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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

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fühl des Kranken, bald mit einem guten Erfolg,
bald zum Nachtheil desselben. Man gebe dem
weltdummen Platoniker, der den Funken eines
höheren Wesens in den Tugenden des weiblichen
Geschlechts ahndet und darüber zum Narren
ward, eine Bordell-Nymphe zur Gesellschaft.
Ich zweifle nicht, sie wird ihn von seinem Wahn
bekehren, wenn er an sich dessen fähig ist, und
ihn bald von dem Gipfel seines Ideals an die Pfütze
unreiner Neigungen herablocken.

Endlich können wir noch dadurch angeneh-
me Körper-Gefühle wecken, dass wir die vor-
handenen Schmerzen wegnehmen. Wir kühlen
den erhitzten, erquicken den matten, schaffen
Ruhe dem angestrengten Kranken. Zu diesem
Behuf kann es zweckmässig seyn, ihm absicht-
lich Schmerzen zu erregen, um nachher als Erlö-
ser von denselben auftreten zu können. Wir
lassen ihn frieren, hungern, durften; erwär-
men ihn dann, und laben ihn mit Speise und
Trank.

Durch diese angenehmen Gefühle können
wir mancherley nützliche Zwecke in der Cur der
Irrenden erreichen. Durch sie ziehn wir den
Kranken, den wir vorher durch schmerzhafte
Reize zur Besonnenheit und zum Gehorsam ge-
bracht haben, wieder an uns heran. Durch sie
belohnen wir sein Wohlverhalten und stärken ihn
auf diesem Wege. Sie heitern Kranke auf, die
trübsinnig sind, und söhnen andere mit der Welt

fühl des Kranken, bald mit einem guten Erfolg,
bald zum Nachtheil deſſelben. Man gebe dem
weltdummen Platoniker, der den Funken eines
höheren Weſens in den Tugenden des weiblichen
Geſchlechts ahndet und darüber zum Narren
ward, eine Bordell-Nymphe zur Geſellſchaft.
Ich zweifle nicht, ſie wird ihn von ſeinem Wahn
bekehren, wenn er an ſich deſſen fähig iſt, und
ihn bald von dem Gipfel ſeines Ideals an die Pfütze
unreiner Neigungen herablocken.

Endlich können wir noch dadurch angeneh-
me Körper-Gefühle wecken, daſs wir die vor-
handenen Schmerzen wegnehmen. Wir kühlen
den erhitzten, erquicken den matten, ſchaffen
Ruhe dem angeſtrengten Kranken. Zu dieſem
Behuf kann es zweckmäſsig ſeyn, ihm abſicht-
lich Schmerzen zu erregen, um nachher als Erlö-
ſer von denſelben auftreten zu können. Wir
laſſen ihn frieren, hungern, durften; erwär-
men ihn dann, und laben ihn mit Speiſe und
Trank.

Durch dieſe angenehmen Gefühle können
wir mancherley nützliche Zwecke in der Cur der
Irrenden erreichen. Durch ſie ziehn wir den
Kranken, den wir vorher durch ſchmerzhafte
Reize zur Beſonnenheit und zum Gehorſam ge-
bracht haben, wieder an uns heran. Durch ſie
belohnen wir ſein Wohlverhalten und ſtärken ihn
auf dieſem Wege. Sie heitern Kranke auf, die
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[187/0192] fühl des Kranken, bald mit einem guten Erfolg, bald zum Nachtheil deſſelben. Man gebe dem weltdummen Platoniker, der den Funken eines höheren Weſens in den Tugenden des weiblichen Geſchlechts ahndet und darüber zum Narren ward, eine Bordell-Nymphe zur Geſellſchaft. Ich zweifle nicht, ſie wird ihn von ſeinem Wahn bekehren, wenn er an ſich deſſen fähig iſt, und ihn bald von dem Gipfel ſeines Ideals an die Pfütze unreiner Neigungen herablocken. Endlich können wir noch dadurch angeneh- me Körper-Gefühle wecken, daſs wir die vor- handenen Schmerzen wegnehmen. Wir kühlen den erhitzten, erquicken den matten, ſchaffen Ruhe dem angeſtrengten Kranken. Zu dieſem Behuf kann es zweckmäſsig ſeyn, ihm abſicht- lich Schmerzen zu erregen, um nachher als Erlö- ſer von denſelben auftreten zu können. Wir laſſen ihn frieren, hungern, durften; erwär- men ihn dann, und laben ihn mit Speiſe und Trank. Durch dieſe angenehmen Gefühle können wir mancherley nützliche Zwecke in der Cur der Irrenden erreichen. Durch ſie ziehn wir den Kranken, den wir vorher durch ſchmerzhafte Reize zur Beſonnenheit und zum Gehorſam ge- bracht haben, wieder an uns heran. Durch ſie belohnen wir ſein Wohlverhalten und ſtärken ihn auf dieſem Wege. Sie heitern Kranke auf, die trübſinnig ſind, und ſöhnen andere mit der Welt

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Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/192>, abgerufen am 25.11.2024.