setzen werde auf die es ankomme, zumal wenn der Papst fortfahre wie er angefangen; dem Urtheil erfahrner Theo- logen zufolge sey es vielmehr, nachdem die streitigen Arti- kel so vielfach besprochen und verhandelt worden, so schwer nicht, in Deutschland selbst eine solche Consultation und christ- liche Reformation nach den Bedürfnissen der Deutschen auf- zustellen, von der man hoffen dürfe daß die Protestanten wenigstens zum größten Theile sie annehmen und auch Papst und Concil sie nicht verwerfen würden. Zu Abfassung eines solchen Entwurfes brachte der König gleich damals einige Männer, die er für geeignet hielt, in Vorschlag, namentlich Julius Pflug Bischof von Naumburg, und Michael Hel- ding Weihbischof zu Mainz.
Eine sehr erwünschte Vorbereitung hiezu war, daß der Fürstenrath bei der ersten Antwort auf die Proposition dem Kaiser heimgestellt hatte einstweilige Ordnung zu treffen.
Wiewohl darin lag, daß eine solche nur bis zum Schluß des Conciliums gültig seyn sollte, woher sich denn der Name des Interim schreibt, so hatte die Sache doch an sich eine allgemeine Bedeutung, da jede Vereinbarung dieser Gegensätze, wie bedingt auch immer, ein neuer großer Schritt war, und da ferner die conciliaren Angelegenheiten so eben hofnungsloser wurden, als sie jemals gewesen.
Bei der Sendung des Cardinal Madrucci hatte Carl dem Papst bereits angekündigt, daß er die Dinge unmög- lich in dem Zustand lassen könne, worin sie seyen; als dieser nicht allein unverrichteter Sache zurückkehrte, sondern nun erst der völlige Bruch erfolgte, hielt er sich für doppelt be- rechtigt zum Werke zu schreiten.
Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
ſetzen werde auf die es ankomme, zumal wenn der Papſt fortfahre wie er angefangen; dem Urtheil erfahrner Theo- logen zufolge ſey es vielmehr, nachdem die ſtreitigen Arti- kel ſo vielfach beſprochen und verhandelt worden, ſo ſchwer nicht, in Deutſchland ſelbſt eine ſolche Conſultation und chriſt- liche Reformation nach den Bedürfniſſen der Deutſchen auf- zuſtellen, von der man hoffen dürfe daß die Proteſtanten wenigſtens zum größten Theile ſie annehmen und auch Papſt und Concil ſie nicht verwerfen würden. Zu Abfaſſung eines ſolchen Entwurfes brachte der König gleich damals einige Männer, die er für geeignet hielt, in Vorſchlag, namentlich Julius Pflug Biſchof von Naumburg, und Michael Hel- ding Weihbiſchof zu Mainz.
Eine ſehr erwünſchte Vorbereitung hiezu war, daß der Fürſtenrath bei der erſten Antwort auf die Propoſition dem Kaiſer heimgeſtellt hatte einſtweilige Ordnung zu treffen.
Wiewohl darin lag, daß eine ſolche nur bis zum Schluß des Conciliums gültig ſeyn ſollte, woher ſich denn der Name des Interim ſchreibt, ſo hatte die Sache doch an ſich eine allgemeine Bedeutung, da jede Vereinbarung dieſer Gegenſätze, wie bedingt auch immer, ein neuer großer Schritt war, und da ferner die conciliaren Angelegenheiten ſo eben hofnungsloſer wurden, als ſie jemals geweſen.
