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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Fünftes Capitel.
abzwingen wollen, ward jetzt durch Reichsbeschluß allen Evan-
gelischen gewährt.

Auch bei dem Artikel über die geistlichen Güter erhoben
sich nicht so viele Schwierigkeiten als man an sich hätte er-
warten sollen, und als selbst noch der erste Entwurf, der
eine Menge Ausnahmen zum Vortheil einzelner Personen
enthielt, erwarten ließ. Die sächsischen Gesandten erwarben
sich das Verdienst, einen annehmbaren Vorschlag einzubrin-
gen. Er lautete dahin, daß alle eingezogenen Güter, welche
nicht Reichsunmittelbaren angehörig gewesen, in dem Frie-
den begriffen seyn, Niemand ihrethalb angefochten werden
solle. Dahin waren schon lange alle Erklärungen der pro-
testantischen Fürsten gegangen, daß man nicht diejenigen Gü-
ter auf welche das Reich gegründet sey, angreife, sondern
nur die andern, welche in jedem Lande gelegen, zu verwenden
gedenke. Es war eine andre Frage, die sich bei pfälzischen
Ansprüchen erhob, ob es nicht wieder einem Zweifel unter-
liege, in welche der beiden Kategorien jede Stiftung ge-
höre: genug daß man den Grundsatz anerkannte. Ob aber
nicht über die Verwendung der dergestalt der Hierarchie ent-
fremdeten Güter etwas bestimmt werden sollte? Mainz war
nicht dafür. Was gegeben, sagte der Canzler, sey für voll
gegeben worden; sie seyen doch weg, wer wolle ihnen nach-
fragen? Dagegen ward von den Fürsten eine Clausel bean-
tragt und wirklich in den Abschied gebracht, nach welcher
das nur von den Gütern gelten sollte die schon zur Zeit
des Passauer Vertrags eingezogen gewesen.


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1 "Man möge sie sieden oder braten." Schreiben der säch-
sischen Gesandten vom 14ten April.

Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel.
abzwingen wollen, ward jetzt durch Reichsbeſchluß allen Evan-
geliſchen gewährt.

Auch bei dem Artikel über die geiſtlichen Güter erhoben
ſich nicht ſo viele Schwierigkeiten als man an ſich hätte er-
warten ſollen, und als ſelbſt noch der erſte Entwurf, der
eine Menge Ausnahmen zum Vortheil einzelner Perſonen
enthielt, erwarten ließ. Die ſächſiſchen Geſandten erwarben
ſich das Verdienſt, einen annehmbaren Vorſchlag einzubrin-
gen. Er lautete dahin, daß alle eingezogenen Güter, welche
nicht Reichsunmittelbaren angehörig geweſen, in dem Frie-
den begriffen ſeyn, Niemand ihrethalb angefochten werden
ſolle. Dahin waren ſchon lange alle Erklärungen der pro-
teſtantiſchen Fürſten gegangen, daß man nicht diejenigen Gü-
ter auf welche das Reich gegründet ſey, angreife, ſondern
nur die andern, welche in jedem Lande gelegen, zu verwenden
gedenke. Es war eine andre Frage, die ſich bei pfälziſchen
Anſprüchen erhob, ob es nicht wieder einem Zweifel unter-
liege, in welche der beiden Kategorien jede Stiftung ge-
höre: genug daß man den Grundſatz anerkannte. Ob aber
nicht über die Verwendung der dergeſtalt der Hierarchie ent-
fremdeten Güter etwas beſtimmt werden ſollte? Mainz war
nicht dafür. Was gegeben, ſagte der Canzler, ſey für voll
gegeben worden; ſie ſeyen doch weg, wer wolle ihnen nach-
fragen? Dagegen ward von den Fürſten eine Clauſel bean-
tragt und wirklich in den Abſchied gebracht, nach welcher
das nur von den Gütern gelten ſollte die ſchon zur Zeit
des Paſſauer Vertrags eingezogen geweſen.


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1 „Man moͤge ſie ſieden oder braten.“ Schreiben der ſaͤch-
ſiſchen Geſandten vom 14ten April.
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[368/0380] Zehntes Buch. Fuͤnftes Capitel. abzwingen wollen, ward jetzt durch Reichsbeſchluß allen Evan- geliſchen gewährt. Auch bei dem Artikel über die geiſtlichen Güter erhoben ſich nicht ſo viele Schwierigkeiten als man an ſich hätte er- warten ſollen, und als ſelbſt noch der erſte Entwurf, der eine Menge Ausnahmen zum Vortheil einzelner Perſonen enthielt, erwarten ließ. Die ſächſiſchen Geſandten erwarben ſich das Verdienſt, einen annehmbaren Vorſchlag einzubrin- gen. Er lautete dahin, daß alle eingezogenen Güter, welche nicht Reichsunmittelbaren angehörig geweſen, in dem Frie- den begriffen ſeyn, Niemand ihrethalb angefochten werden ſolle. Dahin waren ſchon lange alle Erklärungen der pro- teſtantiſchen Fürſten gegangen, daß man nicht diejenigen Gü- ter auf welche das Reich gegründet ſey, angreife, ſondern nur die andern, welche in jedem Lande gelegen, zu verwenden gedenke. Es war eine andre Frage, die ſich bei pfälziſchen Anſprüchen erhob, ob es nicht wieder einem Zweifel unter- liege, in welche der beiden Kategorien jede Stiftung ge- höre: genug daß man den Grundſatz anerkannte. Ob aber nicht über die Verwendung der dergeſtalt der Hierarchie ent- fremdeten Güter etwas beſtimmt werden ſollte? Mainz war nicht dafür. Was gegeben, ſagte der Canzler, ſey für voll gegeben worden; ſie ſeyen doch weg, wer wolle ihnen nach- fragen? Dagegen ward von den Fürſten eine Clauſel bean- tragt und wirklich in den Abſchied gebracht, nach welcher das nur von den Gütern gelten ſollte die ſchon zur Zeit des Paſſauer Vertrags eingezogen geweſen. 1 1 „Man moͤge ſie ſieden oder braten.“ Schreiben der ſaͤch- ſiſchen Geſandten vom 14ten April.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/380>, abgerufen am 09.05.2024.