che sie als Materialien eingesammlet werden kön- nen. Es verdiente daher dieser noch rohe Stoff, den ich hier nur im Vorbeigehn und nur so weit berühre, als er innerhalb meiner Sphäre liegt, es wohl, dass er zu seinem eigenthümlichen Zwecke besonders bearbeitet würde.
Wir schreiben den psychischen Mitteln ab- solute Kräfte, sofern wir sie an sich, und relative Wirkungen zu, sofern wir das Product ihrer Kräfte in den Menschen anschauen. Besser, wir beziehn das Product auf seine Fakto- ren, auf jeden desselben, nemlich auf das psy- chische Mittel und auf die Empfänglichkeit der Seele für dasselbe, das, was ihm angehört. Daher ist es so schwer, ja zum Theil unmöglich, die Grösse dieser Faktoren, welche nur im Conflict sichtbar wird, ausser demselben, nach einer allgemeinen Idee, zu schätzen. Der grösste Theil der Kräfte und Eigenschaften psychischer Mittel ist uns bey ihrer Würdigung in der Heil- mittellehre, gleichgültig. An einem Feuerbrande, mit dem wir uns einem Irrenden nähern, um ihn zu schrecken, interessirt uns bloss das aus- strömende Licht, durch welches er dem Auge wahrnehmbar wird. Sein Material, die Einwir- kung des Sauerstoffs auf die combustible Materie und die Intensität seiner Hitze geht uns gar nichts an. Sind die psychischen Mittel vollends geisti- ger Natur, so ist es ganz unmöglich, diese un- körperlichen Grössen an einen körperlichen
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che ſie als Materialien eingeſammlet werden kön- nen. Es verdiente daher dieſer noch rohe Stoff, den ich hier nur im Vorbeigehn und nur ſo weit berühre, als er innerhalb meiner Sphäre liegt, es wohl, daſs er zu ſeinem eigenthümlichen Zwecke beſonders bearbeitet würde.
Wir ſchreiben den pſychiſchen Mitteln ab- ſolute Kräfte, ſofern wir ſie an ſich, und relative Wirkungen zu, ſofern wir das Product ihrer Kräfte in den Menſchen anſchauen. Beſſer, wir beziehn das Product auf ſeine Fakto- ren, auf jeden deſſelben, nemlich auf das pſy- chiſche Mittel und auf die Empfänglichkeit der Seele für daſſelbe, das, was ihm angehört. Daher iſt es ſo ſchwer, ja zum Theil unmöglich, die Gröſse dieſer Faktoren, welche nur im Conflict ſichtbar wird, auſser demſelben, nach einer allgemeinen Idee, zu ſchätzen. Der gröſste Theil der Kräfte und Eigenſchaften pſychiſcher Mittel iſt uns bey ihrer Würdigung in der Heil- mittellehre, gleichgültig. An einem Feuerbrande, mit dem wir uns einem Irrenden nähern, um ihn zu ſchrecken, intereſſirt uns bloſs das aus- ſtrömende Licht, durch welches er dem Auge wahrnehmbar wird. Sein Material, die Einwir- kung des Sauerſtoffs auf die combuſtible Materie und die Intenſität ſeiner Hitze geht uns gar nichts an. Sind die pſychiſchen Mittel vollends geiſti- ger Natur, ſo iſt es ganz unmöglich, dieſe un- körperlichen Gröſsen an einen körperlichen
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che ſie als Materialien eingeſammlet werden kön-
nen. Es verdiente daher dieſer noch rohe Stoff,
den ich hier nur im Vorbeigehn und nur ſo weit
berühre, als er innerhalb meiner Sphäre liegt,
es wohl, daſs er zu ſeinem eigenthümlichen
Zwecke beſonders bearbeitet würde.
Wir ſchreiben den pſychiſchen Mitteln ab-
ſolute Kräfte, ſofern wir ſie an ſich, und
relative Wirkungen zu, ſofern wir das
Product ihrer Kräfte in den Menſchen anſchauen.
Beſſer, wir beziehn das Product auf ſeine Fakto-
ren, auf jeden deſſelben, nemlich auf das pſy-
chiſche Mittel und auf die Empfänglichkeit der
Seele für daſſelbe, das, was ihm angehört.
Daher iſt es ſo ſchwer, ja zum Theil unmöglich,
die Gröſse dieſer Faktoren, welche nur im
Conflict ſichtbar wird, auſser demſelben, nach
einer allgemeinen Idee, zu ſchätzen. Der gröſste
Theil der Kräfte und Eigenſchaften pſychiſcher
Mittel iſt uns bey ihrer Würdigung in der Heil-
mittellehre, gleichgültig. An einem Feuerbrande,
mit dem wir uns einem Irrenden nähern, um
ihn zu ſchrecken, intereſſirt uns bloſs das aus-
ſtrömende Licht, durch welches er dem Auge
wahrnehmbar wird. Sein Material, die Einwir-
kung des Sauerſtoffs auf die combuſtible Materie
und die Intenſität ſeiner Hitze geht uns gar nichts
an. Sind die pſychiſchen Mittel vollends geiſti-
ger Natur, ſo iſt es ganz unmöglich, dieſe un-
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/152>, abgerufen am 25.11.2024.
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