Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

aus, die durch Unglücksfälle gebeugt, und durch
böse Menschen verletzt sind. Durch sie sind wir
im Stande, die ganze Reihe angenehmer Affekten,
gute Laune, Zufriedenheit, Hoffnung, Fröhlich-
keit, Philanthropie, Zutrauen, Liebe und Dank-
barkeit und mit denselben eben so viele Trieb-
federn zu eigenmächtigen Handlungen in der Seele
zu wecken. Durch sie können wir endlich in
der Reconvalescenz auf die Phantasie und das
Associationsvermögen wirken und dem Verstande
eine Stütze geben, wenn er für sich allein noch
nicht im Stande ist, den Willen zweckmässig zu
bestimmen.

2) Körperliche Reize, in deren Gefolge
thierische Unlust entsteht. Fast alle unter
diese Classe begriffenen Mittel wirken als Krank-
heits-Ursachen, und die mit den erregten Krank-
heiten verbundenen unangenehmen Gefühle sind
die psychischen Effekte der Mittel, durch welche
wir den Geisteszerrüttungen zu begegnen suchen.

a) Das unangenehme Lebensgefühl,
welches tief auf die Seele wirkt und zu dessen
Erregung uns ein weites Feld offen steht. Wir
haben es in unserer Gewalt, durch Zulassung oder
Entziehung verschiedener Potenzen Krankheiten
hervorzubringen. Ein grosser Theil unsers Arz-
neivorraths, alle Gifte, viele andere mechanische
oder chemische Potenzen und die Mittheilungs-
methoden verschiedener Krankheitsstoffe sind,
Behufs dieses Zwecks in unseren Diensten. Die

aus, die durch Unglücksfälle gebeugt, und durch
böſe Menſchen verletzt ſind. Durch ſie ſind wir
im Stande, die ganze Reihe angenehmer Affekten,
gute Laune, Zufriedenheit, Hoffnung, Fröhlich-
keit, Philanthropie, Zutrauen, Liebe und Dank-
barkeit und mit denſelben eben ſo viele Trieb-
federn zu eigenmächtigen Handlungen in der Seele
zu wecken. Durch ſie können wir endlich in
der Reconvaleſcenz auf die Phantaſie und das
Aſſociationsvermögen wirken und dem Verſtande
eine Stütze geben, wenn er für ſich allein noch
nicht im Stande iſt, den Willen zweckmäſsig zu
beſtimmen.

2) Körperliche Reize, in deren Gefolge
thieriſche Unluſt entſteht. Faſt alle unter
dieſe Claſſe begriffenen Mittel wirken als Krank-
heits-Urſachen, und die mit den erregten Krank-
heiten verbundenen unangenehmen Gefühle ſind
die pſychiſchen Effekte der Mittel, durch welche
wir den Geiſteszerrüttungen zu begegnen ſuchen.