Bei der Sendung des Cardinal Madrucci hatte Carl dem Papſt bereits angekündigt, daß er die Dinge unmög- lich in dem Zuſtand laſſen könne, worin ſie ſeyen; als dieſer nicht allein unverrichteter Sache zurückkehrte, ſondern nun erſt der völlige Bruch erfolgte, hielt er ſich für doppelt be- rechtigt zum Werke zu ſchreiten.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0050"n="38"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Neuntes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/>ſetzen werde auf die es ankomme, zumal wenn der Papſt<lb/>
fortfahre wie er angefangen; dem Urtheil erfahrner Theo-<lb/>
logen zufolge ſey es vielmehr, nachdem die ſtreitigen Arti-<lb/>
kel ſo vielfach beſprochen und verhandelt worden, ſo ſchwer<lb/>
nicht, in Deutſchland ſelbſt eine ſolche Conſultation und chriſt-<lb/>
liche Reformation nach den Bedürfniſſen der Deutſchen auf-<lb/>
zuſtellen, von der man hoffen dürfe daß die Proteſtanten<lb/>
wenigſtens zum größten Theile ſie annehmen und auch Papſt<lb/>
und Concil ſie nicht verwerfen würden. Zu Abfaſſung eines<lb/>ſolchen Entwurfes brachte der König gleich damals einige<lb/>
Männer, die er für geeignet hielt, in Vorſchlag, namentlich<lb/>
Julius Pflug Biſchof von Naumburg, und Michael Hel-<lb/>
ding Weihbiſchof zu Mainz.</p><lb/><p>Eine ſehr erwünſchte Vorbereitung hiezu war, daß der<lb/>
Fürſtenrath bei der erſten Antwort auf die Propoſition dem<lb/>
Kaiſer heimgeſtellt hatte einſtweilige Ordnung zu treffen.</p><lb/><p>Wiewohl darin lag, daß eine ſolche nur bis zum Schluß<lb/>
des Conciliums gültig ſeyn ſollte, woher ſich denn der<lb/>
Name des Interim ſchreibt, ſo hatte die Sache doch an<lb/>ſich eine allgemeine Bedeutung, da jede Vereinbarung dieſer<lb/>
Gegenſätze, wie bedingt auch immer, ein neuer großer Schritt<lb/>
war, und da ferner die conciliaren Angelegenheiten ſo eben<lb/>
hofnungsloſer wurden, als ſie jemals geweſen.</p><lb/><p>Bei der Sendung des Cardinal Madrucci hatte Carl<lb/>
dem Papſt bereits angekündigt, daß er die Dinge unmög-<lb/>
lich in dem Zuſtand laſſen könne, worin ſie ſeyen; als dieſer<lb/>
nicht allein unverrichteter Sache zurückkehrte, ſondern nun<lb/>
erſt der völlige Bruch erfolgte, hielt er ſich für doppelt be-<lb/>
rechtigt zum Werke zu ſchreiten.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[38/0050]
Neuntes Buch. Erſtes Capitel.
ſetzen werde auf die es ankomme, zumal wenn der Papſt
fortfahre wie er angefangen; dem Urtheil erfahrner Theo-
logen zufolge ſey es vielmehr, nachdem die ſtreitigen Arti-
kel ſo vielfach beſprochen und verhandelt worden, ſo ſchwer
nicht, in Deutſchland ſelbſt eine ſolche Conſultation und chriſt-
liche Reformation nach den Bedürfniſſen der Deutſchen auf-
zuſtellen, von der man hoffen dürfe daß die Proteſtanten
wenigſtens zum größten Theile ſie annehmen und auch Papſt
und Concil ſie nicht verwerfen würden. Zu Abfaſſung eines
ſolchen Entwurfes brachte der König gleich damals einige
Männer, die er für geeignet hielt, in Vorſchlag, namentlich
Julius Pflug Biſchof von Naumburg, und Michael Hel-
ding Weihbiſchof zu Mainz.
Eine ſehr erwünſchte Vorbereitung hiezu war, daß der
Fürſtenrath bei der erſten Antwort auf die Propoſition dem
Kaiſer heimgeſtellt hatte einſtweilige Ordnung zu treffen.
Wiewohl darin lag, daß eine ſolche nur bis zum Schluß
des Conciliums gültig ſeyn ſollte, woher ſich denn der
Name des Interim ſchreibt, ſo hatte die Sache doch an
ſich eine allgemeine Bedeutung, da jede Vereinbarung dieſer
Gegenſätze, wie bedingt auch immer, ein neuer großer Schritt
war, und da ferner die conciliaren Angelegenheiten ſo eben
hofnungsloſer wurden, als ſie jemals geweſen.
Bei der Sendung des Cardinal Madrucci hatte Carl
dem Papſt bereits angekündigt, daß er die Dinge unmög-
lich in dem Zuſtand laſſen könne, worin ſie ſeyen; als dieſer
nicht allein unverrichteter Sache zurückkehrte, ſondern nun
erſt der völlige Bruch erfolgte, hielt er ſich für doppelt be-
rechtigt zum Werke zu ſchreiten.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/50>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.