Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Zehntes Buch. Drittes Capitel. er diese Clausel endlich fallen ließ und den Vertrag ohnesolche unterschrieb, so sah Markgraf Albrecht darin eine Treulosigkeit; er hielt sich für berechtigt seinen Krieg al- lein fortzusetzen. Nachdem er noch einmal seine Leuchtku- geln über Sachsenhausen aufsteigen lassen, stürzte er sich auf die Bisthümer am Rhein. Nur mit einer schweren Con- tribution erkaufte der Bischof von Worms die Erlaubniß auf seinen Sitz zurückzukehren. Der Erzbischof von Mainz versenkte sein schweres Geschütz, um es dem Feinde zu ent- ziehen, in den Rhein und verließ seine Hauptstadt; dafür giengen seine Palläste in Feuer auf. Da der Erzbischof von Trier die Anmuthung ablehnte dem Markgrafen die Rhein- und Moselpässe einzuräumen, vielmehr an den wichtigsten derselben seine Befestigungen in Stand setzte, so überstieg Albrecht den Hundsrück und erschien am 25sten August vor Trier. Der Rath der Stadt kam ihm entgegen und über- reichte ihm die Schlüssel seiner Stadtthore, was er nie ei- nem seiner Fürsten gethan; dafür ward bei Todesstrafe ver- boten die Bürger zu beschädigen. Dagegen wurden die Klö- ster und Stifte großentheils geplündert: man wunderte sich, daß die Leute das Blei der Dächer zurückließen. Es scheint nicht als habe ihm dieß viele Feinde gemacht. Mit der Wie- derherstellung der geistlichen Macht war auch der Haß ge- gen sie erneuert worden. Wir finden wohl, daß jetzt wie vor 30 Jahren ein päpstlicher Nuntius auch unter sonst fried- lichen Verhältnissen nicht zu Land nach den Niederlanden zu reisen, ja selbst nicht am Ufer auszusteigen wagte, etwa um einen Fürsten zu begrüßen; seiner Begleitung auf dem Schiff ward eingeschärft das tiefste Geheimniß zu beobachten. 1 1 Masius an den Herzog von Cleve, 18 Juni. (Arch. zu Düss)
Zehntes Buch. Drittes Capitel. er dieſe Clauſel endlich fallen ließ und den Vertrag ohneſolche unterſchrieb, ſo ſah Markgraf Albrecht darin eine Treuloſigkeit; er hielt ſich für berechtigt ſeinen Krieg al- lein fortzuſetzen. Nachdem er noch einmal ſeine Leuchtku- geln über Sachſenhauſen aufſteigen laſſen, ſtürzte er ſich auf die Bisthümer am Rhein. Nur mit einer ſchweren Con- tribution erkaufte der Biſchof von Worms die Erlaubniß auf ſeinen Sitz zurückzukehren. Der Erzbiſchof von Mainz verſenkte ſein ſchweres Geſchütz, um es dem Feinde zu ent- ziehen, in den Rhein und verließ ſeine Hauptſtadt; dafür giengen ſeine Palläſte in Feuer auf. Da der Erzbiſchof von Trier die Anmuthung ablehnte dem Markgrafen die Rhein- und Moſelpäſſe einzuräumen, vielmehr an den wichtigſten derſelben ſeine Befeſtigungen in Stand ſetzte, ſo überſtieg Albrecht den Hundsrück und erſchien am 25ſten Auguſt vor Trier. Der Rath der Stadt kam ihm entgegen und über- reichte ihm die Schlüſſel ſeiner Stadtthore, was er nie ei- nem ſeiner Fürſten gethan; dafür ward bei Todesſtrafe ver- boten die Bürger zu beſchädigen. Dagegen wurden die Klö- ſter und Stifte großentheils geplündert: man wunderte ſich, daß die Leute das Blei der Dächer zurückließen. Es ſcheint nicht als habe ihm dieß viele Feinde gemacht. Mit der Wie- derherſtellung der geiſtlichen Macht war auch der Haß ge- gen ſie erneuert worden. Wir finden wohl, daß jetzt wie vor 30 Jahren ein päpſtlicher Nuntius auch unter ſonſt fried- lichen Verhältniſſen nicht zu Land nach den Niederlanden zu reiſen, ja ſelbſt nicht am Ufer auszuſteigen wagte, etwa um einen Fürſten zu begrüßen; ſeiner Begleitung auf dem Schiff ward eingeſchärft das tiefſte Geheimniß zu beobachten. 1 1 Maſius an den Herzog von Cleve, 18 Juni. (Arch. zu Duͤſſ)
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Zehntes Buch. Drittes Capitel.
er dieſe Clauſel endlich fallen ließ und den Vertrag ohne
ſolche unterſchrieb, ſo ſah Markgraf Albrecht darin eine
Treuloſigkeit; er hielt ſich für berechtigt ſeinen Krieg al-
lein fortzuſetzen. Nachdem er noch einmal ſeine Leuchtku-
geln über Sachſenhauſen aufſteigen laſſen, ſtürzte er ſich auf
die Bisthümer am Rhein. Nur mit einer ſchweren Con-
tribution erkaufte der Biſchof von Worms die Erlaubniß
auf ſeinen Sitz zurückzukehren. Der Erzbiſchof von Mainz
verſenkte ſein ſchweres Geſchütz, um es dem Feinde zu ent-
ziehen, in den Rhein und verließ ſeine Hauptſtadt; dafür
giengen ſeine Palläſte in Feuer auf. Da der Erzbiſchof von
Trier die Anmuthung ablehnte dem Markgrafen die Rhein-
und Moſelpäſſe einzuräumen, vielmehr an den wichtigſten
derſelben ſeine Befeſtigungen in Stand ſetzte, ſo überſtieg
Albrecht den Hundsrück und erſchien am 25ſten Auguſt vor
Trier. Der Rath der Stadt kam ihm entgegen und über-
reichte ihm die Schlüſſel ſeiner Stadtthore, was er nie ei-
nem ſeiner Fürſten gethan; dafür ward bei Todesſtrafe ver-
boten die Bürger zu beſchädigen. Dagegen wurden die Klö-
ſter und Stifte großentheils geplündert: man wunderte ſich,
daß die Leute das Blei der Dächer zurückließen. Es ſcheint
nicht als habe ihm dieß viele Feinde gemacht. Mit der Wie-
derherſtellung der geiſtlichen Macht war auch der Haß ge-
gen ſie erneuert worden. Wir finden wohl, daß jetzt wie
vor 30 Jahren ein päpſtlicher Nuntius auch unter ſonſt fried-
lichen Verhältniſſen nicht zu Land nach den Niederlanden zu
reiſen, ja ſelbſt nicht am Ufer auszuſteigen wagte, etwa um
einen Fürſten zu begrüßen; ſeiner Begleitung auf dem Schiff
ward eingeſchärft das tiefſte Geheimniß zu beobachten. 1
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