dieselben unmittelbar erregen, ihre Entstehung begünstigen, oder dieselbe direct bewirken.
Die absolut äusseren Potenzen, welche Wahnsinn verursachen, übergehe ich. Ihr Ver- hältniss zum Wahnsinn ist so einfach und die Mittel, ihnen zu begegnen, sind so leicht zu finden, dass dieser Gegenstand keiner weiteren Erörterung bedarf. Schwieriger und verwickel- ter sind die Beziehungen der inneren Zustände des Menschen auf Geisteszerrüttungen. Wir können sie als Affectionen des physischen, sinn- lichen, moralischen und intellectuellen Menschen betrachten. In der letzten Beziehung gehören auch die psychigischen Entwickelungen des Wahnsinns, nach der Einrichtung der sinnlichen, intellectuellen und moralischen Natur des Men- schen, hierher. Alle relativ inneren Ursachen des Wahnsinns sind Krankheiten des Körpers, die der Seele durchs Gemeingefühl vorgestellt werden, überspannte Reizbarkeit der ganzen Organisation, die meistens mit einer überwiegen- den Sinnlichkeit verknüpft ist, Krankheiten der Sinne, anomalische Instinkte und Triebe, Mangel oder schiefe Cultur des Verstandes, Aberglaube, Unglaube, Schwärmerey, Bigotterie u. s. w., die den Menschen von der Bahn des gesunden Ver- standes wegrücken.
Alle entfernten Ursachen der Geisteszerrüt- tungen, sie mögen absolut äussere Dinge oder Zustände der Organisation seyn, sind entweder
dieſelben unmittelbar erregen, ihre Entſtehung begünſtigen, oder dieſelbe direct bewirken.
Die abſolut äuſseren Potenzen, welche Wahnſinn verurſachen, übergehe ich. Ihr Ver- hältniſs zum Wahnſinn iſt ſo einfach und die Mittel, ihnen zu begegnen, ſind ſo leicht zu finden, daſs dieſer Gegenſtand keiner weiteren Erörterung bedarf. Schwieriger und verwickel- ter ſind die Beziehungen der inneren Zuſtände des Menſchen auf Geiſteszerrüttungen. Wir können ſie als Affectionen des phyſiſchen, ſinn- lichen, moraliſchen und intellectuellen Menſchen betrachten. In der letzten Beziehung gehören auch die pſychigiſchen Entwickelungen des Wahnſinns, nach der Einrichtung der ſinnlichen, intellectuellen und moraliſchen Natur des Men- ſchen, hierher. Alle relativ inneren Urſachen des Wahnſinns ſind Krankheiten des Körpers, die der Seele durchs Gemeingefühl vorgeſtellt werden, überſpannte Reizbarkeit der ganzen Organiſation, die meiſtens mit einer überwiegen- den Sinnlichkeit verknüpft iſt, Krankheiten der Sinne, anomaliſche Inſtinkte und Triebe, Mangel oder ſchiefe Cultur des Verſtandes, Aberglaube, Unglaube, Schwärmerey, Bigotterie u. ſ. w., die den Menſchen von der Bahn des geſunden Ver- ſtandes wegrücken.
Alle entfernten Urſachen der Geiſteszerrüt- tungen, ſie mögen abſolut äuſsere Dinge oder Zuſtände der Organiſation ſeyn, ſind entweder
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dieſelben unmittelbar erregen, ihre Entſtehung
begünſtigen, oder dieſelbe direct bewirken.
Die abſolut äuſseren Potenzen, welche
Wahnſinn verurſachen, übergehe ich. Ihr Ver-
hältniſs zum Wahnſinn iſt ſo einfach und die
Mittel, ihnen zu begegnen, ſind ſo leicht zu
finden, daſs dieſer Gegenſtand keiner weiteren
Erörterung bedarf. Schwieriger und verwickel-
ter ſind die Beziehungen der inneren Zuſtände
des Menſchen auf Geiſteszerrüttungen. Wir
können ſie als Affectionen des phyſiſchen, ſinn-
lichen, moraliſchen und intellectuellen Menſchen
betrachten. In der letzten Beziehung gehören
auch die pſychigiſchen Entwickelungen des
Wahnſinns, nach der Einrichtung der ſinnlichen,
intellectuellen und moraliſchen Natur des Men-
ſchen, hierher. Alle relativ inneren Urſachen
des Wahnſinns ſind Krankheiten des Körpers,
die der Seele durchs Gemeingefühl vorgeſtellt
werden, überſpannte Reizbarkeit der ganzen
Organiſation, die meiſtens mit einer überwiegen-
den Sinnlichkeit verknüpft iſt, Krankheiten der
Sinne, anomaliſche Inſtinkte und Triebe, Mangel
oder ſchiefe Cultur des Verſtandes, Aberglaube,
Unglaube, Schwärmerey, Bigotterie u. ſ. w., die
den Menſchen von der Bahn des geſunden Ver-
ſtandes wegrücken.
Alle entfernten Urſachen der Geiſteszerrüt-
tungen, ſie mögen abſolut äuſsere Dinge oder
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/260>, abgerufen am 21.11.2024.
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