Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Feldzug in Ungarn.
und der bischöflichen Macht hatten sich einst die Regungen
der Reform geknüpft; wären sie durchgedrungen, so hätten
sie auch die Mittel und den Eifer des Widerstandes ver-
mehrt, und alles müßte anders gegangen seyn. Der Herzog,
der die Stadt gegen den Kaiser vertheidigt hat, ist derselbe,
der einst die Versammlung in Gorze zerstörte; jetzt ließ er
alle lutherischen Bücher auf einen Haufen bringen und ver-
brennen. Die Entfremdung der Stadt vom Reich und die
völlige Unterdrückung der reformatorischen Regungen giengen
Hand in Hand.

Wie Carl V gegen Frankreich, so hatte sich Churfürst
Moritz nach Ungarn gewendet.

Hier war, wie oben berührt, der Feldzug bereits im
März 1552 vom Sandschak von Ofen, Ali, einem Eunu-
chen, eröffnet worden. Vor Szegedin hatte er die rothe
Fahne erbeutet, auf der der kaiserliche Adler mit ausgebrei-
teten Flügeln erschien; dann hatte er Vesprim und mehrere
Bergstädte eingenommen; den Anführer der aus den Erblan-
den zu eilender Hülfe aufgebrachten Mannschaften, Erasmus
Teufel, Freiherrn zu Gundersdorf, nahm er gefangen und führte
ihn bei seiner Rückkehr nach Ofen förmlich in Triumph auf. 1

Und diesen einheimischen osmanischen Streitkräften zur
Unterstützung erschien nun schon im Mai der Wesir Ahmed
mit dem asiatischen Heere und den Reiterschaaren die der
Beglerbeg von Rumili ihm zuführte, an der Donau. Die

1 Isthuanffius XVIII, p. 206. Taifalum ipsum equo insi-
dentem, tympanistis et tibicinibus ac fistulis pedestribus prae-
cedentibus moreque suo canentibus cum praecipuis captivis in
forum conduxit.
19*

Feldzug in Ungarn.
und der biſchöflichen Macht hatten ſich einſt die Regungen
der Reform geknüpft; wären ſie durchgedrungen, ſo hätten
ſie auch die Mittel und den Eifer des Widerſtandes ver-
mehrt, und alles müßte anders gegangen ſeyn. Der Herzog,
der die Stadt gegen den Kaiſer vertheidigt hat, iſt derſelbe,
der einſt die Verſammlung in Gorze zerſtörte; jetzt ließ er
alle lutheriſchen Bücher auf einen Haufen bringen und ver-
brennen. Die Entfremdung der Stadt vom Reich und die
völlige Unterdrückung der reformatoriſchen Regungen giengen
Hand in Hand.

Wie Carl V gegen Frankreich, ſo hatte ſich Churfürſt
Moritz nach Ungarn gewendet.

Hier war, wie oben berührt, der Feldzug bereits im
März 1552 vom Sandſchak von Ofen, Ali, einem Eunu-
chen, eröffnet worden. Vor Szegedin hatte er die rothe
Fahne erbeutet, auf der der kaiſerliche Adler mit ausgebrei-
teten Flügeln erſchien; dann hatte er Veſprim und mehrere
Bergſtädte eingenommen; den Anführer der aus den Erblan-
den zu eilender Hülfe aufgebrachten Mannſchaften, Erasmus
Teufel, Freiherrn zu Gundersdorf, nahm er gefangen und führte
ihn bei ſeiner Rückkehr nach Ofen förmlich in Triumph auf. 1

Und dieſen einheimiſchen osmaniſchen Streitkräften zur
Unterſtützung erſchien nun ſchon im Mai der Weſir Ahmed
mit dem aſiatiſchen Heere und den Reiterſchaaren die der
Beglerbeg von Rumili ihm zuführte, an der Donau. Die

