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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Verbindung des Kaisers mit England.
würde Philipp wirklich in England Fuß gefaßt, alle neuen
Einrichtungen würden Festigkeit gewonnen haben.

So wunderbar ist in der Verfassung der europäischen
Staaten die Verflechtung des Persönlichen und des Allge-
meinen, daß es wie eine Art von Weltbegebenheit erschien,
als das nicht geschah, sondern die Meinung der Königin über
ihren Zustand sich endlich als ein Irrthum auswies.

Man fühlte sogleich, daß sich dann die von ihr unter-
nommene Herstellung nicht über ihren Tod hinaus erhalten
würde. Durch eine Combination günstiger Umstände war
sie zu Stande gebracht worden: mit denselben mußte sie ver-
schwinden. Zu tief war bereits die evangelische Lehre in die
Gemüther gedrungen. Man sah es bei den blutigen Ver-
folgungen welche Maria verhieng und mit denen sie ihren
Namen zum Abscheu der späteren Geschlechter gemacht hat.
Sie brachte damit nur Märtyrer hervor, deren erhabene
Standhaftigkeit an die ersten Zeiten des Christenthums er-
innerte und auf die Masse stärker wirkte, als die Predigten
jemals hätten wirken können, die man damit abzustellen ge-
dachte. Auch waren die evangelischen Lehren schon viel zu
weit verbreitet: der venezianische Gesandte will versichern, daß
es unter den jüngern Männern, von weniger als 35 Jah-
ren, vielleicht nicht einen Einzigen von rein katholischer Farbe
mehr gebe. Und wie hätte Philipp auch nur hoffen dürfen,
sich alsdann persönlich dort zu halten? Man hatte sich wohl
gehütet, ihm irgend ein von dem Leben seiner Gemahlin oder
dem Daseyn eines Erben unabhängiges Recht zu gewäh-
ren, und war jetzt weit entfernt, ihm die Krönung, die er
wünschte, zu bewilligen. Vielmehr gährte in der Tiefe der

Verbindung des Kaiſers mit England.
würde Philipp wirklich in England Fuß gefaßt, alle neuen
Einrichtungen würden Feſtigkeit gewonnen haben.

So wunderbar iſt in der Verfaſſung der europäiſchen
Staaten die Verflechtung des Perſönlichen und des Allge-
meinen, daß es wie eine Art von Weltbegebenheit erſchien,
als das nicht geſchah, ſondern die Meinung der Königin über
ihren Zuſtand ſich endlich als ein Irrthum auswies.

Man fühlte ſogleich, daß ſich dann die von ihr unter-
nommene Herſtellung nicht über ihren Tod hinaus erhalten
würde. Durch eine Combination günſtiger Umſtände war
ſie zu Stande gebracht worden: mit denſelben mußte ſie ver-
ſchwinden. Zu tief war bereits die evangeliſche Lehre in die
Gemüther gedrungen. Man ſah es bei den blutigen Ver-
folgungen welche Maria verhieng und mit denen ſie ihren
Namen zum Abſcheu der ſpäteren Geſchlechter gemacht hat.
Sie brachte damit nur Märtyrer hervor, deren erhabene
Standhaftigkeit an die erſten Zeiten des Chriſtenthums er-
innerte und auf die Maſſe ſtärker wirkte, als die Predigten
jemals hätten wirken können, die man damit abzuſtellen ge-
dachte. Auch waren die evangeliſchen Lehren ſchon viel zu
weit verbreitet: der venezianiſche Geſandte will verſichern, daß
es unter den jüngern Männern, von weniger als 35 Jah-
ren, vielleicht nicht einen Einzigen von rein katholiſcher Farbe
mehr gebe. Und wie hätte Philipp auch nur hoffen dürfen,
ſich alsdann perſönlich dort zu halten? Man hatte ſich wohl
gehütet, ihm irgend ein von dem Leben ſeiner Gemahlin oder
dem Daſeyn eines Erben unabhängiges Recht zu gewäh-
ren, und war jetzt weit entfernt, ihm die Krönung, die er
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[399/0411] Verbindung des Kaiſers mit England. würde Philipp wirklich in England Fuß gefaßt, alle neuen Einrichtungen würden Feſtigkeit gewonnen haben. So wunderbar iſt in der Verfaſſung der europäiſchen Staaten die Verflechtung des Perſönlichen und des Allge- meinen, daß es wie eine Art von Weltbegebenheit erſchien, als das nicht geſchah, ſondern die Meinung der Königin über ihren Zuſtand ſich endlich als ein Irrthum auswies. Man fühlte ſogleich, daß ſich dann die von ihr unter- nommene Herſtellung nicht über ihren Tod hinaus erhalten würde. Durch eine Combination günſtiger Umſtände war ſie zu Stande gebracht worden: mit denſelben mußte ſie ver- ſchwinden. Zu tief war bereits die evangeliſche Lehre in die Gemüther gedrungen. Man ſah es bei den blutigen Ver- folgungen welche Maria verhieng und mit denen ſie ihren Namen zum Abſcheu der ſpäteren Geſchlechter gemacht hat. Sie brachte damit nur Märtyrer hervor, deren erhabene Standhaftigkeit an die erſten Zeiten des Chriſtenthums er- innerte und auf die Maſſe ſtärker wirkte, als die Predigten jemals hätten wirken können, die man damit abzuſtellen ge- dachte. Auch waren die evangeliſchen Lehren ſchon viel zu weit verbreitet: der venezianiſche Geſandte will verſichern, daß es unter den jüngern Männern, von weniger als 35 Jah- ren, vielleicht nicht einen Einzigen von rein katholiſcher Farbe mehr gebe. Und wie hätte Philipp auch nur hoffen dürfen, ſich alsdann perſönlich dort zu halten? Man hatte ſich wohl gehütet, ihm irgend ein von dem Leben ſeiner Gemahlin oder dem Daſeyn eines Erben unabhängiges Recht zu gewäh- ren, und war jetzt weit entfernt, ihm die Krönung, die er wünſchte, zu bewilligen. Vielmehr gährte in der Tiefe der

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/411>, abgerufen am 24.11.2024.