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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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4. Periode. Das Shogunat der Ashikaga vom Falle der Hojo etc.
vater noch dem Hosokawa-Yoriyuki warm empfohlen hatte.
Dieser leitete die Erziehung des jungen Prinzen auf das sorgfältigste
und stattete ihn nicht blos mit einem reichen Wissen aus, sondern
gewöhnte ihn frühzeitig auch an die Uebung aller ritterlichen Tugen-
den der damaligen Zeit. Dieser Kuwan-rio-Hosokawa war eine
Leuchte seiner Zeit in Bezug auf Wissen und Wollen, ein Mann von
streng rechtlicher Gesinnung und mit der nöthigen Energie, den Uebel-
thätern zu Leibe zu gehen.

Um das Jahr 1392, als die Sache der südlichen Dynastie be-
sonders schlecht stand, schlug Shogun Ashikaga-Yoshimitsu dem
Go-Kameyama-Tenno (Nachfolger von Go-Murakami-Tenno) den
Frieden vor und zwar unter gleichen Bedingungen, wie er früher
zwischen seinem Grossvater Takauji und Go-Daigo vereinbart, von
diesem aber alsbald wieder gebrochen worden war. Kameyama
willigte ein, kam mit den Reichsinsignien nach Kioto, händigte die-
selben seinem bisherigen Gegner Go-Komatsu-Tenno aus, so dass
mit diesem noch nachträglich das sokui (die öffentliche Krönung)
vorgenommen werden konnte, und zog sich zurück. Die japanischen
Annalen zählen daher die Regierungsjahre des Komatsu II. nur vom
Krönungsact an und bringen die früheren 10 Jahre Regierungszeit
nicht in Betracht. Als 99. Mikado fungierte er nach denselben von
1392--1412.

Für kurze Zeit hatte nun das Land Ruhe, deren es so sehr be-
durfte; denn in Folge der beständigen Bürgerkriege waren die consti-
tutionellen Gewalten in völlige Auflösung gerathen, namentlich in den
von den Hauptstädten entfernteren Landestheilen. Der Landmann war
ausgesogen, sein Muth gebrochen, die Hoffnung auf Besserung bei
ihm geschwunden. So verträumte er sein elendes Dasein und liess
die Felder unbebaut. Räuberbanden folgten den Kriegsheeren im
Landesinnern und vermehrten ihre Schrecken und das Gefühl der
Rechtlosigkeit und Unsicherheit. Die Küstenbevölkerung, namentlich
diejenige der Insel Kiushiu, hatte sich massenhaft dem Seeraub er-
geben. Selbst an den Küsten von Korea und China erschienen diese
unternehmenden japanischen Seeräuber. Der Schrecken, welchen sie
allenthalben verbreiteten, war so gross, dass er wie Gespensterglaube
von Generation auf Generation weiter verpflanzt wurde und noch
heutigen Tages die Mütter an chinesischen Küstenstrichen ihren Kin-
dern, wenn sie nicht einschlafen wollen, mit den japanischen Corsaren
drohen*).

*) Eine sehr interessante Bestätigung des hier Erwähnten gibt uns K. Himly
in seinem Artikel: "Ueber zwei chinesische Kartenwerke" in der Zeitschrift der

4. Periode. Das Shôgunat der Ashikaga vom Falle der Hôjô etc.
vater noch dem Hosokawa-Yoriyuki warm empfohlen hatte.
Dieser leitete die Erziehung des jungen Prinzen auf das sorgfältigste
und stattete ihn nicht blos mit einem reichen Wissen aus, sondern
gewöhnte ihn frühzeitig auch an die Uebung aller ritterlichen Tugen-
den der damaligen Zeit. Dieser Kuwan-rio-Hosokawa war eine
Leuchte seiner Zeit in Bezug auf Wissen und Wollen, ein Mann von
streng rechtlicher Gesinnung und mit der nöthigen Energie, den Uebel-
thätern zu Leibe zu gehen.

Um das Jahr 1392, als die Sache der südlichen Dynastie be-
sonders schlecht stand, schlug Shôgun Ashikaga-Yoshimitsu dem
Gô-Kameyama-Tennô (Nachfolger von Go-Murakami-Tennô) den
Frieden vor und zwar unter gleichen Bedingungen, wie er früher
zwischen seinem Grossvater Takauji und Go-Daigô vereinbart, von
diesem aber alsbald wieder gebrochen worden war. Kameyama
willigte ein, kam mit den Reichsinsignien nach Kiôto, händigte die-
selben seinem bisherigen Gegner Go-Komatsu-Tennô aus, so dass
mit diesem noch nachträglich das sôkui (die öffentliche Krönung)
vorgenommen werden konnte, und zog sich zurück. Die japanischen
Annalen zählen daher die Regierungsjahre des Komatsu II. nur vom
Krönungsact an und bringen die früheren 10 Jahre Regierungszeit
nicht in Betracht. Als 99. Mikado fungierte er nach denselben von
1392—1412.

