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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Erstes Capitel.

Unter einem so mannichfaltigen Wechsel von Berathun-
gen und Antrieben ist der Passauer Vertrag zu Stande ge-
kommen.

Man könnte nicht sagen, daß er für die große innere
Frage, in den religiösen Angelegenheiten eine definitive Be-
stimmung gegeben oder auch nur in sich eingeschlossen habe.

Der immerwährende Friedstand zwischen den beiden Be-
kenntnissen war ausdrücklich verweigert, die alte Idee der
kirchlichen Einheit, als einer Bedingung des politischen Le-
bens, vorbehalten, und jede weitere Festsetzung auf den Reichs-
tag verschoben worden, von dem sich doch nicht voraussehen
ließ, ob er nicht durch seine Consequenz gefesselt unter ähnli-
chen Einwirkungen wie früher auch wohl zu ähnlichen Be-
schlüssen gebracht werden könnte.

Auch wurden nicht einmal die obschwebenden Unruhen
dadurch beseitigt. Markgraf Albrecht von Brandenburg wei-
gerte sich ihn anzunehmen und setzte seine Züge gegen Stif-
ter und Städte, wie er sie in Franken und Schwaben be-
gonnen, an Rhein und Mosel fort. Auf sein Beispiel sah
Graf Volradt von Mansfeld, der gegen Ende Mai in Ratze-
burg eingebrochen war, die silbernen Apostel aus der Dom-
kirche geholt und die Domherrn genöthigt hatte den jungen
Herzog von Lauenburg zum Bischof zu postuliren: noch hielt
er dort an der Elbe eine beträchtliche Mannschaft im Felde.

Bei alle dem war der Passauer Vertrag doch ein un-
ermeßliches Glück für Deutschland.

Das nunmehr auch vom Kaiser zusammengebrachte Heer
und das hessisch-sächsische hätten sonst mit einander schla-
gen müssen, und die ganze Kriegswuth beider Theile hätte
sich nach dem Reiche hin entladen.


Zehntes Buch. Erſtes Capitel.

Unter einem ſo mannichfaltigen Wechſel von Berathun-
gen und Antrieben iſt der Paſſauer Vertrag zu Stande ge-
kommen.

Man könnte nicht ſagen, daß er für die große innere
Frage, in den religiöſen Angelegenheiten eine definitive Be-
ſtimmung gegeben oder auch nur in ſich eingeſchloſſen habe.

Der immerwährende Friedſtand zwiſchen den beiden Be-
kenntniſſen war ausdrücklich verweigert, die alte Idee der
kirchlichen Einheit, als einer Bedingung des politiſchen Le-
bens, vorbehalten, und jede weitere Feſtſetzung auf den Reichs-
tag verſchoben worden, von dem ſich doch nicht vorausſehen
ließ, ob er nicht durch ſeine Conſequenz gefeſſelt unter ähnli-
chen Einwirkungen wie früher auch wohl zu ähnlichen Be-
ſchlüſſen gebracht werden könnte.

Auch wurden nicht einmal die obſchwebenden Unruhen
dadurch beſeitigt. Markgraf Albrecht von Brandenburg wei-
gerte ſich ihn anzunehmen und ſetzte ſeine Züge gegen Stif-
ter und Städte, wie er ſie in Franken und Schwaben be-
gonnen, an Rhein und Moſel fort. Auf ſein Beiſpiel ſah
Graf Volradt von Mansfeld, der gegen Ende Mai in Ratze-
burg eingebrochen war, die ſilbernen Apoſtel aus der Dom-
kirche geholt und die Domherrn genöthigt hatte den jungen
Herzog von Lauenburg zum Biſchof zu poſtuliren: noch hielt
er dort an der Elbe eine beträchtliche Mannſchaft im Felde.

Bei alle dem war der Paſſauer Vertrag doch ein un-
ermeßliches Glück für Deutſchland.

Das nunmehr auch vom Kaiſer zuſammengebrachte Heer
und das heſſiſch-ſächſiſche hätten ſonſt mit einander ſchla-
gen müſſen, und die ganze Kriegswuth beider Theile hätte
ſich nach dem Reiche hin entladen.


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[278/0290] Zehntes Buch. Erſtes Capitel. Unter einem ſo mannichfaltigen Wechſel von Berathun- gen und Antrieben iſt der Paſſauer Vertrag zu Stande ge- kommen. Man könnte nicht ſagen, daß er für die große innere Frage, in den religiöſen Angelegenheiten eine definitive Be- ſtimmung gegeben oder auch nur in ſich eingeſchloſſen habe. Der immerwährende Friedſtand zwiſchen den beiden Be- kenntniſſen war ausdrücklich verweigert, die alte Idee der kirchlichen Einheit, als einer Bedingung des politiſchen Le- bens, vorbehalten, und jede weitere Feſtſetzung auf den Reichs- tag verſchoben worden, von dem ſich doch nicht vorausſehen ließ, ob er nicht durch ſeine Conſequenz gefeſſelt unter ähnli- chen Einwirkungen wie früher auch wohl zu ähnlichen Be- ſchlüſſen gebracht werden könnte. Auch wurden nicht einmal die obſchwebenden Unruhen dadurch beſeitigt. Markgraf Albrecht von Brandenburg wei- gerte ſich ihn anzunehmen und ſetzte ſeine Züge gegen Stif- ter und Städte, wie er ſie in Franken und Schwaben be- gonnen, an Rhein und Moſel fort. Auf ſein Beiſpiel ſah Graf Volradt von Mansfeld, der gegen Ende Mai in Ratze- burg eingebrochen war, die ſilbernen Apoſtel aus der Dom- kirche geholt und die Domherrn genöthigt hatte den jungen Herzog von Lauenburg zum Biſchof zu poſtuliren: noch hielt er dort an der Elbe eine beträchtliche Mannſchaft im Felde. Bei alle dem war der Paſſauer Vertrag doch ein un- ermeßliches Glück für Deutſchland. Das nunmehr auch vom Kaiſer zuſammengebrachte Heer und das heſſiſch-ſächſiſche hätten ſonſt mit einander ſchla- gen müſſen, und die ganze Kriegswuth beider Theile hätte ſich nach dem Reiche hin entladen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/290>, abgerufen am 27.11.2024.