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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Absicht den schwäbischen Bund zu erneuern.
sten absondern, dessen Schutz ihnen nicht mehr nöthig sey,
sobald aller Schutz vom Bunde ausgehe. Churfürst Moritz
erinnerte, die Erbeinung der Häuser Hessen, Brandenburg und
Sachsen, durch welche die Kaiser oftmals genöthigt worden
mit deren Rathe zu handeln, werde nicht mehr bestehn; 1 das
sächsische Recht, um deswillen man von der Appellation befreit
sey, und viele andere Privilegien würden bedroht werden. 2

Wilhelm von Baiern, der wieder in sehr katholischem
Eifer war, fand eine Verbindung mit protestantischen Für-
sten auch darum unthunlich, weil man dann genöthigt wer-
den könnte dem Reformationswesen zuzusehen.

Es war schon von schlechter Vorbedeutung, daß der Kai-
ser in Ulm nicht vorwärts kam und die Verhandlung über den
Bund an den Reichstag ziehn mußte. Hier ließ er sie aller-
dings nicht sogleich fallen: der vorgelegte Entwurf ward von
den beiden höhern Collegien begutachtet, ein Schriftwechsel auf
die herkömmliche Weise darüber eingeleitet: wohlverstanden
jedoch, mit dem Vorbehalt der Unverbindlichkeit; endlich
ward, nach langer Weigerung der Churfürsten, ein gemein-
schaftlicher Ausschuß darüber niedergesetzt; -- so weit kön-
nen wir die Sache verfolgen: -- wie nun aber der Ausschuß

1 Aus dem Concept zu einem undatirten, jedoch früheren Schrei-
ben Joachims an Moritz: "Weil -- wie E. Chf. Gn. erachten, dieser
bund hier diesen landen wenig nutzlich oder furtreglich, sondern allein
zu untreglichen kosten gereichen wolt, - - bittet Chf. freundlich, s.
Chf. Gn. wolten die Unterrede und damals Ir Chf. Gn. Anzeigen
ingedenk seyn, sich in diese Bündniß nit bereden lassen, noch dieselb
annemen, - - mit ferrer einfürung das unser alte beschworne Erbeini-
gung dadurch abgethan werden wolt."
2 Rethe zu Torgau an den Churfürsten zu Sachsen. (Dresd
Archiv.)
2*

Abſicht den ſchwaͤbiſchen Bund zu erneuern.
ſten abſondern, deſſen Schutz ihnen nicht mehr nöthig ſey,
ſobald aller Schutz vom Bunde ausgehe. Churfürſt Moritz
erinnerte, die Erbeinung der Häuſer Heſſen, Brandenburg und
Sachſen, durch welche die Kaiſer oftmals genöthigt worden
mit deren Rathe zu handeln, werde nicht mehr beſtehn; 1 das
ſächſiſche Recht, um deswillen man von der Appellation befreit
ſey, und viele andere Privilegien würden bedroht werden. 2

Wilhelm von Baiern, der wieder in ſehr katholiſchem
Eifer war, fand eine Verbindung mit proteſtantiſchen Für-
ſten auch darum unthunlich, weil man dann genöthigt wer-
den könnte dem Reformationsweſen zuzuſehen.

Es war ſchon von ſchlechter Vorbedeutung, daß der Kai-
ſer in Ulm nicht vorwärts kam und die Verhandlung über den
Bund an den Reichstag ziehn mußte. Hier ließ er ſie aller-
dings nicht ſogleich fallen: der vorgelegte Entwurf ward von
den beiden höhern Collegien begutachtet, ein Schriftwechſel auf
die herkömmliche Weiſe darüber eingeleitet: wohlverſtanden
jedoch, mit dem Vorbehalt der Unverbindlichkeit; endlich
ward, nach langer Weigerung der Churfürſten, ein gemein-
ſchaftlicher Ausſchuß darüber niedergeſetzt; — ſo weit kön-
nen wir die Sache verfolgen: — wie nun aber der Ausſchuß

1 Aus dem Concept zu einem undatirten, jedoch fruͤheren Schrei-
ben Joachims an Moritz: „Weil — wie E. Chf. Gn. erachten, dieſer
bund hier dieſen landen wenig nutzlich oder furtreglich, ſondern allein
zu untreglichen koſten gereichen wolt, ‒ ‒ bittet Chf. freundlich, ſ.
Chf. Gn. wolten die Unterrede und damals Ir Chf. Gn. Anzeigen
ingedenk ſeyn, ſich in dieſe Buͤndniß nit bereden laſſen, noch dieſelb
annemen, ‒ ‒ mit ferrer einfuͤrung das unſer alte beſchworne Erbeini-
gung dadurch abgethan werden wolt.“
2 Rethe zu Torgau an den Churfuͤrſten zu Sachſen. (Dresd
Archiv.)
2*
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[19/0031] Abſicht den ſchwaͤbiſchen Bund zu erneuern. ſten abſondern, deſſen Schutz ihnen nicht mehr nöthig ſey, ſobald aller Schutz vom Bunde ausgehe. Churfürſt Moritz erinnerte, die Erbeinung der Häuſer Heſſen, Brandenburg und Sachſen, durch welche die Kaiſer oftmals genöthigt worden mit deren Rathe zu handeln, werde nicht mehr beſtehn; 1 das ſächſiſche Recht, um deswillen man von der Appellation befreit ſey, und viele andere Privilegien würden bedroht werden. 2 Wilhelm von Baiern, der wieder in ſehr katholiſchem Eifer war, fand eine Verbindung mit proteſtantiſchen Für- ſten auch darum unthunlich, weil man dann genöthigt wer- den könnte dem Reformationsweſen zuzuſehen. Es war ſchon von ſchlechter Vorbedeutung, daß der Kai- ſer in Ulm nicht vorwärts kam und die Verhandlung über den Bund an den Reichstag ziehn mußte. Hier ließ er ſie aller- dings nicht ſogleich fallen: der vorgelegte Entwurf ward von den beiden höhern Collegien begutachtet, ein Schriftwechſel auf die herkömmliche Weiſe darüber eingeleitet: wohlverſtanden jedoch, mit dem Vorbehalt der Unverbindlichkeit; endlich ward, nach langer Weigerung der Churfürſten, ein gemein- ſchaftlicher Ausſchuß darüber niedergeſetzt; — ſo weit kön- nen wir die Sache verfolgen: — wie nun aber der Ausſchuß 1 Aus dem Concept zu einem undatirten, jedoch fruͤheren Schrei- ben Joachims an Moritz: „Weil — wie E. Chf. Gn. erachten, dieſer bund hier dieſen landen wenig nutzlich oder furtreglich, ſondern allein zu untreglichen koſten gereichen wolt, ‒ ‒ bittet Chf. freundlich, ſ. Chf. Gn. wolten die Unterrede und damals Ir Chf. Gn. Anzeigen ingedenk ſeyn, ſich in dieſe Buͤndniß nit bereden laſſen, noch dieſelb annemen, ‒ ‒ mit ferrer einfuͤrung das unſer alte beſchworne Erbeini- gung dadurch abgethan werden wolt.“ 2 Rethe zu Torgau an den Churfuͤrſten zu Sachſen. (Dresd Archiv.) 2*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/31>, abgerufen am 28.03.2024.