Baum gesehen, oder davon gehöret, dem wird zwar solche Verpflantzung gantz unmöglich und unglaublich vorkommen; allein daß solche mög- lich sey, hat seine völlige Richtigkeit, und ist durch hinlängliche Versuche dargethan worden.
Jm Jahr 1744 im Julius hat mich auf dem Hochfürstl. Sachsen-Weimarischen Lust- Schlosse Belveder nebst andern Seltenheiten die dasige zahlreiche und unvergleichliche Orangerie, welche wegen ihrer Höhe, Stärcke und schönen Kronen in Deutschland wohl wenig ihres gleichen hat, nicht nur in Verwunderung gesetzet; son- dern ich habe auch mit besonderm Vergnügen ei- nen Orangen-Baum gesehen, welcher in der Run- dung einen, und in der Höhe zehen Schuh hat- te, und also gepflanzet war, daß die Wurtzeln in der Höhe, und der Gipfel in dem Kasten stund. An den Wurzeln waren hin und wieder Reiser und Zelken hervor gewachsen, welches ein sehr ar- tiges Ansehen gab. Es hat auch Herr Thümmig in seinen Versuchen p. 196. hiervon vieles ange- merket und einen Versuch, welchen der berühmte Leuwenhoeck mit der verkehrten Pflantzung der Bäume gemacht, angeführet, welchen ich mit her- setzen wil, damit man sehen kan, wie ohngefehr solche Verpflantzung vorzunehmen. "Es kaufte "Leuwenhoeck im Jahr 1686 im April zwey junge "Linden, deren eine jede fünf Jahr alt war, und "setzte sie ordentlich mit den Wurzeln in die Erde, "beugte aber den Stam nieder, daß er die Aeste "auch unter die Erde bringen konte, die er aber
"wieder
7. Cap. Von Anlegung
Baum geſehen, oder davon gehoͤret, dem wird zwar ſolche Verpflantzung gantz unmoͤglich und unglaublich vorkommen; allein daß ſolche moͤg- lich ſey, hat ſeine voͤllige Richtigkeit, und iſt durch hinlaͤngliche Verſuche dargethan worden.
Jm Jahr 1744 im Julius hat mich auf dem Hochfuͤrſtl. Sachſen-Weimariſchen Luſt- Schloſſe Belveder nebſt andern Seltenheiten die daſige zahlreiche und unvergleichliche Orangerie, welche wegen ihrer Hoͤhe, Staͤrcke und ſchoͤnen Kronen in Deutſchland wohl wenig ihres gleichen hat, nicht nur in Verwunderung geſetzet; ſon- dern ich habe auch mit beſonderm Vergnuͤgen ei- nen Orangen-Baum geſehen, welcher in der Run- dung einen, und in der Hoͤhe zehen Schuh hat- te, und alſo gepflanzet war, daß die Wurtzeln in der Hoͤhe, und der Gipfel in dem Kaſten ſtund. An den Wurzeln waren hin und wieder Reiſer und Zelken hervor gewachſen, welches ein ſehr ar- tiges Anſehen gab. Es hat auch Herr Thuͤmmig in ſeinen Verſuchen p. 196. hiervon vieles ange- merket und einen Verſuch, welchen der beruͤhmte Leuwenhoeck mit der verkehrten Pflantzung der Baͤume gemacht, angefuͤhret, welchen ich mit her- ſetzen wil, damit man ſehen kan, wie ohngefehr ſolche Verpflantzung vorzunehmen. ”Es kaufte „Leuwenhoeck im Jahr 1686 im April zwey junge „Linden, deren eine jede fuͤnf Jahr alt war, und „ſetzte ſie ordentlich mit den Wurzeln in die Erde, „beugte aber den Stam nieder, daß er die Aeſte „auch unter die Erde bringen konte, die er aber
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7. Cap. Von Anlegung
Baum geſehen, oder davon gehoͤret, dem wird
zwar ſolche Verpflantzung gantz unmoͤglich und
unglaublich vorkommen; allein daß ſolche moͤg-
lich ſey, hat ſeine voͤllige Richtigkeit, und iſt
durch hinlaͤngliche Verſuche dargethan worden.
Jm Jahr 1744 im Julius hat mich auf
dem Hochfuͤrſtl. Sachſen-Weimariſchen Luſt-
Schloſſe Belveder nebſt andern Seltenheiten die
daſige zahlreiche und unvergleichliche Orangerie,
welche wegen ihrer Hoͤhe, Staͤrcke und ſchoͤnen
Kronen in Deutſchland wohl wenig ihres gleichen
hat, nicht nur in Verwunderung geſetzet; ſon-
dern ich habe auch mit beſonderm Vergnuͤgen ei-
nen Orangen-Baum geſehen, welcher in der Run-
dung einen, und in der Hoͤhe zehen Schuh hat-
te, und alſo gepflanzet war, daß die Wurtzeln in
der Hoͤhe, und der Gipfel in dem Kaſten ſtund.
An den Wurzeln waren hin und wieder Reiſer
und Zelken hervor gewachſen, welches ein ſehr ar-
tiges Anſehen gab. Es hat auch Herr Thuͤmmig
in ſeinen Verſuchen p. 196. hiervon vieles ange-
merket und einen Verſuch, welchen der beruͤhmte
Leuwenhoeck mit der verkehrten Pflantzung der
Baͤume gemacht, angefuͤhret, welchen ich mit her-
ſetzen wil, damit man ſehen kan, wie ohngefehr
ſolche Verpflantzung vorzunehmen. ”Es kaufte
„Leuwenhoeck im Jahr 1686 im April zwey junge
„Linden, deren eine jede fuͤnf Jahr alt war, und
„ſetzte ſie ordentlich mit den Wurzeln in die Erde,
„beugte aber den Stam nieder, daß er die Aeſte
„auch unter die Erde bringen konte, die er aber
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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/138>, abgerufen am 25.07.2024.
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