(P. Massoniana Lamb.) sind die häufigsten Coniferen des Landes und bilden sowohl jede für sich als auch gemischt die lichten Nadelwälder der unteren Region, des alten Dünensandes und der unfruchtbaren Hügel. Auf Wälder aus diesen Kiefern fällt der Blick des Ankömm- lings in einem der offenen Häfen, so wie dessen, der das Binnen- meer durchfährt. So ist es denn leicht erklärlich, dass sich allge- mein die irrige Ansicht verbreitet hat, es herrsche in Japan der Nadelwald vor. Solche in der Regel wenig ausgedehnte Kiefern- waldungen trifft man ausnahmsweise im Gebirge noch in einer Höhe von 1500 Meter. Ausser ihren beiden Bestandtheilen und dem alpinen Knieholze kommt, wenigstens auf den drei grossen südlichen Inseln, keine weitere wildwachsende Kiefer vor.
In einer Höhe von 500--1000 Meter treffen wir die Heimath der schönsten japanischen Nadelhölzer mit dem geschätztesten Holze zugleich für bauliche und sonstige technische Zwecke, Wälder aus Sugi (Cryptomeria japonica Don.), Hi-no-ki (Chamaecyparis obtusa Endl.), Sawara (Ch. pisifera Endl.) und Hiba (Thujopsis dolabrata S. und Z.).
Alle diese Bäume lieben geschützte Thaleinschnitte und Mulden. Das endemische Vorkommen der Cryptomerie dürfte nur ausnahms- weise den 36. Breitegrad erreichen; angepflanzt findet man sie da- gegen ausser den Kiefern viel häufiger als jeden anderen Waldbaum und noch in stattlichen Exemplaren auf der Insel Yezo. Es ist der Stolz der Tempelhaine, die grösste Zier japanischer Alleen, insbe- sondere jener berühmten am Wege von Tokio nach Nikko. Viel häu- figer trifft man die beiden Cypressen, die auch noch viel höher em- porsteigen, in vereinzelten Exemplaren noch bis 1600 Meter, und selbst der dritte Lebensbaum im Bunde, der Hiba, ist nicht selten im mittleren Japan. Die schönsten Cypressenwälder besitzen Shinano und Hida, doch hat auch hier die Axt schon sehr gelichtet. Das Holz dieser Bäume, insbesondere der Sonnencypresse (Hi-no-ki) ist seiner weissen Farbe und anderer guten Eigenschaften wegen für Lackwaaren sehr gesucht; auch dient es zum Bau der Shinto-Tempel. Auf dem Koya-san in Kiushiu folgt nach einem schönen Mischwalde von Hi-no-ki und Sugi ein Hain aus stattlichen Bäumen der Sciado- pitys verticillata S. und Z., welcher den berühmten Tempelort theil- weise umgibt. Der Baum heisst hiernach der Podocarpus von Koya (Koya-maki) und ist hier wie anderwärts, wo er spärlich vorkommt, ohne Zweifel angebaut. Er erreicht 15--20 Meter Höhe und 1 Meter Stammumfang, also viel stattlichere Dimensionen, als v. Siebold angibt.
VII. Die Flora der japanischen Inseln.
(P. Massoniana Lamb.) sind die häufigsten Coniferen des Landes und bilden sowohl jede für sich als auch gemischt die lichten Nadelwälder der unteren Region, des alten Dünensandes und der unfruchtbaren Hügel. Auf Wälder aus diesen Kiefern fällt der Blick des Ankömm- lings in einem der offenen Häfen, so wie dessen, der das Binnen- meer durchfährt. So ist es denn leicht erklärlich, dass sich allge- mein die irrige Ansicht verbreitet hat, es herrsche in Japan der Nadelwald vor. Solche in der Regel wenig ausgedehnte Kiefern- waldungen trifft man ausnahmsweise im Gebirge noch in einer Höhe von 1500 Meter. Ausser ihren beiden Bestandtheilen und dem alpinen Knieholze kommt, wenigstens auf den drei grossen südlichen Inseln, keine weitere wildwachsende Kiefer vor.
In einer Höhe von 500—1000 Meter treffen wir die Heimath der schönsten japanischen Nadelhölzer mit dem geschätztesten Holze zugleich für bauliche und sonstige technische Zwecke, Wälder aus Sugi (Cryptomeria japonica Don.), Hi-no-ki (Chamaecyparis obtusa Endl.), Sawara (Ch. pisifera Endl.) und Hiba (Thujopsis dolabrata S. und Z.).
