Aus der Classe Chiroptera (japanisch Komori) werden 10 Japan angehörende Arten beschrieben, darunter 2 Frugivoren, welche sich von ihren malayischen Verwandten jedoch nur bis zum südlichen Kiushiu, beziehungsweise bis Muninto entfernen. Unter den eigent- lichen Fledermäusen kommt keine auch nur annähernd so häufig vor, wie die Zwergfledermaus (Vesperugo pipistrellus Buff.) bei uns.
Insectenfresser kennt man 6 Arten, den Gattungen Talpa, Urotrichus, Crossopus und Sorex angehörend, während der noch in China verbreitete Igel fehlt. Der japanische Maulwurf, Talpa Wogura Tem. und Schl. (japanisch Mugura), steht seinem europäischen Ver- wandten sehr nahe, hat aber ein helleres, fast graues Kleid. In der Färbung dem unserigen ähnlicher, ein interessantes Uebergangsglied zu den Spitzmäusen, mit denen er in Gebiss und Schnauzenbildung übereinstimmt, ist Urotrichus talpoides Tem., ein Thier von nur 31/2 Zoll Länge, das in mittleren Gebirgslandschaften wohnt, auf allen grossen Inseln, doch nirgends häufig vorkommt, keine Hügel aufwirft und von den Eingeborenen passend Yama-mugura (Bergmaulwurf) genannt wird. Eine grössere Spitzmaus, welche nicht blos die Ufer der Bäche, sondern auch die Ränder der Gebirgsquellen bewohnt, ist Crossopus platycephalus, die Kawa-nedzumi (Flussratte) der Japaner.
Von eigentlichen Raubthieren weist das Land sehr interessante Arten des Bären-, Hunde- und Mardergeschlechtes auf, während wilde Katzenarten fehlen *). Wenn der Tiger (tora) in Abbildungen und Sprichwörtern häufig wiederkehrt, so sind dies Uebertragungen aus China durch den Buddhismus und chinesischen Zodiacus, aber keines- wegs Andeutungen auf ein früheres Vorkommen. Bären (kuma) kennt man 3 Arten, den Kuma (Ursus jap. Schl.), den Oki-kuma oder Aka-kuma (Ursus ferox) und den Eisbären (Ursus maritimus). Letzterer verliert sich jedoch nur selten mit der arktischen Strömung (aus der Beringsstrasse?) nach den Kurilen.
Der Kuma oder gemeine japanische Bär, schwarz bis auf einen weissen Flecken an der Kehle, erreicht 2 Meter Länge und findet sich in allen höheren Gebirgen ziemlich häufig, besonders in den Randgebirgen von Aidzu. Sein Fell wird oft zum Kauf ausgeboten, sein Fleisch frisch und geräuchert gegessen, wie das seiner Ver- wandten. Der Shiguma (auch der grosse Bär, Oki-kuma, oder rothe Bär, Aka-kuma, genannt) ist der braune Yezo-Bär, der Grisly Nord- amerikas. Derselbe bewohnt Yezo und die Kurilen und ist dort noch sehr häufig. Die Ainos tödten ihn, wie die Hirsche, mit vergifteten
*)Wallace ist in dieser Beziehung falsch belehrt.
Säugethiere.
Aus der Classe Chiroptera (japanisch Komori) werden 10 Japan angehörende Arten beschrieben, darunter 2 Frugivoren, welche sich von ihren malayischen Verwandten jedoch nur bis zum südlichen Kiushiu, beziehungsweise bis Munintô entfernen. Unter den eigent- lichen Fledermäusen kommt keine auch nur annähernd so häufig vor, wie die Zwergfledermaus (Vesperugo pipistrellus Buff.) bei uns.
Insectenfresser kennt man 6 Arten, den Gattungen Talpa, Urotrichus, Crossopus und Sorex angehörend, während der noch in China verbreitete Igel fehlt. Der japanische Maulwurf, Talpa Wogura Tem. und Schl. (japanisch Mugura), steht seinem europäischen Ver- wandten sehr nahe, hat aber ein helleres, fast graues Kleid. In der Färbung dem unserigen ähnlicher, ein interessantes Uebergangsglied zu den Spitzmäusen, mit denen er in Gebiss und Schnauzenbildung übereinstimmt, ist Urotrichus talpoides Tem., ein Thier von nur 3½ Zoll Länge, das in mittleren Gebirgslandschaften wohnt, auf allen grossen Inseln, doch nirgends häufig vorkommt, keine Hügel aufwirft und von den Eingeborenen passend Yama-mugura (Bergmaulwurf) genannt wird. Eine grössere Spitzmaus, welche nicht blos die Ufer der Bäche, sondern auch die Ränder der Gebirgsquellen bewohnt, ist Crossopus platycephalus, die Kawa-nedzumi (Flussratte) der Japaner.
