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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 4. Erfurt, 1753.

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gehörigen Kräutern und Wurzeln.
wurde mir dennoch die Verkaufung det Roßma-
rie und anderer Gewächse gänzlich überlassen.
Nun war zu selbiger Zeit sowol in den Städten
als in den Dörfern die Mode, daß keine Hoch-
zeit, Kindtaufe oder Begräbnis volbracht wur-
de, da nicht eine jede Person einen Roßmarie-
Stengel in der Hand hätte haben müssen. Um
deßwillen suchten sie solche von fremden, und
mehr den über 6 Meilen entlegenen Orten auf,
da ich denn in manchem Herbste und Winter vor
viele Thlr. los wurde, und vor ein jedes Pfund
1 Thlr. 8 Gr. erhielte.

Meine Commilitones wunderten sich viel-
mal über mich, wo ich doch das Geld her bekommen
möchte. Allein, ob ich gleich hierbey lustig leb-
te; so verschlauderte ich dennoch meinen Gewinn
nicht alle, sondern kaufte mir nach und nach ein
feines Buch davor, und diese Lust genoß ich 5 bis
6 Jahre nach einander. Als aber diese Ver-
schwendung mit den Roßmarie-Stengeln verbo-
then wurde, und der Geld-Mangel bey den Leu-
ten sich ohnedieß einstellete; so verlohr sich auch
mein Handel, weßwegen ich auch keine mehr zeu-
gete, und dieselbe nach und nach abgehen lies.

Bey Erziehung dieses, wie auch anderer
Gewächse habe ich in meinem kleinen Lust-Garten
manches probiret und darinnen vieles gelernet und
erfahren, welches vielleicht nicht geschehen wäre,
wenn meine Eltern mir diesen kleinen Nutzen
nicht gegönnet hätten. Daher ist es nicht übel ge-
than, wenn Eltern den Kindern in einen oder

andern

gehoͤrigen Kraͤutern und Wurzeln.
wurde mir dennoch die Verkaufung det Roßma-
rie und anderer Gewaͤchſe gaͤnzlich uͤberlaſſen.
Nun war zu ſelbiger Zeit ſowol in den Staͤdten
als in den Doͤrfern die Mode, daß keine Hoch-
zeit, Kindtaufe oder Begraͤbnis volbracht wur-
de, da nicht eine jede Perſon einen Roßmarie-
Stengel in der Hand haͤtte haben muͤſſen. Um
deßwillen ſuchten ſie ſolche von fremden, und
mehr den uͤber 6 Meilen entlegenen Orten auf,
da ich denn in manchem Herbſte und Winter vor
viele Thlr. los wurde, und vor ein jedes Pfund
1 Thlr. 8 Gr. erhielte.

Meine Commilitones wunderten ſich viel-
mal uͤber mich, wo ich doch das Geld her bekommen
moͤchte. Allein, ob ich gleich hierbey luſtig leb-
te; ſo verſchlauderte ich dennoch meinen Gewinn
nicht alle, ſondern kaufte mir nach und nach ein
feines Buch davor, und dieſe Luſt genoß ich 5 bis
6 Jahre nach einander. Als aber dieſe Ver-
ſchwendung mit den Roßmarie-Stengeln verbo-
then wurde, und der Geld-Mangel bey den Leu-
ten ſich ohnedieß einſtellete; ſo verlohr ſich auch
mein Handel, weßwegen ich auch keine mehr zeu-
gete, und dieſelbe nach und nach abgehen lies.

Bey Erziehung dieſes, wie auch anderer
Gewaͤchſe habe ich in meinem kleinen Luſt-Garten
manches probiret und darinnen vieles gelernet und
erfahren, welches vielleicht nicht geſchehen waͤre,
wenn meine Eltern mir dieſen kleinen Nutzen
nicht gegoͤnnet haͤtten. Daher iſt es nicht uͤbel ge-
than, wenn Eltern den Kindern in einen oder

andern
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[235/0245] gehoͤrigen Kraͤutern und Wurzeln. wurde mir dennoch die Verkaufung det Roßma- rie und anderer Gewaͤchſe gaͤnzlich uͤberlaſſen. Nun war zu ſelbiger Zeit ſowol in den Staͤdten als in den Doͤrfern die Mode, daß keine Hoch- zeit, Kindtaufe oder Begraͤbnis volbracht wur- de, da nicht eine jede Perſon einen Roßmarie- Stengel in der Hand haͤtte haben muͤſſen. Um deßwillen ſuchten ſie ſolche von fremden, und mehr den uͤber 6 Meilen entlegenen Orten auf, da ich denn in manchem Herbſte und Winter vor viele Thlr. los wurde, und vor ein jedes Pfund 1 Thlr. 8 Gr. erhielte. Meine Commilitones wunderten ſich viel- mal uͤber mich, wo ich doch das Geld her bekommen moͤchte. Allein, ob ich gleich hierbey luſtig leb- te; ſo verſchlauderte ich dennoch meinen Gewinn nicht alle, ſondern kaufte mir nach und nach ein feines Buch davor, und dieſe Luſt genoß ich 5 bis 6 Jahre nach einander. Als aber dieſe Ver- ſchwendung mit den Roßmarie-Stengeln verbo- then wurde, und der Geld-Mangel bey den Leu- ten ſich ohnedieß einſtellete; ſo verlohr ſich auch mein Handel, weßwegen ich auch keine mehr zeu- gete, und dieſelbe nach und nach abgehen lies. Bey Erziehung dieſes, wie auch anderer Gewaͤchſe habe ich in meinem kleinen Luſt-Garten manches probiret und darinnen vieles gelernet und erfahren, welches vielleicht nicht geſchehen waͤre, wenn meine Eltern mir dieſen kleinen Nutzen nicht gegoͤnnet haͤtten. Daher iſt es nicht uͤbel ge- than, wenn Eltern den Kindern in einen oder andern

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 4. Erfurt, 1753, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz04_1753/245>, abgerufen am 03.12.2024.