Und sogleich ward die aus dem Alterthum stammende Wissenschaft durch diese neue Berührung mit dem Boden Ger- maniens auf ein Gebiet gerichtet, dessen sie sich nur noch unvollständig bemächtigt hatte: das Reich der Mineralien.
Es war eigentlich die Erwähnung metallischer Arznei- stoffe, deren sich die Alten bei äußern Schäden viel bedient haben und die man nicht wiedererkannte, was einen jun- gen, von der classischen Richtung durch und durch ergriffe- nen Arzt, Georg Agricola, veranlaßte, seine Wohnung bei den Bergleuten im Joachimsthal aufzuschlagen. 1 Indem er nun aber alle Notizen der Alten über die Mineralien sammelte, und sie mit dem verglich was er vor Augen sah, ward er inne, daß ihn eine Welt umgab, von der sich wenigstens aus den übrig gebliebenen classischen Schriften kein Begriff bilden ließ. Er gieng von dem Wunsche aus, was die Alten gewußt, für seine Zeit wieder zu beleben; sah sich aber gar bald in dem umgekehrten Falle, die deutschen Bezeichnungen die er vorfand, in die gelehrte Sprache auf- zunehmen. In dem uralten Betriebe des deutschen Bergbaues hatte sich eine schon weit gediehene Kunde der Erze und Ge- steine gebildet; bei den mancherlei metallurgischen Operationen die man vornahm, hatte man in den Hütten Wahrnehmun- gen gemacht und Erfahrungen gesammelt, die nur aufgefaßt und in der Sprache der Gelehrsamkeit ausgedrückt zu werden
1Georgii Agricolae Bermannus: Quid mirum, si ulcera quae- dam - - non sanamus, cum pauca admodum emplastra, praesertim ex metallicis composita, quibus veteres - - usi sunt - - (vergl. Hecker Gesch. der Heilkunde I, 447) conficere possimus. Quae sane prae- cipua fuit causa, quam ob rem me ad loca quae metallis abunda- rent contulerim. (ed. Froben p. 422.)
Zehntes Buch. Achtes Capitel.
Und ſogleich ward die aus dem Alterthum ſtammende Wiſſenſchaft durch dieſe neue Berührung mit dem Boden Ger- maniens auf ein Gebiet gerichtet, deſſen ſie ſich nur noch unvollſtändig bemächtigt hatte: das Reich der Mineralien.
Es war eigentlich die Erwähnung metalliſcher Arznei- ſtoffe, deren ſich die Alten bei äußern Schäden viel bedient haben und die man nicht wiedererkannte, was einen jun- gen, von der claſſiſchen Richtung durch und durch ergriffe- nen Arzt, Georg Agricola, veranlaßte, ſeine Wohnung bei den Bergleuten im Joachimsthal aufzuſchlagen. 1 Indem er nun aber alle Notizen der Alten über die Mineralien ſammelte, und ſie mit dem verglich was er vor Augen ſah, ward er inne, daß ihn eine Welt umgab, von der ſich wenigſtens aus den übrig gebliebenen claſſiſchen Schriften kein Begriff bilden ließ. Er gieng von dem Wunſche aus, was die Alten gewußt, für ſeine Zeit wieder zu beleben; ſah ſich aber gar bald in dem umgekehrten Falle, die deutſchen Bezeichnungen die er vorfand, in die gelehrte Sprache auf- zunehmen. In dem uralten Betriebe des deutſchen Bergbaues hatte ſich eine ſchon weit gediehene Kunde der Erze und Ge- ſteine gebildet; bei den mancherlei metallurgiſchen Operationen die man vornahm, hatte man in den Hütten Wahrnehmun- gen gemacht und Erfahrungen geſammelt, die nur aufgefaßt und in der Sprache der Gelehrſamkeit ausgedrückt zu werden
1Georgii Agricolae Bermannus: Quid mirum, si ulcera quae- dam ‒ ‒ non sanamus, cum pauca admodum emplastra, praesertim ex metallicis composita, quibus veteres ‒ ‒ usi sunt ‒ ‒ (vergl. Hecker Geſch. der Heilkunde I, 447) conficere possimus. Quae sane prae- cipua fuit causa, quam ob rem me ad loca quae metallis abunda- rent contulerim. (ed. Froben p. 422.)
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Zehntes Buch. Achtes Capitel.
Und ſogleich ward die aus dem Alterthum ſtammende
Wiſſenſchaft durch dieſe neue Berührung mit dem Boden Ger-
maniens auf ein Gebiet gerichtet, deſſen ſie ſich nur noch
unvollſtändig bemächtigt hatte: das Reich der Mineralien.
Es war eigentlich die Erwähnung metalliſcher Arznei-
ſtoffe, deren ſich die Alten bei äußern Schäden viel bedient
haben und die man nicht wiedererkannte, was einen jun-
gen, von der claſſiſchen Richtung durch und durch ergriffe-
nen Arzt, Georg Agricola, veranlaßte, ſeine Wohnung bei
den Bergleuten im Joachimsthal aufzuſchlagen. 1 Indem
er nun aber alle Notizen der Alten über die Mineralien
ſammelte, und ſie mit dem verglich was er vor Augen
ſah, ward er inne, daß ihn eine Welt umgab, von der ſich
wenigſtens aus den übrig gebliebenen claſſiſchen Schriften
kein Begriff bilden ließ. Er gieng von dem Wunſche aus, was
die Alten gewußt, für ſeine Zeit wieder zu beleben; ſah
ſich aber gar bald in dem umgekehrten Falle, die deutſchen
Bezeichnungen die er vorfand, in die gelehrte Sprache auf-
zunehmen. In dem uralten Betriebe des deutſchen Bergbaues
hatte ſich eine ſchon weit gediehene Kunde der Erze und Ge-
ſteine gebildet; bei den mancherlei metallurgiſchen Operationen
die man vornahm, hatte man in den Hütten Wahrnehmun-
gen gemacht und Erfahrungen geſammelt, die nur aufgefaßt
und in der Sprache der Gelehrſamkeit ausgedrückt zu werden
1 Georgii Agricolae Bermannus: Quid mirum, si ulcera quae-
dam ‒ ‒ non sanamus, cum pauca admodum emplastra, praesertim ex
metallicis composita, quibus veteres ‒ ‒ usi sunt ‒ ‒ (vergl. Hecker
Geſch. der Heilkunde I, 447) conficere possimus. Quae sane prae-
cipua fuit causa, quam ob rem me ad loca quae metallis abunda-
rent contulerim. (ed. Froben p. 422.)
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/494>, abgerufen am 25.11.2024.
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