weckt ehemalige Vorstellungen wieder mit dem Bewusstseyn, dass es die nemlichen sind, die schon einmal vorhanden waren. Jene knüpft an die vorhandenen andere aus dem Vorrath in der Seele an, nach dem Gesetze der Causalität, der Aehnlichkeit, des Contrastes und nach ihrer Verknüpfung, die sie in Zeit und Raum mit ein- ander hatten. Sie associirt denselben am leich- testen solche, die erst neuerdings associirt waren, die Interesse haben, die ursprünglich durch den Sinn des Gesichts producirt sind.
Direct können wir nur auf einen Theil des Vorstellungsvermögens, nemlich auf den äussern Sinn wirken. Wir bringen so starke und inter- essante Objekte in die Sphäre der Sinnlichkeit des Kranken, dass sie ihn nöthigen, sie anzuschauen. Allein der faselnde oder fixirte Kranke achtet derselben wenig, nimmt sie entweder gar nicht wahr, oder lässt sie als ihm gleichgültig bey Seite liegen. Nun ist es aber meistentheils unstatthaft, den Sinnesanschauungen dadurch ein Interesse zu verschaffen, dass wir sie mit dem Inhalt seiner Verrücktheit in Verbindung bringen. Wir müs- sen ihn daher durch Zwang nöthigen, sie zu beach- ten, wie ich unten sagen werde, oder Sinnesan- schauungen, z. B. lange und gellende Töne wecken, die zugleich das Gefühlsvermögen afficiren, oder sie mit zufälligen Gefühlen in eine solche Verbindung stellen, die der Kranke für wesentlich hält, oder endlich solche Objekte vor-
weckt ehemalige Vorſtellungen wieder mit dem Bewuſstſeyn, daſs es die nemlichen ſind, die ſchon einmal vorhanden waren. Jene knüpft an die vorhandenen andere aus dem Vorrath in der Seele an, nach dem Geſetze der Cauſalität, der Aehnlichkeit, des Contraſtes und nach ihrer Verknüpfung, die ſie in Zeit und Raum mit ein- ander hatten. Sie aſſociirt denſelben am leich- teſten ſolche, die erſt neuerdings aſſociirt waren, die Intereſſe haben, die urſprünglich durch den Sinn des Geſichts producirt ſind.
Direct können wir nur auf einen Theil des Vorſtellungsvermögens, nemlich auf den äuſsern Sinn wirken. Wir bringen ſo ſtarke und inter- eſſante Objekte in die Sphäre der Sinnlichkeit des Kranken, daſs ſie ihn nöthigen, ſie anzuſchauen. Allein der faſelnde oder fixirte Kranke achtet derſelben wenig, nimmt ſie entweder gar nicht wahr, oder läſst ſie als ihm gleichgültig bey Seite liegen. Nun iſt es aber meiſtentheils unſtatthaft, den Sinnesanſchauungen dadurch ein Intereſſe zu verſchaffen, daſs wir ſie mit dem Inhalt ſeiner Verrücktheit in Verbindung bringen. Wir müſ- ſen ihn daher durch Zwang nöthigen, ſie zu beach- ten, wie ich unten ſagen werde, oder Sinnesan- ſchauungen, z. B. lange und gellende Töne wecken, die zugleich das Gefühlsvermögen afficiren, oder ſie mit zufälligen Gefühlen in eine ſolche Verbindung ſtellen, die der Kranke für weſentlich hält, oder endlich ſolche Objekte vor-
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weckt ehemalige Vorſtellungen wieder mit dem
Bewuſstſeyn, daſs es die nemlichen ſind, die
ſchon einmal vorhanden waren. Jene knüpft an
die vorhandenen andere aus dem Vorrath in der
Seele an, nach dem Geſetze der Cauſalität, der
Aehnlichkeit, des Contraſtes und nach ihrer
Verknüpfung, die ſie in Zeit und Raum mit ein-
ander hatten. Sie aſſociirt denſelben am leich-
teſten ſolche, die erſt neuerdings aſſociirt waren,
die Intereſſe haben, die urſprünglich durch den
Sinn des Geſichts producirt ſind.
Direct können wir nur auf einen Theil des
Vorſtellungsvermögens, nemlich auf den äuſsern
Sinn wirken. Wir bringen ſo ſtarke und inter-
eſſante Objekte in die Sphäre der Sinnlichkeit des
Kranken, daſs ſie ihn nöthigen, ſie anzuſchauen.
Allein der faſelnde oder fixirte Kranke achtet
derſelben wenig, nimmt ſie entweder gar nicht
wahr, oder läſst ſie als ihm gleichgültig bey Seite
liegen. Nun iſt es aber meiſtentheils unſtatthaft,
den Sinnesanſchauungen dadurch ein Intereſſe zu
verſchaffen, daſs wir ſie mit dem Inhalt ſeiner
Verrücktheit in Verbindung bringen. Wir müſ-
ſen ihn daher durch Zwang nöthigen, ſie zu beach-
ten, wie ich unten ſagen werde, oder Sinnesan-
ſchauungen, z. B. lange und gellende Töne
wecken, die zugleich das Gefühlsvermögen
afficiren, oder ſie mit zufälligen Gefühlen in eine
ſolche Verbindung ſtellen, die der Kranke für
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/169>, abgerufen am 24.11.2024.
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