Die politisch-religiösen Interessen des Reiches, die Machtentwickelung die es möglich erscheinen ließ, jetzt etwas zu erreichen, und die Differenz mit dem Papst wirkten zusam- men, um den Gedanken des Interim in Gang zu bringen.
Es hätte aber nicht zum Ziele führen können, hiebei den alten Weg ständischer Berathung einzuschlagen. Der Kaiser schien wohl einen Augenblick darauf zu denken. Er ersuchte die Stände, zur Berathung über die Mittel einer christlichen Vereinigung ihre Abgeordneten mit den seinen zu- sammentreten zu lassen; als sie, bei ihrer Heimstellung be- harrend, ihm überließen diejenigen selbst zu wählen die er hiezu für tauglich halte, machte er diesen Versuch wirklich; allein sogleich gab sich die Unmöglichkeit kund, mti diesem Verfahren weiter zu kommen. Er konnte doch nicht vermeiden, von beiden Seiten Männer zu ernennen, die schon an den bisherigen Streitigkeiten Theil genommen: noch einmal saßen der Carmeliter Billik, der päpstlich gesinnte Politiker Leon- hard von Eck neben dem Vorkämpfer des Protestantismus Jacob Sturm. Jene forderten, wie der Beichtvater, die Her- stellung der geistlichen Güter; dieser trug, wie vor 25 Jah- ren, auf ein Nationalconcilium an. Man kann sich darüber nicht wundern. Die großen Ereignisse der letzten Jahre ent- hielten doch nichts was eine innere Annäherung der beiden Parteien hervorgebracht hätte. An eine Vereinigung aber war unter diesen Umständen nicht zu denken: nach einigen Tagen löste die Versammlung sich auf und gab ihren Auf- trag dem Kaiser zurück.
Es mußte nun doch dahin kommen, was auch von An- fang Ferdinands Gedanke gewesen, daß ohne so viele Rück-
Das Interim.
Die politiſch-religiöſen Intereſſen des Reiches, die Machtentwickelung die es möglich erſcheinen ließ, jetzt etwas zu erreichen, und die Differenz mit dem Papſt wirkten zuſam- men, um den Gedanken des Interim in Gang zu bringen.
Es hätte aber nicht zum Ziele führen können, hiebei den alten Weg ſtändiſcher Berathung einzuſchlagen. Der Kaiſer ſchien wohl einen Augenblick darauf zu denken. Er erſuchte die Stände, zur Berathung über die Mittel einer chriſtlichen Vereinigung ihre Abgeordneten mit den ſeinen zu- ſammentreten zu laſſen; als ſie, bei ihrer Heimſtellung be- harrend, ihm überließen diejenigen ſelbſt zu wählen die er hiezu für tauglich halte, machte er dieſen Verſuch wirklich; allein ſogleich gab ſich die Unmöglichkeit kund, mti dieſem Verfahren weiter zu kommen. Er konnte doch nicht vermeiden, von beiden Seiten Männer zu ernennen, die ſchon an den bisherigen Streitigkeiten Theil genommen: noch einmal ſaßen der Carmeliter Billik, der päpſtlich geſinnte Politiker Leon- hard von Eck neben dem Vorkämpfer des Proteſtantismus Jacob Sturm. Jene forderten, wie der Beichtvater, die Her- ſtellung der geiſtlichen Güter; dieſer trug, wie vor 25 Jah- ren, auf ein Nationalconcilium an. Man kann ſich darüber nicht wundern. Die großen Ereigniſſe der letzten Jahre ent- hielten doch nichts was eine innere Annäherung der beiden Parteien hervorgebracht hätte. An eine Vereinigung aber war unter dieſen Umſtänden nicht zu denken: nach einigen Tagen löſte die Verſammlung ſich auf und gab ihren Auf- trag dem Kaiſer zurück.
Es mußte nun doch dahin kommen, was auch von An- fang Ferdinands Gedanke geweſen, daß ohne ſo viele Rück-
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Das Interim.
Die politiſch-religiöſen Intereſſen des Reiches, die
Machtentwickelung die es möglich erſcheinen ließ, jetzt etwas
zu erreichen, und die Differenz mit dem Papſt wirkten zuſam-
men, um den Gedanken des Interim in Gang zu bringen.
Es hätte aber nicht zum Ziele führen können, hiebei
den alten Weg ſtändiſcher Berathung einzuſchlagen. Der
Kaiſer ſchien wohl einen Augenblick darauf zu denken. Er
erſuchte die Stände, zur Berathung über die Mittel einer
chriſtlichen Vereinigung ihre Abgeordneten mit den ſeinen zu-
ſammentreten zu laſſen; als ſie, bei ihrer Heimſtellung be-
harrend, ihm überließen diejenigen ſelbſt zu wählen die er
hiezu für tauglich halte, machte er dieſen Verſuch wirklich;
allein ſogleich gab ſich die Unmöglichkeit kund, mti dieſem
Verfahren weiter zu kommen. Er konnte doch nicht vermeiden,
von beiden Seiten Männer zu ernennen, die ſchon an den
bisherigen Streitigkeiten Theil genommen: noch einmal ſaßen
der Carmeliter Billik, der päpſtlich geſinnte Politiker Leon-
hard von Eck neben dem Vorkämpfer des Proteſtantismus
Jacob Sturm. Jene forderten, wie der Beichtvater, die Her-
ſtellung der geiſtlichen Güter; dieſer trug, wie vor 25 Jah-
ren, auf ein Nationalconcilium an. Man kann ſich darüber
nicht wundern. Die großen Ereigniſſe der letzten Jahre ent-
hielten doch nichts was eine innere Annäherung der beiden
Parteien hervorgebracht hätte. An eine Vereinigung aber
war unter dieſen Umſtänden nicht zu denken: nach einigen
Tagen löſte die Verſammlung ſich auf und gab ihren Auf-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/51>, abgerufen am 25.11.2024.
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