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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Neuntes Buch. Erstes Capitel.

Etwas mehr Schwierigkeiten machte der dritte weltliche
Churfürst, Moritz von Sachsen, obwohl er seine Chur der-
selben Gewalt verdankte, deren Ausfluß diese Anordnung war.
Man dürfte nicht sagen, daß dieß ganz in seiner Willkühr beruht
habe. Er hatte seinen Landständen in einem wichtigen Augen-
blick, und zwar auf das Wort des Kaisers, unzweideutige
Zusagen über die Beibehaltung ihrer Religion gegeben. Daran
erinnerte er jetzt den Kaiser, und behielt sich vor, erst mit sei-
ner Landschaft zu berathschlagen. Der Kaiser erwiederte, er
habe nichts weiter versprochen, als daß er die Lande nicht
mit Gewalt von ihrer Religion dringen, sondern die Ver-
gleichung nur auf gebührlichem Wege suchen wolle, wie er
das jetzt thue; in dem Reiche sey es nicht Herkommens,
über das was Fürsten und gemeine Stände bewilligt, an
die Landschaften zurückzugehn: Moritz möge sich nicht auch
von seinen Theologen verführen lassen, wie seinem Vetter ge-
schehen. Moritz versprach zuletzt, in dem Reichsrath nicht
durch offenen Widerspruch Irrung zu veranlassen, sondern
sich dahin zu erklären, daß er sich zwar in dieser Sache für
seine Unterthanen nicht verpflichten könne, aber er denke, sie

digung des Interims, worin es heißt: Luther habe dreierlei gewollt:
1) quod Pontifex Romanus non sit caput ecclesiae, sed Chri-
stus; 2) missam non esse sacrificium ex opere operato, quae
possit applicari pro vivis et mortuis; 3) cerimonias debere esse
liberas et adiaphoras. - - Jam,
heißt es weiter, in hoc scripto
omnia haec tolluntur: conceditur, Romanum pontificem esse pri-
mum quidem episcopum propter tollenda schismata, - - et alios
episcopos esse simili modo episcopos ut ipse jure divino, et eis
esse commissam a Christo administrationem suarum ecclesiarum
jure divino; 2) missam non esse sacrificium ex opere operato,
sed sacrificium commemorativum etc. etc.
Neuntes Buch. Erſtes Capitel.

Etwas mehr Schwierigkeiten machte der dritte weltliche
Churfürſt, Moritz von Sachſen, obwohl er ſeine Chur der-
ſelben Gewalt verdankte, deren Ausfluß dieſe Anordnung war.
Man dürfte nicht ſagen, daß dieß ganz in ſeiner Willkühr beruht
habe. Er hatte ſeinen Landſtänden in einem wichtigen Augen-
blick, und zwar auf das Wort des Kaiſers, unzweideutige
Zuſagen über die Beibehaltung ihrer Religion gegeben. Daran
erinnerte er jetzt den Kaiſer, und behielt ſich vor, erſt mit ſei-
ner Landſchaft zu berathſchlagen. Der Kaiſer erwiederte, er
habe nichts weiter verſprochen, als daß er die Lande nicht
mit Gewalt von ihrer Religion dringen, ſondern die Ver-
gleichung nur auf gebührlichem Wege ſuchen wolle, wie er
das jetzt thue; in dem Reiche ſey es nicht Herkommens,
über das was Fürſten und gemeine Stände bewilligt, an
die Landſchaften zurückzugehn: Moritz möge ſich nicht auch
von ſeinen Theologen verführen laſſen, wie ſeinem Vetter ge-
ſchehen. Moritz verſprach zuletzt, in dem Reichsrath nicht
durch offenen Widerſpruch Irrung zu veranlaſſen, ſondern
ſich dahin zu erklären, daß er ſich zwar in dieſer Sache für
ſeine Unterthanen nicht verpflichten könne, aber er denke, ſie

digung des Interims, worin es heißt: Luther habe dreierlei gewollt:
1) quod Pontifex Romanus non sit caput ecclesiae, sed Chri-
stus; 2) missam non esse sacrificium ex opere operato, quae
possit applicari pro vivis et mortuis; 3) cerimonias debere esse
liberas et adiaphoras. ‒ ‒ Jam,
heißt es weiter, in hoc scripto
omnia haec tolluntur: conceditur, Romanum pontificem esse pri-
mum quidem episcopum propter tollenda schismata, ‒ ‒ et alios
episcopos esse simili modo episcopos ut ipse jure divino, et eis
esse commissam a Christo administrationem suarum ecclesiarum
jure divino; 2) missam non esse sacrificium ex opere operato,
sed sacrificium commemorativum etc. etc.
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[46/0058] Neuntes Buch. Erſtes Capitel. Etwas mehr Schwierigkeiten machte der dritte weltliche Churfürſt, Moritz von Sachſen, obwohl er ſeine Chur der- ſelben Gewalt verdankte, deren Ausfluß dieſe Anordnung war. Man dürfte nicht ſagen, daß dieß ganz in ſeiner Willkühr beruht habe. Er hatte ſeinen Landſtänden in einem wichtigen Augen- blick, und zwar auf das Wort des Kaiſers, unzweideutige Zuſagen über die Beibehaltung ihrer Religion gegeben. Daran erinnerte er jetzt den Kaiſer, und behielt ſich vor, erſt mit ſei- ner Landſchaft zu berathſchlagen. Der Kaiſer erwiederte, er habe nichts weiter verſprochen, als daß er die Lande nicht mit Gewalt von ihrer Religion dringen, ſondern die Ver- gleichung nur auf gebührlichem Wege ſuchen wolle, wie er das jetzt thue; in dem Reiche ſey es nicht Herkommens, über das was Fürſten und gemeine Stände bewilligt, an die Landſchaften zurückzugehn: Moritz möge ſich nicht auch von ſeinen Theologen verführen laſſen, wie ſeinem Vetter ge- ſchehen. Moritz verſprach zuletzt, in dem Reichsrath nicht durch offenen Widerſpruch Irrung zu veranlaſſen, ſondern ſich dahin zu erklären, daß er ſich zwar in dieſer Sache für ſeine Unterthanen nicht verpflichten könne, aber er denke, ſie 1 1 digung des Interims, worin es heißt: Luther habe dreierlei gewollt: 1) quod Pontifex Romanus non sit caput ecclesiae, sed Chri- stus; 2) missam non esse sacrificium ex opere operato, quae possit applicari pro vivis et mortuis; 3) cerimonias debere esse liberas et adiaphoras. ‒ ‒ Jam, heißt es weiter, in hoc scripto omnia haec tolluntur: conceditur, Romanum pontificem esse pri- mum quidem episcopum propter tollenda schismata, ‒ ‒ et alios episcopos esse simili modo episcopos ut ipse jure divino, et eis esse commissam a Christo administrationem suarum ecclesiarum jure divino; 2) missam non esse sacrificium ex opere operato, sed sacrificium commemorativum etc. etc.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/58>, abgerufen am 23.11.2024.