gefallen war und ihn selbst ein tödtlicher Pfeil ins Auge getroffen hatte. Dann zog er den Pfeil heraus, nahm sein Schwert und hieb sich selbst den Kopf ab, damit der Feind ihn nicht erkennen möge. Alle seine Begleiter, die ihn noch überlebten, folgten seinem Beispiel. Als man den Haufen kopfloser Leichname näher untersuchte, fand man bei einem in einem Beutel den eigenhändigen Auftrag des Go- Daigo, die Rebellen zu unterwerfen, und erkannte ihn damit. Er wurde bei Fuchiu begraben, den Kopf aber sandte man nach Kioto und stellte ihn hier auf einem Pfahle öffentlich aus. Nitta Yoshisada war erst 38 Jahre alt, als er starb. Sein ritterlicher Sinn, sein grosser Heldenmuth und die unwandelbare Treue, mit welcher er seinem Herrn zugethan war, haben ihm neben Yoshitsune, Kusunoki Masa- shige und verschiedenen anderen Helden des japanischen Mittelalters in der Achtung der Nachwelt einen hervorragenden Platz gesichert.
In Mutsu und Dewa verfügten die Anhänger der kaiserlichen Sache über grössere Streitkräfte. Geführt vom jungen Takaye, dem Sohne des Minamoto Akiye, erfochten sie sogar einige glänzende Siege vor den Thoren von Kamakura. Unerfahrenheit, jugendliches Ungestüm und der Wunsch, möglichst bald mit dem jüngeren Kusu- noki in Yoshino zusammenzutreffen, verleiteten Takaye zu einem Marsche gegen Kioto, auf welchem er im Alter von 21 Jahren Schlacht und Leben verlor.
Von den ferneren Ereignissen dieser Periode mögen hier nur die wichtigsten weiter Erwähnung finden.
Go-Daigo-Tenno starb in Yoshino und überliess das bestrittene Erbe seinem zwölfjährigen Sohne Norinaga, der nun als 97. Mikado unter dem posthumen Titel Go-Murakami-Tenno 34 Jahre lang (von 1339--1374) in Yoshino residiert, eine verhältnissmässig lange Periode. Die officielle "Histoire du Japon", welche gelegentlich der letzten Pariser Ausstellung erschien, weiss wenig Nennenswerthes aus ihr zu berichten. Die hervorragenden Helden von der kaiserlichen Seite waren bald alle gestorben und das Ansehen der südlichen Dynastie mit ihnen mehr und mehr geschwunden. Auf der an- deren Seite abdicierte Komiyo-Tenno 1349 zu Gunsten seines Neffen Shauko-Tenno, der aber schon nach drei Jahren abgesetzt wurde. Ihm folgte von 1352--1371 Go-Kuwo-Tenno. Bald darauf starb, 53 Jahre alt, Ashikaga-Takauji. Ihm folgte sein Sohn Yoshimori (1359--1367), worauf derselbe zu Gunsten seines Enkels Yoshimitsu abdankte. Dieser regierte als Tai-Shogun von 1367--1393, wo er im Alter von 37 Jahren ebenfalls abdankte. Sein Tod fällt in das Jahr 1409. Dies ist der grosse Ashikaga, welchen sein Gross-
I. Geschichte des japanischen Volkes.
gefallen war und ihn selbst ein tödtlicher Pfeil ins Auge getroffen hatte. Dann zog er den Pfeil heraus, nahm sein Schwert und hieb sich selbst den Kopf ab, damit der Feind ihn nicht erkennen möge. Alle seine Begleiter, die ihn noch überlebten, folgten seinem Beispiel. Als man den Haufen kopfloser Leichname näher untersuchte, fand man bei einem in einem Beutel den eigenhändigen Auftrag des Go- Daigô, die Rebellen zu unterwerfen, und erkannte ihn damit. Er wurde bei Fuchiu begraben, den Kopf aber sandte man nach Kiôto und stellte ihn hier auf einem Pfahle öffentlich aus. Nitta Yoshisada war erst 38 Jahre alt, als er starb. Sein ritterlicher Sinn, sein grosser Heldenmuth und die unwandelbare Treue, mit welcher er seinem Herrn zugethan war, haben ihm neben Yoshitsune, Kusunoki Masa- shige und verschiedenen anderen Helden des japanischen Mittelalters in der Achtung der Nachwelt einen hervorragenden Platz gesichert.
In Mutsu und Dewa verfügten die Anhänger der kaiserlichen Sache über grössere Streitkräfte. Geführt vom jungen Takaye, dem Sohne des Minamoto Akiye, erfochten sie sogar einige glänzende Siege vor den Thoren von Kamakura. Unerfahrenheit, jugendliches Ungestüm und der Wunsch, möglichst bald mit dem jüngeren Kusu- noki in Yoshino zusammenzutreffen, verleiteten Takaye zu einem Marsche gegen Kiôto, auf welchem er im Alter von 21 Jahren Schlacht und Leben verlor.
