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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Weltliche Geschäfte des Reichstags von 1547.
den sollten, wenn sie nicht vielleicht eine Erlaubniß des Kai-
sers und Königs nachweisen könnten. 1

Nachdem jene Besorgnisse gehoben waren, welche der
Bundesentwurf erweckt hatte, zeigte sich überhaupt eine sehr
enge Verbindung des Kaisers mit dem Fürstenrathe.

Die Fürsten drangen darauf, daß fortan wie früher
sämmtliche Mitglieder des Kammergerichts dem katholischen
Glauben angehören sollten. Der Kaiser gab es ihnen nach.

Dagegen forderte der Kaiser, daß ihm für dieß Mal
die Besetzung des Kammergerichts allein anheimgestellt würde.
Er brachte dabei die alten Gerechtsame des Kaiserthums,
das Gericht am Hofe zu halten, in Erinnerung. Die Für-
sten gaben es nach.

Hierauf schritt man zur Abfassung einer neuen Kam-
mergerichtsordnung. 2 Zwei alte Beisitzer, Dr Visch und
Dr Braun, sahen die bisherigen Constitutionen durch, brach-
ten sie in Ordnung und stellten, wo sie Mängel und Lücken
bemerkten, ihre eigenen Vorschläge auf. Mit aller Weitläuf-
tigkeit welche legislativen Arbeiten ständischer Versammlun-
gen eigen ist, verfuhr man bei der Berathung. Zuerst
gieng ein ständischer Ausschuß Artikel für Artikel durch wo-
bei er denn besonders die neuen Vorschläge in Betracht
zog, über welche er seine Bemerkungen machte. So revi-
dirt gelangte der Entwurf an die beiden Collegien der Für-
sten und der Churfürsten, wo er ebenfalls von Anfang bis

1 In den Acten findet sich undatirt der Entwurf der Churfür-
sten und die Antwort des Fürstenraths, die Eingabe an den Kaiser.
2 Harpprecht hat die meisten zwischen Kaiser und Ständen
gewechselten Schriften mitgetheilt. Von denen die er vermißte, fin-
den sich mehrere in den von mir benutzten Archiven, namentlich dem

Weltliche Geſchaͤfte des Reichstags von 1547.
den ſollten, wenn ſie nicht vielleicht eine Erlaubniß des Kai-
ſers und Königs nachweiſen könnten. 1

Nachdem jene Beſorgniſſe gehoben waren, welche der
Bundesentwurf erweckt hatte, zeigte ſich überhaupt eine ſehr
enge Verbindung des Kaiſers mit dem Fürſtenrathe.

Die Fürſten drangen darauf, daß fortan wie früher
ſämmtliche Mitglieder des Kammergerichts dem katholiſchen
Glauben angehören ſollten. Der Kaiſer gab es ihnen nach.

Dagegen forderte der Kaiſer, daß ihm für dieß Mal
die Beſetzung des Kammergerichts allein anheimgeſtellt würde.
Er brachte dabei die alten Gerechtſame des Kaiſerthums,
das Gericht am Hofe zu halten, in Erinnerung. Die Für-
ſten gaben es nach.

Hierauf ſchritt man zur Abfaſſung einer neuen Kam-
mergerichtsordnung. 2 Zwei alte Beiſitzer, Dr Viſch und
Dr Braun, ſahen die bisherigen Conſtitutionen durch, brach-
ten ſie in Ordnung und ſtellten, wo ſie Mängel und Lücken
bemerkten, ihre eigenen Vorſchläge auf. Mit aller Weitläuf-
tigkeit welche legislativen Arbeiten ſtändiſcher Verſammlun-
gen eigen iſt, verfuhr man bei der Berathung. Zuerſt
gieng ein ſtändiſcher Ausſchuß Artikel für Artikel durch wo-
bei er denn beſonders die neuen Vorſchläge in Betracht
zog, über welche er ſeine Bemerkungen machte. So revi-
dirt gelangte der Entwurf an die beiden Collegien der Für-
ſten und der Churfürſten, wo er ebenfalls von Anfang bis

1 In den Acten findet ſich undatirt der Entwurf der Churfuͤr-
ſten und die Antwort des Fuͤrſtenraths, die Eingabe an den Kaiſer.
2 Harpprecht hat die meiſten zwiſchen Kaiſer und Staͤnden
gewechſelten Schriften mitgetheilt. Von denen die er vermißte, fin-
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[21/0033] Weltliche Geſchaͤfte des Reichstags von 1547. den ſollten, wenn ſie nicht vielleicht eine Erlaubniß des Kai- ſers und Königs nachweiſen könnten. 1 Nachdem jene Beſorgniſſe gehoben waren, welche der Bundesentwurf erweckt hatte, zeigte ſich überhaupt eine ſehr enge Verbindung des Kaiſers mit dem Fürſtenrathe. Die Fürſten drangen darauf, daß fortan wie früher ſämmtliche Mitglieder des Kammergerichts dem katholiſchen Glauben angehören ſollten. Der Kaiſer gab es ihnen nach. Dagegen forderte der Kaiſer, daß ihm für dieß Mal die Beſetzung des Kammergerichts allein anheimgeſtellt würde. Er brachte dabei die alten Gerechtſame des Kaiſerthums, das Gericht am Hofe zu halten, in Erinnerung. Die Für- ſten gaben es nach. Hierauf ſchritt man zur Abfaſſung einer neuen Kam- mergerichtsordnung. 2 Zwei alte Beiſitzer, Dr Viſch und Dr Braun, ſahen die bisherigen Conſtitutionen durch, brach- ten ſie in Ordnung und ſtellten, wo ſie Mängel und Lücken bemerkten, ihre eigenen Vorſchläge auf. Mit aller Weitläuf- tigkeit welche legislativen Arbeiten ſtändiſcher Verſammlun- gen eigen iſt, verfuhr man bei der Berathung. Zuerſt gieng ein ſtändiſcher Ausſchuß Artikel für Artikel durch wo- bei er denn beſonders die neuen Vorſchläge in Betracht zog, über welche er ſeine Bemerkungen machte. So revi- dirt gelangte der Entwurf an die beiden Collegien der Für- ſten und der Churfürſten, wo er ebenfalls von Anfang bis 1 In den Acten findet ſich undatirt der Entwurf der Churfuͤr- ſten und die Antwort des Fuͤrſtenraths, die Eingabe an den Kaiſer. 2 Harpprecht hat die meiſten zwiſchen Kaiſer und Staͤnden gewechſelten Schriften mitgetheilt. Von denen die er vermißte, fin- den ſich mehrere in den von mir benutzten Archiven, namentlich dem

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/33>, abgerufen am 24.04.2024.