ven dienen als Organe des Gemeingefühls und der Bewegung. Einige derselben scheinen ausserdem noch einen bedeutenden Einfluss auf die Erregung der Triebe und Instinkte zu haben. Das Gehirn ist eigentliche Werkstätte des Denkens und ver- ständigen Wollens, das ganze System Organ des Gefühls. Die Funktionen kreuzen sie also über- all, selten kommen isolirte Störungen vor; und wo es geschieht, können wir aus denselben nicht auf eine bestimmte Natur derjenigen Krankheit schliessen, von welcher sie Product sind.
Die Seele, als vorstellende Kraft, stellt sich den Zustand ihres Körpers durch den Inbegriff des ganzen Nervensystems, die Welt durch die Sinnorgane vor, und reproducirt in einer mannichfaltigen Ordnung diese Vorstellun- gen des Gemeingefühls und der Sinnorgane, ohne äusseres Object, vorzüglich wol durch die Mit- wirkung des Gehirns. Nach Maassgabe dieser verschiedenen Organe entstehn Vorstellungen des Gemeingefühls, der Sinnorgane und der Imagination. Durch dieselben wird sie sich ihres dreifachen Zustandes, ihrer Verbin- dung mit ihrem Körper, als mit dem ihrigen, mit der Welt, und ihrer eignen Veränderungen be- wusst, sofern sie nemlich obige Vorstellungen als subjektive Zustände in sich zu denken genöthigt ist. Es entstehn innere Gründe, die zum Handeln nöthigen, theils im Gefolge obiger Vorstellungen, theils ohne dieselben, von bloss thierischen, oft
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ven dienen als Organe des Gemeingefühls und der Bewegung. Einige derſelben ſcheinen auſserdem noch einen bedeutenden Einfluſs auf die Erregung der Triebe und Inſtinkte zu haben. Das Gehirn iſt eigentliche Werkſtätte des Denkens und ver- ſtändigen Wollens, das ganze Syſtem Organ des Gefühls. Die Funktionen kreuzen ſie alſo über- all, ſelten kommen iſolirte Störungen vor; und wo es geſchieht, können wir aus denſelben nicht auf eine beſtimmte Natur derjenigen Krankheit ſchlieſsen, von welcher ſie Product ſind.
Die Seele, als vorſtellende Kraft, ſtellt ſich den Zuſtand ihres Körpers durch den Inbegriff des ganzen Nervenſyſtems, die Welt durch die Sinnorgane vor, und reproducirt in einer mannichfaltigen Ordnung dieſe Vorſtellun- gen des Gemeingefühls und der Sinnorgane, ohne äuſseres Object, vorzüglich wol durch die Mit- wirkung des Gehirns. Nach Maaſsgabe dieſer verſchiedenen Organe entſtehn Vorſtellungen des Gemeingefühls, der Sinnorgane und der Imagination. Durch dieſelben wird ſie ſich ihres dreifachen Zuſtandes, ihrer Verbin- dung mit ihrem Körper, als mit dem ihrigen, mit der Welt, und ihrer eignen Veränderungen be- wuſst, ſofern ſie nemlich obige Vorſtellungen als ſubjektive Zuſtände in ſich zu denken genöthigt iſt. Es entſtehn innere Gründe, die zum Handeln nöthigen, theils im Gefolge obiger Vorſtellungen, theils ohne dieſelben, von bloſs thieriſchen, oft
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ven dienen als Organe des Gemeingefühls und der
Bewegung. Einige derſelben ſcheinen auſserdem
noch einen bedeutenden Einfluſs auf die Erregung
der Triebe und Inſtinkte zu haben. Das Gehirn
iſt eigentliche Werkſtätte des Denkens und ver-
ſtändigen Wollens, das ganze Syſtem Organ des
Gefühls. Die Funktionen kreuzen ſie alſo über-
all, ſelten kommen iſolirte Störungen vor; und
wo es geſchieht, können wir aus denſelben nicht
auf eine beſtimmte Natur derjenigen Krankheit
ſchlieſsen, von welcher ſie Product ſind.
Die Seele, als vorſtellende Kraft,
ſtellt ſich den Zuſtand ihres Körpers durch den
Inbegriff des ganzen Nervenſyſtems, die Welt
durch die Sinnorgane vor, und reproducirt in
einer mannichfaltigen Ordnung dieſe Vorſtellun-
gen des Gemeingefühls und der Sinnorgane, ohne
äuſseres Object, vorzüglich wol durch die Mit-
wirkung des Gehirns. Nach Maaſsgabe dieſer
verſchiedenen Organe entſtehn Vorſtellungen des
Gemeingefühls, der Sinnorgane und der
Imagination. Durch dieſelben wird ſie ſich
ihres dreifachen Zuſtandes, ihrer Verbin-
dung mit ihrem Körper, als mit dem ihrigen, mit
der Welt, und ihrer eignen Veränderungen be-
wuſst, ſofern ſie nemlich obige Vorſtellungen als
ſubjektive Zuſtände in ſich zu denken genöthigt
iſt. Es entſtehn innere Gründe, die zum Handeln
nöthigen, theils im Gefolge obiger Vorſtellungen,
theils ohne dieſelben, von bloſs thieriſchen, oft
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/262>, abgerufen am 24.11.2024.
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