a) Das unangenehme Lebensgefühl,
welches tief auf die Seele wirkt und zu deſſen
Erregung uns ein weites Feld offen ſteht. Wir
haben es in unſerer Gewalt, durch Zulaſſung oder
Entziehung verſchiedener Potenzen Krankheiten
hervorzubringen. Ein groſser Theil unſers Arz-
neivorraths, alle Gifte, viele andere mechaniſche
oder chemiſche Potenzen und die Mittheilungs-
methoden verſchiedener Krankheitsſtoffe ſind,
Behufs dieſes Zwecks in unſeren Dienſten. Die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0193" n="188"/>
aus, die durch Unglücksfälle gebeugt, und durch<lb/>&#x017F;e Men&#x017F;chen verletzt &#x017F;ind. Durch &#x017F;ie &#x017F;ind wir<lb/>
im Stande, die ganze Reihe angenehmer Affekten,<lb/>
gute Laune, Zufriedenheit, Hoffnung, Fröhlich-<lb/>
keit, Philanthropie, Zutrauen, Liebe und Dank-<lb/>
barkeit und mit den&#x017F;elben eben &#x017F;o viele Trieb-<lb/>
federn zu eigenmächtigen Handlungen in der Seele<lb/>
zu wecken. Durch &#x017F;ie können wir endlich in<lb/>
der Reconvale&#x017F;cenz auf die Phanta&#x017F;ie und das<lb/>
A&#x017F;&#x017F;ociationsvermögen wirken und dem Ver&#x017F;tande<lb/>
eine Stütze geben, wenn er für &#x017F;ich allein noch<lb/>
nicht im Stande i&#x017F;t, den Willen zweckmä&#x017F;sig zu<lb/>
be&#x017F;timmen.</p><lb/>
          <p>2) Körperliche Reize, in deren Gefolge<lb/><hi rendition="#g">thieri&#x017F;che Unlu&#x017F;t</hi> ent&#x017F;teht. Fa&#x017F;t alle unter<lb/>
die&#x017F;e Cla&#x017F;&#x017F;e begriffenen Mittel wirken als Krank-<lb/>
heits-Ur&#x017F;achen, und die mit den erregten Krank-<lb/>
heiten verbundenen unangenehmen Gefühle &#x017F;ind<lb/>
die p&#x017F;ychi&#x017F;chen Effekte der Mittel, durch welche<lb/>
wir den Gei&#x017F;teszerrüttungen zu begegnen &#x017F;uchen.</p><lb/>
          <p>a) Das <hi rendition="#g">unangenehme Lebensgefühl</hi>,<lb/>
welches tief auf die Seele wirkt und zu de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Erregung uns ein weites Feld offen &#x017F;teht. Wir<lb/>
haben es in un&#x017F;erer Gewalt, durch Zula&#x017F;&#x017F;ung oder<lb/>
Entziehung ver&#x017F;chiedener Potenzen Krankheiten<lb/>
hervorzubringen. Ein gro&#x017F;ser Theil un&#x017F;ers Arz-<lb/>
neivorraths, alle Gifte, viele andere mechani&#x017F;che<lb/>
oder chemi&#x017F;che Potenzen und die Mittheilungs-<lb/>
methoden ver&#x017F;chiedener Krankheits&#x017F;toffe &#x017F;ind,<lb/>
Behufs die&#x017F;es Zwecks in un&#x017F;eren Dien&#x017F;ten. Die<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0193] aus, die durch Unglücksfälle gebeugt, und durch böſe Menſchen verletzt ſind. Durch ſie ſind wir im Stande, die ganze Reihe angenehmer Affekten, gute Laune, Zufriedenheit, Hoffnung, Fröhlich- keit, Philanthropie, Zutrauen, Liebe und Dank- barkeit und mit denſelben eben ſo viele Trieb- federn zu eigenmächtigen Handlungen in der Seele zu wecken. Durch ſie können wir endlich in der Reconvaleſcenz auf die Phantaſie und das Aſſociationsvermögen wirken und dem Verſtande eine Stütze geben, wenn er für ſich allein noch nicht im Stande iſt, den Willen zweckmäſsig zu beſtimmen. 2) Körperliche Reize, in deren Gefolge thieriſche Unluſt entſteht. Faſt alle unter dieſe Claſſe begriffenen Mittel wirken als Krank- heits-Urſachen, und die mit den erregten Krank- heiten verbundenen unangenehmen Gefühle ſind die pſychiſchen Effekte der Mittel, durch welche wir den Geiſteszerrüttungen zu begegnen ſuchen. a) Das unangenehme Lebensgefühl, welches tief auf die Seele wirkt und zu deſſen Erregung uns ein weites Feld offen ſteht. Wir haben es in unſerer Gewalt, durch Zulaſſung oder Entziehung verſchiedener Potenzen Krankheiten hervorzubringen. Ein groſser Theil unſers Arz- neivorraths, alle Gifte, viele andere mechaniſche oder chemiſche Potenzen und die Mittheilungs- methoden verſchiedener Krankheitsſtoffe ſind, Behufs dieſes Zwecks in unſeren Dienſten. Die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/193
Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/193>, abgerufen am 22.11.2024.