Von den ferneren Ereignissen dieser Periode mögen hier nur die wichtigsten weiter Erwähnung finden.
Go-Daigô-Tennô starb in Yoshino und überliess das bestrittene Erbe seinem zwölfjährigen Sohne Norinaga, der nun als 97. Mikado unter dem posthumen Titel Go-Murakami-Tennô 34 Jahre lang (von 1339—1374) in Yoshino residiert, eine verhältnissmässig lange Periode. Die officielle »Histoire du Japon«, welche gelegentlich der letzten Pariser Ausstellung erschien, weiss wenig Nennenswerthes aus ihr zu berichten. Die hervorragenden Helden von der kaiserlichen Seite waren bald alle gestorben und das Ansehen der südlichen Dynastie mit ihnen mehr und mehr geschwunden. Auf der an- deren Seite abdicierte Kômiyo-Tennô 1349 zu Gunsten seines Neffen Shûkô-Tennô, der aber schon nach drei Jahren abgesetzt wurde. Ihm folgte von 1352—1371 Go-Kuwô-Tennô. Bald darauf starb, 53 Jahre alt, Ashikaga-Takauji. Ihm folgte sein Sohn Yoshimori (1359—1367), worauf derselbe zu Gunsten seines Enkels Yoshimitsu abdankte. Dieser regierte als Tai-Shôgun von 1367—1393, wo er im Alter von 37 Jahren ebenfalls abdankte. Sein Tod fällt in das Jahr 1409. Dies ist der grosse Ashikaga, welchen sein Gross-
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gefallen war und ihn selbst ein tödtlicher Pfeil ins Auge getroffen
hatte. Dann zog er den Pfeil heraus, nahm sein Schwert und hieb
sich selbst den Kopf ab, damit der Feind ihn nicht erkennen möge.
Alle seine Begleiter, die ihn noch überlebten, folgten seinem Beispiel.
Als man den Haufen kopfloser Leichname näher untersuchte, fand
man bei einem in einem Beutel den eigenhändigen Auftrag des Go-
Daigô, die Rebellen zu unterwerfen, und erkannte ihn damit. Er
wurde bei Fuchiu begraben, den Kopf aber sandte man nach Kiôto
und stellte ihn hier auf einem Pfahle öffentlich aus. Nitta Yoshisada
war erst 38 Jahre alt, als er starb. Sein ritterlicher Sinn, sein grosser
Heldenmuth und die unwandelbare Treue, mit welcher er seinem
Herrn zugethan war, haben ihm neben Yoshitsune, Kusunoki Masa-
shige und verschiedenen anderen Helden des japanischen Mittelalters
in der Achtung der Nachwelt einen hervorragenden Platz gesichert.
In Mutsu und Dewa verfügten die Anhänger der kaiserlichen
Sache über grössere Streitkräfte. Geführt vom jungen Takaye,
dem Sohne des Minamoto Akiye, erfochten sie sogar einige glänzende
Siege vor den Thoren von Kamakura. Unerfahrenheit, jugendliches
Ungestüm und der Wunsch, möglichst bald mit dem jüngeren Kusu-
noki in Yoshino zusammenzutreffen, verleiteten Takaye zu einem
Marsche gegen Kiôto, auf welchem er im Alter von 21 Jahren Schlacht
und Leben verlor.
Von den ferneren Ereignissen dieser Periode mögen hier nur die
wichtigsten weiter Erwähnung finden.
Go-Daigô-Tennô starb in Yoshino und überliess das bestrittene
Erbe seinem zwölfjährigen Sohne Norinaga, der nun als 97. Mikado
unter dem posthumen Titel Go-Murakami-Tennô 34 Jahre lang
(von 1339—1374) in Yoshino residiert, eine verhältnissmässig lange
Periode. Die officielle »Histoire du Japon«, welche gelegentlich der
letzten Pariser Ausstellung erschien, weiss wenig Nennenswerthes aus
ihr zu berichten. Die hervorragenden Helden von der kaiserlichen
Seite waren bald alle gestorben und das Ansehen der südlichen
Dynastie mit ihnen mehr und mehr geschwunden. Auf der an-
deren Seite abdicierte Kômiyo-Tennô 1349 zu Gunsten seines Neffen
Shûkô-Tennô, der aber schon nach drei Jahren abgesetzt wurde.
Ihm folgte von 1352—1371 Go-Kuwô-Tennô. Bald darauf starb,
53 Jahre alt, Ashikaga-Takauji. Ihm folgte sein Sohn Yoshimori
(1359—1367), worauf derselbe zu Gunsten seines Enkels Yoshimitsu
abdankte. Dieser regierte als Tai-Shôgun von 1367—1393, wo
er im Alter von 37 Jahren ebenfalls abdankte. Sein Tod fällt in
das Jahr 1409. Dies ist der grosse Ashikaga, welchen sein Gross-
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/322>, abgerufen am 16.02.2025.
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