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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Drittes Capitel.
Abschaffung des Interims vermittelte, die Befreiung der Pre-
diger, die noch immer auf ihren Bergfesten im Gefängniß
schmachteten, überhaupt die Durchführung des protestanti-
schen Prinzipes. Auch Erich trat, wie seine sorgsame Mut-
ter vorher berechnet, unter dieser Einwirkung zu dem evan-
gelischen Glauben zurück.

Auf Albrechts Seite stand noch einmal die Combina-
tion die Johann Friedrich 1547 stark gemacht: die evange-
lischen Städte an der See und im innern Lande, alle Eifrig-
evangelischen bis nach Böhmen.

Ferdinand hegte einen Augenblick die Furcht, bei der
weitverbreiteten Bewegung, die sich abermal in dem gemei-
nen Volke kund thue, dürfte es dem Markgrafen nicht schwer
seyn, an der Spitze desselben einen allgemeinen Umsturz zu
bewirken.

Und dabei behandelte ihn der Kaiser mit aller Rücksicht
und Schonung. Er konnte sich nicht mehr weigern, Edicte
gegen den Landfriedensbruch zu erlassen: sorgfältig jedoch ver-
mied er -- es erregte allgemeines Erstaunen -- den Mark-
grafen darin zu nennen.

Eben aber diese energische Haltung, diese weitaussehen-
den Beziehungen des Nebenbuhlers wollte Moritz auf keine
Weise sich entwickeln und befestigen lassen; gute Worte die
ihm derselbe gab, vermochten nichts über ihn. Öffentlich
sprach auch er hauptsächlich von dem Bruche des Landfrie-
dens den er rächen, von der Ruhe die er herstellen müsse;
trat man aber darüber in Unterhandlung, wie Markgraf Hans
es that, so bemerkte man bald, daß für diesen Hader, der
an die großen Gegensätze der europäischen Welt anknüpfte,
kein friedlicher Austrag zu hoffen sey.


Zehntes Buch. Drittes Capitel.
Abſchaffung des Interims vermittelte, die Befreiung der Pre-
diger, die noch immer auf ihren Bergfeſten im Gefängniß
ſchmachteten, überhaupt die Durchführung des proteſtanti-
ſchen Prinzipes. Auch Erich trat, wie ſeine ſorgſame Mut-
ter vorher berechnet, unter dieſer Einwirkung zu dem evan-
geliſchen Glauben zurück.

Auf Albrechts Seite ſtand noch einmal die Combina-
tion die Johann Friedrich 1547 ſtark gemacht: die evange-
liſchen Städte an der See und im innern Lande, alle Eifrig-
evangeliſchen bis nach Böhmen.

Ferdinand hegte einen Augenblick die Furcht, bei der
weitverbreiteten Bewegung, die ſich abermal in dem gemei-
nen Volke kund thue, dürfte es dem Markgrafen nicht ſchwer
ſeyn, an der Spitze deſſelben einen allgemeinen Umſturz zu
bewirken.

Und dabei behandelte ihn der Kaiſer mit aller Rückſicht
und Schonung. Er konnte ſich nicht mehr weigern, Edicte
gegen den Landfriedensbruch zu erlaſſen: ſorgfältig jedoch ver-
mied er — es erregte allgemeines Erſtaunen — den Mark-
grafen darin zu nennen.

Eben aber dieſe energiſche Haltung, dieſe weitausſehen-
den Beziehungen des Nebenbuhlers wollte Moritz auf keine
Weiſe ſich entwickeln und befeſtigen laſſen; gute Worte die
ihm derſelbe gab, vermochten nichts über ihn. Öffentlich
ſprach auch er hauptſächlich von dem Bruche des Landfrie-
dens den er rächen, von der Ruhe die er herſtellen müſſe;
trat man aber darüber in Unterhandlung, wie Markgraf Hans
es that, ſo bemerkte man bald, daß für dieſen Hader, der
an die großen Gegenſätze der europäiſchen Welt anknüpfte,
kein friedlicher Austrag zu hoffen ſey.


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[320/0332] Zehntes Buch. Drittes Capitel. Abſchaffung des Interims vermittelte, die Befreiung der Pre- diger, die noch immer auf ihren Bergfeſten im Gefängniß ſchmachteten, überhaupt die Durchführung des proteſtanti- ſchen Prinzipes. Auch Erich trat, wie ſeine ſorgſame Mut- ter vorher berechnet, unter dieſer Einwirkung zu dem evan- geliſchen Glauben zurück. Auf Albrechts Seite ſtand noch einmal die Combina- tion die Johann Friedrich 1547 ſtark gemacht: die evange- liſchen Städte an der See und im innern Lande, alle Eifrig- evangeliſchen bis nach Böhmen. Ferdinand hegte einen Augenblick die Furcht, bei der weitverbreiteten Bewegung, die ſich abermal in dem gemei- nen Volke kund thue, dürfte es dem Markgrafen nicht ſchwer ſeyn, an der Spitze deſſelben einen allgemeinen Umſturz zu bewirken. Und dabei behandelte ihn der Kaiſer mit aller Rückſicht und Schonung. Er konnte ſich nicht mehr weigern, Edicte gegen den Landfriedensbruch zu erlaſſen: ſorgfältig jedoch ver- mied er — es erregte allgemeines Erſtaunen — den Mark- grafen darin zu nennen. Eben aber dieſe energiſche Haltung, dieſe weitausſehen- den Beziehungen des Nebenbuhlers wollte Moritz auf keine Weiſe ſich entwickeln und befeſtigen laſſen; gute Worte die ihm derſelbe gab, vermochten nichts über ihn. Öffentlich ſprach auch er hauptſächlich von dem Bruche des Landfrie- dens den er rächen, von der Ruhe die er herſtellen müſſe; trat man aber darüber in Unterhandlung, wie Markgraf Hans es that, ſo bemerkte man bald, daß für dieſen Hader, der an die großen Gegenſätze der europäiſchen Welt anknüpfte, kein friedlicher Austrag zu hoffen ſey.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/332>, abgerufen am 26.05.2024.