Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.von Ausartung derer Samen. ben, daß diese Winde an solcher Degenerationschuld gewesen wären, welches ich aber nicht hof- fen vielweniger glauben kan, denn der Prediger Salomon hat zu seiner Zeit im 2. Cap. v. 4. ge- sagt: Wer auf den Wind achtet, der säet nicht? und wer auf die Wolken siehet, der erntet nicht. Und diese Meinung hat ebener- massen, wie mit der Jnfluenz geschehen, ihre Abfertigung erhalten. Nicht zu gedenken, daß ich alle Frühjahre wohl 100 und mehr Acker mit Specereyen und Garten-Früchten bestellen lasse, aber niemalen auf die Winde einige Reflexion mache, es mögen auch solche wehen, woher sie im- mer wollen. Ob man schon in vielen Garten- und öconomischen Büchern eines und das andere hiervon antrift, daß diese Frucht im Nord-Win- de, hingegen eine andere im West-Winde gesäet werden solte; so sind doch dieses nur von gemei- nen und abergläubischen Gärtnern angegebene nichtsnützige Meinungen, welche zu gar nichts taugen. Es ist genug, wenn ich nur die Sa- men gehöriger Massen und zu rechter Zeit in die Erde bringen kan, und so dann der Obwaltung GOttes die bestelten Sämereyen überlasse. Denn es ist bekant, daß im Frühjahre bey der Bestel- Zeit der Wind 14 Tage bis 3 Wochen unterwei- len von einem Orte her wehet. Wenn nun eben ein contrairer Wind gienge, welcher zur Aussaat dieses oder jenes Samens nicht dienlich wäre, und man das Säen bis auf bessern Wind verspa- ren solte; so würde inzwischen die beste Zeit, da man nothwendig dergleichen bestellen muß, vor- C 4
von Ausartung derer Samen. ben, daß dieſe Winde an ſolcher Degenerationſchuld geweſen waͤren, welches ich aber nicht hof- fen vielweniger glauben kan, denn der Prediger Salomon hat zu ſeiner Zeit im 2. Cap. v. 4. ge- ſagt: Wer auf den Wind achtet, der ſaͤet nicht? und wer auf die Wolken ſiehet, der erntet nicht. Und dieſe Meinung hat ebener- maſſen, wie mit der Jnfluenz geſchehen, ihre Abfertigung erhalten. Nicht zu gedenken, daß ich alle Fruͤhjahre wohl 100 und mehr Acker mit Specereyen und Garten-Fruͤchten beſtellen laſſe, aber niemalen auf die Winde einige Reflexion mache, es moͤgen auch ſolche wehen, woher ſie im- mer wollen. Ob man ſchon in vielen Garten- und oͤconomiſchen Buͤchern eines und das andere hiervon antrift, daß dieſe Frucht im Nord-Win- de, hingegen eine andere im Weſt-Winde geſaͤet werden ſolte; ſo ſind doch dieſes nur von gemei- nen und aberglaͤubiſchen Gaͤrtnern angegebene nichtsnuͤtzige Meinungen, welche zu gar nichts taugen. Es iſt genug, wenn ich nur die Sa- men gehoͤriger Maſſen und zu rechter Zeit in die Erde bringen kan, und ſo dann der Obwaltung GOttes die beſtelten Saͤmereyen uͤberlaſſe. Denn es iſt bekant, daß im Fruͤhjahre bey der Beſtel- Zeit der Wind 14 Tage bis 3 Wochen unterwei- len von einem Orte her wehet. Wenn nun eben ein contrairer Wind gienge, welcher zur Ausſaat dieſes oder jenes Samens nicht dienlich waͤre, und man das Saͤen bis auf beſſern Wind verſpa- ren ſolte; ſo wuͤrde inzwiſchen die beſte Zeit, da man nothwendig dergleichen beſtellen muß, vor- C 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0060" n="39"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Ausartung derer Samen.