Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753.unter den Kohl-Gewächsen. in die andere, und versichere ich aufrichtig, daß ichbinnen einigen Jahren aus rothen Kappus-Sa- men, und aus schwarzen Rettig-Samen, in einem Climate, in einem Lande, in einerley Witterung, und durch einerley Begattung, weisse Kraut- Köpfe und weisse Rettige erziehen wil, und zwar so, daß weder in Ansehung der Gröse, noch der Güte, der beyden ein Unterschied seyn sol. Woraus of- fenbar erhellet, daß sich eine Sorte in die andere verändern könne. Wolte man einwenden, daß die Farbe keine wesentliche Eigenschaft des Krautes und der Rettige ausmachete, so ist dieses zwar wahr, wenn man überhaupt von diesen Gewächsen redet, allein es bleibet doch die Röthe eine wesent- liche Eigenschaft des rothen Kopf-Kohles, welche diese Sorte von andern unterscheidet. Und so ver- hält sichs auch mit andern dergleichen Gewächsen. Jch sehe dahero nicht, warum man es nicht eine Ausartung nennen solte, wenn ein Gewächse von der Art oder Eigenschaft, die es vorher gehabt erweichet; besonders da dieses Wort allenthal- ben gewöhnlich ist. Wenn z. E. fromme Eltern unter ihren Kindern eines haben, welches ver- rucht und gottlos wird, so sagt man, es sey aus der Art geschlagen. Jch bin der Meinung, daß man lieber bey den hierinnen einmal angenommenen Redens-Arten bleiben solle. Doch wil ich mich deswegen mit Niemanden in einen Wort-Streit einlassen, und kan es gar wohl leiden, wenn Jemand anderer Meinung ist. Das F 3
unter den Kohl-Gewaͤchſen. in die andere, und verſichere ich aufrichtig, daß ichbinnen einigen Jahren aus rothen Kappus-Sa- men, und aus ſchwarzen Rettig-Samen, in einem Climate, in einem Lande, in einerley Witterung, und durch einerley Begattung, weiſſe Kraut- Koͤpfe und weiſſe Rettige erziehen wil, und zwar ſo, daß weder in Anſehung der Groͤſe, noch der Guͤte, der beyden ein Unterſchied ſeyn ſol. Woraus of- fenbar erhellet, daß ſich eine Sorte in die andere veraͤndern koͤnne. Wolte man einwenden, daß die Farbe keine weſentliche Eigenſchaft des Krautes und der Rettige ausmachete, ſo iſt dieſes zwar wahr, wenn man uͤberhaupt von dieſen Gewaͤchſen redet, allein es bleibet doch die Roͤthe eine weſent- liche Eigenſchaft des rothen Kopf-Kohles, welche dieſe Sorte von andern unterſcheidet. Und ſo ver- haͤlt ſichs auch mit andern dergleichen Gewaͤchſen. Jch ſehe dahero nicht, warum man es nicht eine Ausartung nennen ſolte, wenn ein Gewaͤchſe von der Art oder Eigenſchaft, die es vorher gehabt erweichet; beſonders da dieſes Wort allenthal- ben gewoͤhnlich iſt. Wenn z. E. fromme Eltern unter ihren Kindern eines haben, welches ver- rucht und gottlos wird, ſo ſagt man, es ſey aus der Art geſchlagen. Jch bin der Meinung, daß man lieber bey den hierinnen einmal angenommenen Redens-Arten bleiben ſolle. Doch wil ich mich deswegen mit Niemanden in einen Wort-Streit einlaſſen, und kan es gar wohl leiden, wenn Jemand anderer Meinung iſt. Das F 3
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unter den Kohl-Gewaͤchſen.
in die andere, und verſichere ich aufrichtig, daß ich
binnen einigen Jahren aus rothen Kappus-Sa-
men, und aus ſchwarzen Rettig-Samen, in einem
Climate, in einem Lande, in einerley Witterung,
und durch einerley Begattung, weiſſe Kraut-
Koͤpfe und weiſſe Rettige erziehen wil, und zwar ſo,
daß weder in Anſehung der Groͤſe, noch der Guͤte,
der beyden ein Unterſchied ſeyn ſol. Woraus of-
fenbar erhellet, daß ſich eine Sorte in die andere
veraͤndern koͤnne. Wolte man einwenden, daß die
Farbe keine weſentliche Eigenſchaft des Krautes
und der Rettige ausmachete, ſo iſt dieſes zwar
wahr, wenn man uͤberhaupt von dieſen Gewaͤchſen
redet, allein es bleibet doch die Roͤthe eine weſent-
liche Eigenſchaft des rothen Kopf-Kohles, welche
dieſe Sorte von andern unterſcheidet. Und ſo ver-
haͤlt ſichs auch mit andern dergleichen Gewaͤchſen.
Jch ſehe dahero nicht, warum man es nicht eine
Ausartung nennen ſolte, wenn ein Gewaͤchſe von
der Art oder Eigenſchaft, die es vorher gehabt
erweichet; beſonders da dieſes Wort allenthal-
ben gewoͤhnlich iſt. Wenn z. E. fromme Eltern
unter ihren Kindern eines haben, welches ver-
rucht und gottlos wird, ſo ſagt man, es ſey aus der
Art geſchlagen. Jch bin der Meinung, daß man
lieber bey den hierinnen einmal angenommenen
Redens-Arten bleiben ſolle. Doch wil ich mich
deswegen mit Niemanden in einen Wort-Streit
einlaſſen, und kan es gar wohl leiden, wenn Jemand
anderer Meinung iſt.
Das
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