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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

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Fallthür in ein tiefes Plongirbad. Nach Swie-
ten
und Boerhaave *) soll man den Kranken
solang untertauchen, bis eine Asphyxie erfolgt.
Freilich kann dadurch die Temperatur der Erreg-
barkeit abgeändert werden, wenn man nur im
Stande wäre, das gehörige Maass richtig zu
treffen.

Allein mit dieser Behandlungsart der Rasenden
collidirt nicht selten die Nothwendigkeit
sie zu zähmen
. Die meisten Zähmungsmit-
tel bringen sie entweder auf, oder hemmen die
Aeusserungen ihrer Krankheit, durch welche sie
sich des Ueberflusses ihrer Kräfte entladen. Bei-
des ist schädlich. Es gehört daher vorzüglich
zum Geschäfft des psychischen Arztes, solche
Zähmungen zu erfinden, die dies entweder gar
nicht oder am wenigsten thun. Das Binden,
die Zwangswesten, das Einsperren in Tollkoben
und das Anschliessen an Ketten ist meistens
zweckwidrig, besonders solang als man noch
Hoffnung hat, den Kranken zu heilen. Für un-
heilbare Rasende in den Aufbewahrungsanstalten
müssen noch eigene Mittel erfunden werden.
Die Zähmungen haben keinen andern Zweck, als
dass der Kranke sich und andern nicht schade.
Ueber denselben dürfen sie also auch nicht hin-
ausgehn. Meistens ist ein freier Platz oder ein
bewegliches Rad zureichend. In bösen Fällen
legt man ihm eine Zwangsweste an, oder einen

*) Comm. §. 1125.
B b

Fallthür in ein tiefes Plongirbad. Nach Swie-
ten
und Boerhaave *) ſoll man den Kranken
ſolang untertauchen, bis eine Asphyxie erfolgt.
Freilich kann dadurch die Temperatur der Erreg-
barkeit abgeändert werden, wenn man nur im
Stande wäre, das gehörige Maaſs richtig zu
treffen.

Allein mit dieſer Behandlungsart der Raſenden
collidirt nicht ſelten die Nothwendigkeit
ſie zu zähmen
. Die meiſten Zähmungsmit-
tel bringen ſie entweder auf, oder hemmen die
Aeuſserungen ihrer Krankheit, durch welche ſie
ſich des Ueberfluſſes ihrer Kräfte entladen. Bei-
des iſt ſchädlich. Es gehört daher vorzüglich
zum Geſchäfft des pſychiſchen Arztes, ſolche
Zähmungen zu erfinden, die dies entweder gar
nicht oder am wenigſten thun. Das Binden,
die Zwangsweſten, das Einſperren in Tollkoben
und das Anſchlieſsen an Ketten iſt meiſtens
zweckwidrig, beſonders ſolang als man noch
Hoffnung hat, den Kranken zu heilen. Für un-
heilbare Raſende in den Aufbewahrungsanſtalten
müſſen noch eigene Mittel erfunden werden.
Die Zähmungen haben keinen andern Zweck, als
daſs der Kranke ſich und andern nicht ſchade.
Ueber denſelben dürfen ſie alſo auch nicht hin-
ausgehn. Meiſtens iſt ein freier Platz oder ein
bewegliches Rad zureichend. In böſen Fällen
legt man ihm eine Zwangsweſte an, oder einen

*) Comm. §. 1125.
B b
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[385/0390] Fallthür in ein tiefes Plongirbad. Nach Swie- ten und Boerhaave *) ſoll man den Kranken ſolang untertauchen, bis eine Asphyxie erfolgt. Freilich kann dadurch die Temperatur der Erreg- barkeit abgeändert werden, wenn man nur im Stande wäre, das gehörige Maaſs richtig zu treffen. Allein mit dieſer Behandlungsart der Raſenden collidirt nicht ſelten die Nothwendigkeit ſie zu zähmen. Die meiſten Zähmungsmit- tel bringen ſie entweder auf, oder hemmen die Aeuſserungen ihrer Krankheit, durch welche ſie ſich des Ueberfluſſes ihrer Kräfte entladen. Bei- des iſt ſchädlich. Es gehört daher vorzüglich zum Geſchäfft des pſychiſchen Arztes, ſolche Zähmungen zu erfinden, die dies entweder gar nicht oder am wenigſten thun. Das Binden, die Zwangsweſten, das Einſperren in Tollkoben und das Anſchlieſsen an Ketten iſt meiſtens zweckwidrig, beſonders ſolang als man noch Hoffnung hat, den Kranken zu heilen. Für un- heilbare Raſende in den Aufbewahrungsanſtalten müſſen noch eigene Mittel erfunden werden. Die Zähmungen haben keinen andern Zweck, als daſs der Kranke ſich und andern nicht ſchade. Ueber denſelben dürfen ſie alſo auch nicht hin- ausgehn. Meiſtens iſt ein freier Platz oder ein bewegliches Rad zureichend. In böſen Fällen legt man ihm eine Zwangsweſte an, oder einen *) Comm. §. 1125. B b

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Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/390>, abgerufen am 29.11.2024.