Für kurze Zeit hatte nun das Land Ruhe, deren es so sehr be-
durfte; denn in Folge der beständigen Bürgerkriege waren die consti-
tutionellen Gewalten in völlige Auflösung gerathen, namentlich in den
von den Hauptstädten entfernteren Landestheilen. Der Landmann war
ausgesogen, sein Muth gebrochen, die Hoffnung auf Besserung bei
ihm geschwunden. So verträumte er sein elendes Dasein und liess
die Felder unbebaut. Räuberbanden folgten den Kriegsheeren im
Landesinnern und vermehrten ihre Schrecken und das Gefühl der
Rechtlosigkeit und Unsicherheit. Die Küstenbevölkerung, namentlich
diejenige der Insel Kiushiu, hatte sich massenhaft dem Seeraub er-
geben. Selbst an den Küsten von Korea und China erschienen diese
unternehmenden japanischen Seeräuber. Der Schrecken, welchen sie
allenthalben verbreiteten, war so gross, dass er wie Gespensterglaube
von Generation auf Generation weiter verpflanzt wurde und noch
heutigen Tages die Mütter an chinesischen Küstenstrichen ihren Kin-
dern, wenn sie nicht einschlafen wollen, mit den japanischen Corsaren
drohen*).

*) Eine sehr interessante Bestätigung des hier Erwähnten gibt uns K. Himly
in seinem Artikel: »Ueber zwei chinesische Kartenwerke« in der Zeitschrift der
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[297/0323] 4. Periode. Das Shôgunat der Ashikaga vom Falle der Hôjô etc. vater noch dem Hosokawa-Yoriyuki warm empfohlen hatte. Dieser leitete die Erziehung des jungen Prinzen auf das sorgfältigste und stattete ihn nicht blos mit einem reichen Wissen aus, sondern gewöhnte ihn frühzeitig auch an die Uebung aller ritterlichen Tugen- den der damaligen Zeit. Dieser Kuwan-rio-Hosokawa war eine Leuchte seiner Zeit in Bezug auf Wissen und Wollen, ein Mann von streng rechtlicher Gesinnung und mit der nöthigen Energie, den Uebel- thätern zu Leibe zu gehen. Um das Jahr 1392, als die Sache der südlichen Dynastie be- sonders schlecht stand, schlug Shôgun Ashikaga-Yoshimitsu dem Gô-Kameyama-Tennô (Nachfolger von Go-Murakami-Tennô) den Frieden vor und zwar unter gleichen Bedingungen, wie er früher zwischen seinem Grossvater Takauji und Go-Daigô vereinbart, von diesem aber alsbald wieder gebrochen worden war. Kameyama willigte ein, kam mit den Reichsinsignien nach Kiôto, händigte die- selben seinem bisherigen Gegner Go-Komatsu-Tennô aus, so dass mit diesem noch nachträglich das sôkui (die öffentliche Krönung) vorgenommen werden konnte, und zog sich zurück. Die japanischen Annalen zählen daher die Regierungsjahre des Komatsu II. nur vom Krönungsact an und bringen die früheren 10 Jahre Regierungszeit nicht in Betracht. Als 99. Mikado fungierte er nach denselben von 1392—1412. Für kurze Zeit hatte nun das Land Ruhe, deren es so sehr be- durfte; denn in Folge der beständigen Bürgerkriege waren die consti- tutionellen Gewalten in völlige Auflösung gerathen, namentlich in den von den Hauptstädten entfernteren Landestheilen. Der Landmann war ausgesogen, sein Muth gebrochen, die Hoffnung auf Besserung bei ihm geschwunden. So verträumte er sein elendes Dasein und liess die Felder unbebaut. Räuberbanden folgten den Kriegsheeren im Landesinnern und vermehrten ihre Schrecken und das Gefühl der Rechtlosigkeit und Unsicherheit. Die Küstenbevölkerung, namentlich diejenige der Insel Kiushiu, hatte sich massenhaft dem Seeraub er- geben. Selbst an den Küsten von Korea und China erschienen diese unternehmenden japanischen Seeräuber. Der Schrecken, welchen sie allenthalben verbreiteten, war so gross, dass er wie Gespensterglaube von Generation auf Generation weiter verpflanzt wurde und noch heutigen Tages die Mütter an chinesischen Küstenstrichen ihren Kin- dern, wenn sie nicht einschlafen wollen, mit den japanischen Corsaren drohen *). *) Eine sehr interessante Bestätigung des hier Erwähnten gibt uns K. Himly in seinem Artikel: »Ueber zwei chinesische Kartenwerke« in der Zeitschrift der

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/323>, abgerufen am 17.05.2024.