1 Isthuanffius XVIII, p. 206. Taifalum ipsum equo insi-
dentem, tympanistis et tibicinibus ac fistulis pedestribus prae-
cedentibus moreque suo canentibus cum praecipuis captivis in
forum conduxit.
19*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0303" n="291"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Feldzug in Ungarn</hi>.</fw><lb/>
und der bi&#x017F;chöflichen Macht hatten &#x017F;ich ein&#x017F;t die Regungen<lb/>
der Reform geknüpft; wären &#x017F;ie durchgedrungen, &#x017F;o hätten<lb/>
&#x017F;ie auch die Mittel und den Eifer des Wider&#x017F;tandes ver-<lb/>
mehrt, und alles müßte anders gegangen &#x017F;eyn. Der Herzog,<lb/>
der die Stadt gegen den Kai&#x017F;er vertheidigt hat, i&#x017F;t der&#x017F;elbe,<lb/>
der ein&#x017F;t die Ver&#x017F;ammlung in Gorze zer&#x017F;törte; jetzt ließ er<lb/>
alle lutheri&#x017F;chen Bücher auf einen Haufen bringen und ver-<lb/>
brennen. Die Entfremdung der Stadt vom Reich und die<lb/>
völlige Unterdrückung der reformatori&#x017F;chen Regungen giengen<lb/>
Hand in Hand.</p><lb/>
          <p>Wie Carl <hi rendition="#aq">V</hi> gegen Frankreich, &#x017F;o hatte &#x017F;ich Churfür&#x017F;t<lb/>
Moritz nach Ungarn gewendet.</p><lb/>
          <p>Hier war, wie oben berührt, der Feldzug bereits im<lb/>
März 1552 vom Sand&#x017F;chak von Ofen, Ali, einem Eunu-<lb/>
chen, eröffnet worden. Vor Szegedin hatte er die rothe<lb/>
Fahne erbeutet, auf der der kai&#x017F;erliche Adler mit ausgebrei-<lb/>
teten Flügeln er&#x017F;chien; dann hatte er Ve&#x017F;prim und mehrere<lb/>
Berg&#x017F;tädte eingenommen; den Anführer der aus den Erblan-<lb/>
den zu eilender Hülfe aufgebrachten Mann&#x017F;chaften, Erasmus<lb/>
Teufel, Freiherrn zu Gundersdorf, nahm er gefangen und führte<lb/>
ihn bei &#x017F;einer Rückkehr nach Ofen förmlich in Triumph auf. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Isthuanffius XVIII, p. 206. Taifalum ipsum equo insi-<lb/>
dentem, tympanistis et tibicinibus ac fistulis pedestribus prae-<lb/>
cedentibus moreque suo canentibus cum praecipuis captivis in<lb/>
forum conduxit.</hi></note></p><lb/>
          <p>Und die&#x017F;en einheimi&#x017F;chen osmani&#x017F;chen Streitkräften zur<lb/>
Unter&#x017F;tützung er&#x017F;chien nun &#x017F;chon im Mai der We&#x017F;ir Ahmed<lb/>
mit dem a&#x017F;iati&#x017F;chen Heere und den Reiter&#x017F;chaaren die der<lb/>
Beglerbeg von Rumili ihm zuführte, an der Donau. Die<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">19*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[291/0303] Feldzug in Ungarn. und der biſchöflichen Macht hatten ſich einſt die Regungen der Reform geknüpft; wären ſie durchgedrungen, ſo hätten ſie auch die Mittel und den Eifer des Widerſtandes ver- mehrt, und alles müßte anders gegangen ſeyn. Der Herzog, der die Stadt gegen den Kaiſer vertheidigt hat, iſt derſelbe, der einſt die Verſammlung in Gorze zerſtörte; jetzt ließ er alle lutheriſchen Bücher auf einen Haufen bringen und ver- brennen. Die Entfremdung der Stadt vom Reich und die völlige Unterdrückung der reformatoriſchen Regungen giengen Hand in Hand. Wie Carl V gegen Frankreich, ſo hatte ſich Churfürſt Moritz nach Ungarn gewendet. Hier war, wie oben berührt, der Feldzug bereits im März 1552 vom Sandſchak von Ofen, Ali, einem Eunu- chen, eröffnet worden. Vor Szegedin hatte er die rothe Fahne erbeutet, auf der der kaiſerliche Adler mit ausgebrei- teten Flügeln erſchien; dann hatte er Veſprim und mehrere Bergſtädte eingenommen; den Anführer der aus den Erblan- den zu eilender Hülfe aufgebrachten Mannſchaften, Erasmus Teufel, Freiherrn zu Gundersdorf, nahm er gefangen und führte ihn bei ſeiner Rückkehr nach Ofen förmlich in Triumph auf. 1 Und dieſen einheimiſchen osmaniſchen Streitkräften zur Unterſtützung erſchien nun ſchon im Mai der Weſir Ahmed mit dem aſiatiſchen Heere und den Reiterſchaaren die der Beglerbeg von Rumili ihm zuführte, an der Donau. Die 1 Isthuanffius XVIII, p. 206. Taifalum ipsum equo insi- dentem, tympanistis et tibicinibus ac fistulis pedestribus prae- cedentibus moreque suo canentibus cum praecipuis captivis in forum conduxit. 19*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/303
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/303>, abgerufen am 26.05.2024.