Alle diese Bäume lieben geschützte Thaleinschnitte und Mulden. Das endemische Vorkommen der Cryptomerie dürfte nur ausnahms- weise den 36. Breitegrad erreichen; angepflanzt findet man sie da- gegen ausser den Kiefern viel häufiger als jeden anderen Waldbaum und noch in stattlichen Exemplaren auf der Insel Yezo. Es ist der Stolz der Tempelhaine, die grösste Zier japanischer Alleen, insbe- sondere jener berühmten am Wege von Tôkio nach Nikkô. Viel häu- figer trifft man die beiden Cypressen, die auch noch viel höher em- porsteigen, in vereinzelten Exemplaren noch bis 1600 Meter, und selbst der dritte Lebensbaum im Bunde, der Hiba, ist nicht selten im mittleren Japan. Die schönsten Cypressenwälder besitzen Shinano und Hida, doch hat auch hier die Axt schon sehr gelichtet. Das Holz dieser Bäume, insbesondere der Sonnencypresse (Hi-no-ki) ist seiner weissen Farbe und anderer guten Eigenschaften wegen für Lackwaaren sehr gesucht; auch dient es zum Bau der Shinto-Tempel. Auf dem Koya-san in Kiushiu folgt nach einem schönen Mischwalde von Hi-no-ki und Sugi ein Hain aus stattlichen Bäumen der Sciado- pitys verticillata S. und Z., welcher den berühmten Tempelort theil- weise umgibt. Der Baum heisst hiernach der Podocarpus von Koya (Koya-maki) und ist hier wie anderwärts, wo er spärlich vorkommt, ohne Zweifel angebaut. Er erreicht 15—20 Meter Höhe und 1 Meter Stammumfang, also viel stattlichere Dimensionen, als v. Siebold angibt.
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VII. Die Flora der japanischen Inseln.
(P. Massoniana Lamb.) sind die häufigsten Coniferen des Landes und
bilden sowohl jede für sich als auch gemischt die lichten Nadelwälder
der unteren Region, des alten Dünensandes und der unfruchtbaren
Hügel. Auf Wälder aus diesen Kiefern fällt der Blick des Ankömm-
lings in einem der offenen Häfen, so wie dessen, der das Binnen-
meer durchfährt. So ist es denn leicht erklärlich, dass sich allge-
mein die irrige Ansicht verbreitet hat, es herrsche in Japan der
Nadelwald vor. Solche in der Regel wenig ausgedehnte Kiefern-
waldungen trifft man ausnahmsweise im Gebirge noch in einer Höhe
von 1500 Meter. Ausser ihren beiden Bestandtheilen und dem alpinen
Knieholze kommt, wenigstens auf den drei grossen südlichen Inseln,
keine weitere wildwachsende Kiefer vor.
In einer Höhe von 500—1000 Meter treffen wir die Heimath
der schönsten japanischen Nadelhölzer mit dem geschätztesten Holze
zugleich für bauliche und sonstige technische Zwecke, Wälder aus
Sugi (Cryptomeria japonica Don.), Hi-no-ki (Chamaecyparis obtusa
Endl.), Sawara (Ch. pisifera Endl.) und Hiba (Thujopsis dolabrata
S. und Z.).
Alle diese Bäume lieben geschützte Thaleinschnitte und Mulden.
Das endemische Vorkommen der Cryptomerie dürfte nur ausnahms-
weise den 36. Breitegrad erreichen; angepflanzt findet man sie da-
gegen ausser den Kiefern viel häufiger als jeden anderen Waldbaum
und noch in stattlichen Exemplaren auf der Insel Yezo. Es ist der
Stolz der Tempelhaine, die grösste Zier japanischer Alleen, insbe-
sondere jener berühmten am Wege von Tôkio nach Nikkô. Viel häu-
figer trifft man die beiden Cypressen, die auch noch viel höher em-
porsteigen, in vereinzelten Exemplaren noch bis 1600 Meter, und
selbst der dritte Lebensbaum im Bunde, der Hiba, ist nicht selten
im mittleren Japan. Die schönsten Cypressenwälder besitzen Shinano
und Hida, doch hat auch hier die Axt schon sehr gelichtet. Das
Holz dieser Bäume, insbesondere der Sonnencypresse (Hi-no-ki) ist
seiner weissen Farbe und anderer guten Eigenschaften wegen für
Lackwaaren sehr gesucht; auch dient es zum Bau der Shinto-Tempel.
Auf dem Koya-san in Kiushiu folgt nach einem schönen Mischwalde
von Hi-no-ki und Sugi ein Hain aus stattlichen Bäumen der Sciado-
pitys verticillata S. und Z., welcher den berühmten Tempelort theil-
weise umgibt. Der Baum heisst hiernach der Podocarpus von Koya
(Koya-maki) und ist hier wie anderwärts, wo er spärlich vorkommt,
ohne Zweifel angebaut. Er erreicht 15—20 Meter Höhe und 1 Meter
Stammumfang, also viel stattlichere Dimensionen, als v. Siebold
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/194>, abgerufen am 23.11.2024.
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