesen drei Gruppen getrennt aufzuzählen

Rein, Japan. II. 6
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[81/0101] 2. Nährpflanzen. Warabi-no-ko dient aber noch einem andern Zweck. Der daraus be- reitete Kleister, versetzt mit Shibu, dem scharfen Saft unreifer Kaki- früchte, widersteht nämlich dem Regen und wird zum Aneinander- kleben von Papier benutzt, das geölt und zu Regenmänteln und -Schirmen verwendet werden soll oder sonst dem Wetter ausgesetzt wird. Doch nicht blos in Japan dient der Adlerfarn zur Nahrung, son- dern auch in Korea und andern Gebieten des asiatischen Festlandes. Ferner erwähnt A. v. Humboldt auch von den Canarischen Inseln Palma und Gomera, dass ihre Bewohner seine Rhizome pulverisieren, mit Gerstenmehl vermengen und damit zur Speise verwenden. Von Neuholland ist bekannt, dass es zur Zeit der Entdeckung nur eine essbare Wurzel besass, diejenige nämlich von Pteris esculenta, einem nahen Verwandten unseres gemeinen Adlerfarns. d. Gemüse und Condimente. Eine grosse Anzahl der verschiedenartigsten Gewächse, theils wahre Culturcosmopoliten für den menschlichen Haushalt, theils Eigen- thümlichkeiten, wie sie das Land und die besondere Geschmacksrich- tung seiner Bewohner entwickelt haben, treten uns in dieser Gruppe entgegen. Liefert dieselbe auch nicht so wichtige Nahrungsmittel, wie die stärkereichen Halm-, Hülsen- und Hackfrüchte so spielen doch nicht wenige ihrer Glieder als tägliche Würze des materiellen Lebens, soweit dieses vom Genuss einer schmackhaften Suppe, sowie des Reis und seiner Ersatzmittel vornehmlich abhängt, eine bedeutende Rolle, und damit auch ihre Culturen. Kenner der japanischen Küche werden sich hier vor allem der Daikon (Rettige), Nasu (Früchte der Eier- pflanze), Negi-rui (Zwiebelgewächse), Uri-rui (gurkenartigen Ge- wächse), Take (Pilze) und anderer Küchenpflanzen erinnern, welche in dieser Beziehung ganz unentbehrlich zu sein scheinen, während man unter den Gemüsen (welche überhaupt in viel geringerer Menge ver- zehrt werden, als bei uns) eine grosse Anzahl unserer verbreitetsten und beliebtesten ganz vermisst, z. B. die meisten Kohlarten, Kohlrabi, Scorzonera, Spargel und viele Salatpflanzen. Der Japaner unterscheidet Yasai-mono oder Yasai, Gemüse, Tsuke-mono, in Salzwasser oder Essig eingemachte Würzen, soge- nannte Pickles, und Yakumi oder eigentliche Gewürze, eine Ein- theilung, die jedoch kaum scharf durchzuführen ist, da oft dasselbe Produkt, je nach seiner Zubereitung und Anwendung, als Gemüse oder Würze erscheint, wie z. B. die Zwiebel. Statt desshalb die hierher- gehörenden Gewächse nach diesen drei Gruppen getrennt aufzuzählen Rein, Japan. II. 6

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/101>, abgerufen am 18.04.2024.