</hi></fw><lb/> ben, daß dieſe Winde an ſolcher Degeneration<lb/> ſchuld geweſen waͤren, welches ich aber nicht hof-<lb/> fen vielweniger glauben kan, denn der Prediger<lb/> Salomon hat zu ſeiner Zeit im 2. Cap. v. 4. ge-<lb/> ſagt: <hi rendition="#fr">Wer auf den Wind achtet, der ſaͤet<lb/> nicht? und wer auf die Wolken ſiehet, der<lb/> erntet nicht.</hi> Und dieſe Meinung hat ebener-<lb/> maſſen, wie mit der Jnfluenz geſchehen, ihre<lb/> Abfertigung erhalten. Nicht zu gedenken, daß<lb/> ich alle Fruͤhjahre wohl 100 und mehr Acker mit<lb/> Specereyen und Garten-Fruͤchten beſtellen laſſe,<lb/> aber niemalen auf die Winde einige Reflexion<lb/> mache, es moͤgen auch ſolche wehen, woher ſie im-<lb/> mer wollen. Ob man ſchon in vielen Garten-<lb/> und oͤconomiſchen Buͤchern eines und das andere<lb/> hiervon antrift, daß dieſe Frucht im Nord-Win-<lb/> de, hingegen eine andere im Weſt-Winde geſaͤet<lb/> werden ſolte; ſo ſind doch dieſes nur von gemei-<lb/> nen und aberglaͤubiſchen Gaͤrtnern angegebene<lb/> nichtsnuͤtzige Meinungen, welche zu gar nichts<lb/> taugen. Es iſt genug, wenn ich nur die Sa-<lb/> men gehoͤriger Maſſen und zu rechter Zeit in die<lb/> Erde bringen kan, und ſo dann der Obwaltung<lb/> GOttes die beſtelten Saͤmereyen uͤberlaſſe. Denn<lb/> es iſt bekant, daß im Fruͤhjahre bey der Beſtel-<lb/> Zeit der Wind 14 Tage bis 3 Wochen unterwei-<lb/> len von einem Orte her wehet. Wenn nun eben<lb/> ein contrairer Wind gienge, welcher zur Ausſaat<lb/> dieſes oder jenes Samens nicht dienlich waͤre,<lb/> und man das Saͤen bis auf beſſern Wind verſpa-<lb/> ren ſolte; ſo wuͤrde inzwiſchen die beſte Zeit,<lb/> da man nothwendig dergleichen beſtellen muß,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">C 4</fw><fw place="bottom" type="catch">vor-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0060]
von Ausartung derer Samen.
ben, daß dieſe Winde an ſolcher Degeneration
ſchuld geweſen waͤren, welches ich aber nicht hof-
fen vielweniger glauben kan, denn der Prediger
Salomon hat zu ſeiner Zeit im 2. Cap. v. 4. ge-
ſagt: Wer auf den Wind achtet, der ſaͤet
nicht? und wer auf die Wolken ſiehet, der
erntet nicht. Und dieſe Meinung hat ebener-
maſſen, wie mit der Jnfluenz geſchehen, ihre
Abfertigung erhalten. Nicht zu gedenken, daß
ich alle Fruͤhjahre wohl 100 und mehr Acker mit
Specereyen und Garten-Fruͤchten beſtellen laſſe,
aber niemalen auf die Winde einige Reflexion
mache, es moͤgen auch ſolche wehen, woher ſie im-
mer wollen. Ob man ſchon in vielen Garten-
und oͤconomiſchen Buͤchern eines und das andere
hiervon antrift, daß dieſe Frucht im Nord-Win-
de, hingegen eine andere im Weſt-Winde geſaͤet
werden ſolte; ſo ſind doch dieſes nur von gemei-
nen und aberglaͤubiſchen Gaͤrtnern angegebene
nichtsnuͤtzige Meinungen, welche zu gar nichts
taugen. Es iſt genug, wenn ich nur die Sa-
men gehoͤriger Maſſen und zu rechter Zeit in die
Erde bringen kan, und ſo dann der Obwaltung
GOttes die beſtelten Saͤmereyen uͤberlaſſe. Denn
es iſt bekant, daß im Fruͤhjahre bey der Beſtel-
Zeit der Wind 14 Tage bis 3 Wochen unterwei-
len von einem Orte her wehet. Wenn nun eben
ein contrairer Wind gienge, welcher zur Ausſaat
dieſes oder jenes Samens nicht dienlich waͤre,
und man das Saͤen bis auf beſſern Wind verſpa-
ren ſolte; ſo wuͤrde inzwiſchen die beſte Zeit,
da man nothwendig dergleichen beſtellen muß,
vor-
C 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |