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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.

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6. Cap. Welche Garten-Samen
denn eine gute Connoisance zur Aussonderung de-
rer Stauden, welche man zum Samen brauchen
wil, gehöret, welche aber solchen Leuten meistens
fehlet. Ueberhaupt muß man mit allem Fleiß
dahin trachten, daß man von gesunden und fri-
schen gut aussortirten Stauden, die den Winter
über auf eine erfahrne Art zuconserviren sind, Sa-
men sucht zu überkommen. Wo dieses geschiehet,
so wird man sehen, daß der neue Same allezeit
den Preiß vor den alten behalte.

Nach der Zeit, als ich obiges geschrieben,
habe ich mich über des Herrn D. Georg Andreas
Agricolae,
Beschreibung in seiner Universal-Ver-
mehrung aller Bäume und Kräuter p. 18. recht
vergnüget, welcher ebenermassen meine Meinung
behauptet, und dessen Worte also lauten:

Jnsgemein ist der jährige Same der beste,
der zweyjährige ist auch noch gut, der dreyjährige
weniger, und was älter, gemeiniglich unnüzlich.
Allein über dieses machen die gemeinen Gärtner
ihre Einwürfe. Dann etlicher Same sol besser
seyn, wenn er zwey, drey und mehr Jahr alt ist.
Aber ich wil mich in der gemeinen Gärtner Händel
nicht mischen, man bekomt doch nichts anders als
den schändlichen Undank zum Recompens von ih-
nen, man mag ihnen was schlimmes oder was
gutes sagen, es ist ein Thun. Genung, daß die
gesunde Vernunft giebet, daß der jährige der be-
ste. Denn da ist der Geist noch frisch und leben-
dig, auch sind die humores und Lebens-Säfte
in ihren ordentlichen Gängen noch beweg-

lich

6. Cap. Welche Garten-Samen
denn eine gute Connoiſance zur Ausſonderung de-
rer Stauden, welche man zum Samen brauchen
wil, gehoͤret, welche aber ſolchen Leuten meiſtens
fehlet. Ueberhaupt muß man mit allem Fleiß
dahin trachten, daß man von geſunden und fri-
ſchen gut ausſortirten Stauden, die den Winter
uͤber auf eine erfahrne Art zuconſerviren ſind, Sa-
men ſucht zu uͤberkommen. Wo dieſes geſchiehet,
ſo wird man ſehen, daß der neue Same allezeit
den Preiß vor den alten behalte.

Nach der Zeit, als ich obiges geſchrieben,
habe ich mich uͤber des Herrn D. Georg Andreas
Agricolæ,
Beſchreibung in ſeiner Univerſal-Ver-
mehrung aller Baͤume und Kraͤuter p. 18. recht
vergnuͤget, welcher ebenermaſſen meine Meinung
behauptet, und deſſen Worte alſo lauten:

Jnsgemein iſt der jaͤhrige Same der beſte,
der zweyjaͤhrige iſt auch noch gut, der dreyjaͤhrige
weniger, und was aͤlter, gemeiniglich unnuͤzlich.
Allein uͤber dieſes machen die gemeinen Gaͤrtner
ihre Einwuͤrfe. Dann etlicher Same ſol beſſer
ſeyn, wenn er zwey, drey und mehr Jahr alt iſt.
Aber ich wil mich in der gemeinen Gaͤrtner Haͤndel
nicht miſchen, man bekomt doch nichts anders als
den ſchaͤndlichen Undank zum Recompens von ih-
nen, man mag ihnen was ſchlimmes oder was
gutes ſagen, es iſt ein Thun. Genung, daß die
geſunde Vernunft giebet, daß der jaͤhrige der be-
ſte. Denn da iſt der Geiſt noch friſch und leben-
dig, auch ſind die humores und Lebens-Saͤfte
in ihren ordentlichen Gaͤngen noch beweg-

lich
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[30/0051] 6. Cap. Welche Garten-Samen denn eine gute Connoiſance zur Ausſonderung de- rer Stauden, welche man zum Samen brauchen wil, gehoͤret, welche aber ſolchen Leuten meiſtens fehlet. Ueberhaupt muß man mit allem Fleiß dahin trachten, daß man von geſunden und fri- ſchen gut ausſortirten Stauden, die den Winter uͤber auf eine erfahrne Art zuconſerviren ſind, Sa- men ſucht zu uͤberkommen. Wo dieſes geſchiehet, ſo wird man ſehen, daß der neue Same allezeit den Preiß vor den alten behalte. Nach der Zeit, als ich obiges geſchrieben, habe ich mich uͤber des Herrn D. Georg Andreas Agricolæ, Beſchreibung in ſeiner Univerſal-Ver- mehrung aller Baͤume und Kraͤuter p. 18. recht vergnuͤget, welcher ebenermaſſen meine Meinung behauptet, und deſſen Worte alſo lauten: Jnsgemein iſt der jaͤhrige Same der beſte, der zweyjaͤhrige iſt auch noch gut, der dreyjaͤhrige weniger, und was aͤlter, gemeiniglich unnuͤzlich. Allein uͤber dieſes machen die gemeinen Gaͤrtner ihre Einwuͤrfe. Dann etlicher Same ſol beſſer ſeyn, wenn er zwey, drey und mehr Jahr alt iſt. Aber ich wil mich in der gemeinen Gaͤrtner Haͤndel nicht miſchen, man bekomt doch nichts anders als den ſchaͤndlichen Undank zum Recompens von ih- nen, man mag ihnen was ſchlimmes oder was gutes ſagen, es iſt ein Thun. Genung, daß die geſunde Vernunft giebet, daß der jaͤhrige der be- ſte. Denn da iſt der Geiſt noch friſch und leben- dig, auch ſind die humores und Lebens-Saͤfte in ihren ordentlichen Gaͤngen noch beweg- lich

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/51>, abgerufen am 27.04.2024.