Von eigentlichen Raubthieren weist das Land sehr interessante Arten des Bären-, Hunde- und Mardergeschlechtes auf, während wilde Katzenarten fehlen *). Wenn der Tiger (tora) in Abbildungen und Sprichwörtern häufig wiederkehrt, so sind dies Uebertragungen aus China durch den Buddhismus und chinesischen Zodiacus, aber keines- wegs Andeutungen auf ein früheres Vorkommen. Bären (kuma) kennt man 3 Arten, den Kuma (Ursus jap. Schl.), den Oki-kuma oder Aka-kuma (Ursus ferox) und den Eisbären (Ursus maritimus). Letzterer verliert sich jedoch nur selten mit der arktischen Strömung (aus der Beringsstrasse?) nach den Kurilen.
Der Kuma oder gemeine japanische Bär, schwarz bis auf einen weissen Flecken an der Kehle, erreicht 2 Meter Länge und findet sich in allen höheren Gebirgen ziemlich häufig, besonders in den Randgebirgen von Aidzu. Sein Fell wird oft zum Kauf ausgeboten, sein Fleisch frisch und geräuchert gegessen, wie das seiner Ver- wandten. Der Shiguma (auch der grosse Bär, Oki-kuma, oder rothe Bär, Aka-kuma, genannt) ist der braune Yezo-Bär, der Grisly Nord- amerikas. Derselbe bewohnt Yezo und die Kurilen und ist dort noch sehr häufig. Die Ainos tödten ihn, wie die Hirsche, mit vergifteten
*)Wallace ist in dieser Beziehung falsch belehrt.
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Säugethiere.
Aus der Classe Chiroptera (japanisch Komori) werden 10 Japan
angehörende Arten beschrieben, darunter 2 Frugivoren, welche sich
von ihren malayischen Verwandten jedoch nur bis zum südlichen
Kiushiu, beziehungsweise bis Munintô entfernen. Unter den eigent-
lichen Fledermäusen kommt keine auch nur annähernd so häufig vor,
wie die Zwergfledermaus (Vesperugo pipistrellus Buff.) bei uns.
Insectenfresser kennt man 6 Arten, den Gattungen Talpa,
Urotrichus, Crossopus und Sorex angehörend, während der noch in
China verbreitete Igel fehlt. Der japanische Maulwurf, Talpa Wogura
Tem. und Schl. (japanisch Mugura), steht seinem europäischen Ver-
wandten sehr nahe, hat aber ein helleres, fast graues Kleid. In der
Färbung dem unserigen ähnlicher, ein interessantes Uebergangsglied
zu den Spitzmäusen, mit denen er in Gebiss und Schnauzenbildung
übereinstimmt, ist Urotrichus talpoides Tem., ein Thier von nur
3½ Zoll Länge, das in mittleren Gebirgslandschaften wohnt, auf allen
grossen Inseln, doch nirgends häufig vorkommt, keine Hügel aufwirft
und von den Eingeborenen passend Yama-mugura (Bergmaulwurf)
genannt wird. Eine grössere Spitzmaus, welche nicht blos die Ufer
der Bäche, sondern auch die Ränder der Gebirgsquellen bewohnt, ist
Crossopus platycephalus, die Kawa-nedzumi (Flussratte) der Japaner.
Von eigentlichen Raubthieren weist das Land sehr interessante
Arten des Bären-, Hunde- und Mardergeschlechtes auf, während wilde
Katzenarten fehlen *). Wenn der Tiger (tora) in Abbildungen und
Sprichwörtern häufig wiederkehrt, so sind dies Uebertragungen aus
China durch den Buddhismus und chinesischen Zodiacus, aber keines-
wegs Andeutungen auf ein früheres Vorkommen. Bären (kuma)
kennt man 3 Arten, den Kuma (Ursus jap. Schl.), den Oki-kuma
oder Aka-kuma (Ursus ferox) und den Eisbären (Ursus maritimus).
Letzterer verliert sich jedoch nur selten mit der arktischen Strömung
(aus der Beringsstrasse?) nach den Kurilen.
Der Kuma oder gemeine japanische Bär, schwarz bis auf einen
weissen Flecken an der Kehle, erreicht 2 Meter Länge und findet
sich in allen höheren Gebirgen ziemlich häufig, besonders in den
Randgebirgen von Aidzu. Sein Fell wird oft zum Kauf ausgeboten,
sein Fleisch frisch und geräuchert gegessen, wie das seiner Ver-
wandten. Der Shiguma (auch der grosse Bär, Oki-kuma, oder rothe
Bär, Aka-kuma, genannt) ist der braune Yezo-Bär, der Grisly Nord-
amerikas. Derselbe bewohnt Yezo und die Kurilen und ist dort noch
sehr häufig. Die Ainos tödten ihn, wie die Hirsche, mit vergifteten
*) Wallace ist in dieser Beziehung falsch belehrt.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/227>, abgerufen am 24.11.2024.
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