Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Verhandlungen zu Passau.
nach welcher Markgraf Albrecht aufgefordert werden sollte
dem von ihm noch nicht angenommenen Stillstand beizu-
treten, war als ein Beweggrund angeführt worden, daß
der französische Gesandte damit einverstanden sey, ein Mo-
tiv das hier wohl eine Wirkung haben konnte: auf die Er-
innerung des römischen Königs aber, daß solch eine Bezug-
nahme auf eine fremde Macht dem Reiche schlecht anstehe,
ließ man sie weg.

Der Sinn der Stände war, den Einfluß wie der kai-
serlichen, so noch viel mehr der französischen Interessen zu
vermeiden, und aus dem Schooße des versammelten Reichs-
fürstenrathes eine Vermittelung der ausgebrochenen Strei-
tigkeiten hervorgehn zu lassen.

Und da lag nun die Summe des Ereignisses, und ge-
wissermaßen ein neuer Anfang für die Erhaltung und Ent-
wickelung des Reiches darin, daß in dieser Versammlung
katholische und evangelische Fürsten vereinigt waren, einmü-
thig entschlossen keinen Krieg in Deutschland zuzulassen. 1

Bisher hatten die katholischen Reichsfürsten noch immer
darauf bestanden, den Protestantismus so weit wie möglich
zurückzudrängen, oder lieber ganz zu vernichten, sey es nun

er hielt es für hinreichend ihnen eine Abschrift seiner Rede mitzuthei-
len: non denegare orationem habitam scripto communicare, ut et
fecit, additis literis asserti secretarii regis Galliarum, ad se non
solitis literis sed characteribus
(Chiffern) scriptam, qua (epi-
stola) asserebat injunctum sibi, ea coram statibus proponere.
Also
eine chiffrirte Instruction theilte er mit, deren Sinn er selbst aus-
legte. Prothocoll Distelmeyers.
1 Schreiben von Straß vigilia corp. Chi an den Churf. von
Brandenburg. "Die anwesenden stende allhie lassen vernehmen, das
sie keinen krigk in Deutschland haben noch leiden wollen: welches
denn die sache ser treibet und fordert."

Verhandlungen zu Paſſau.
nach welcher Markgraf Albrecht aufgefordert werden ſollte
dem von ihm noch nicht angenommenen Stillſtand beizu-
treten, war als ein Beweggrund angeführt worden, daß
der franzöſiſche Geſandte damit einverſtanden ſey, ein Mo-
tiv das hier wohl eine Wirkung haben konnte: auf die Er-
innerung des römiſchen Königs aber, daß ſolch eine Bezug-
nahme auf eine fremde Macht dem Reiche ſchlecht anſtehe,
ließ man ſie weg.

Der Sinn der Stände war, den Einfluß wie der kai-
ſerlichen, ſo noch viel mehr der franzöſiſchen Intereſſen zu
vermeiden, und aus dem Schooße des verſammelten Reichs-
fürſtenrathes eine Vermittelung der ausgebrochenen Strei-
tigkeiten hervorgehn zu laſſen.

Und da lag nun die Summe des Ereigniſſes, und ge-
wiſſermaßen ein neuer Anfang für die Erhaltung und Ent-
wickelung des Reiches darin, daß in dieſer Verſammlung
katholiſche und evangeliſche Fürſten vereinigt waren, einmü-
thig entſchloſſen keinen Krieg in Deutſchland zuzulaſſen. 1

Bisher hatten die katholiſchen Reichsfürſten noch immer
darauf beſtanden, den Proteſtantismus ſo weit wie möglich
zurückzudrängen, oder lieber ganz zu vernichten, ſey es nun

er hielt es fuͤr hinreichend ihnen eine Abſchrift ſeiner Rede mitzuthei-
len: non denegare orationem habitam scripto communicare, ut et
fecit, additis literis asserti secretarii regis Galliarum, ad se non
solitis literis sed characteribus
(Chiffern) scriptam, qua (epi-
stola) asserebat injunctum sibi, ea coram statibus proponere.
Alſo
eine chiffrirte Inſtruction theilte er mit, deren Sinn er ſelbſt aus-
legte. Prothocoll Diſtelmeyers.
1 Schreiben von Straß vigilia corp. Chi an den Churf. von
Brandenburg. „Die anweſenden ſtende allhie laſſen vernehmen, das
ſie keinen krigk in Deutſchland haben noch leiden wollen: welches
denn die ſache ſer treibet und fordert.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0273" n="261"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Verhandlungen zu Pa&#x017F;&#x017F;au</hi>.</fw><lb/>
nach welcher Markgraf Albrecht aufgefordert werden &#x017F;ollte<lb/>
dem von ihm noch nicht angenommenen Still&#x017F;tand beizu-<lb/>
treten, war als ein Beweggrund angeführt worden, daß<lb/>
der franzö&#x017F;i&#x017F;che Ge&#x017F;andte damit einver&#x017F;tanden &#x017F;ey, ein Mo-<lb/>
tiv das hier wohl eine Wirkung haben konnte: auf die Er-<lb/>
innerung des römi&#x017F;chen Königs aber, daß &#x017F;olch eine Bezug-<lb/>
nahme auf eine fremde Macht dem Reiche &#x017F;chlecht an&#x017F;tehe,<lb/>
ließ man &#x017F;ie weg.</p><lb/>
          <p>Der Sinn der Stände war, den Einfluß wie der kai-<lb/>
&#x017F;erlichen, &#x017F;o noch viel mehr der franzö&#x017F;i&#x017F;chen Intere&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
vermeiden, und aus dem Schooße des ver&#x017F;ammelten Reichs-<lb/>
für&#x017F;tenrathes eine Vermittelung der ausgebrochenen Strei-<lb/>
tigkeiten hervorgehn zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Und da lag nun die Summe des Ereigni&#x017F;&#x017F;es, und ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;ermaßen ein neuer Anfang für die Erhaltung und Ent-<lb/>
wickelung des Reiches darin, daß in die&#x017F;er Ver&#x017F;ammlung<lb/>
katholi&#x017F;che und evangeli&#x017F;che Für&#x017F;ten vereinigt waren, einmü-<lb/>
thig ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en keinen Krieg in Deut&#x017F;chland zuzula&#x017F;&#x017F;en. <note place="foot" n="1">Schreiben von Straß <hi rendition="#aq">vigilia corp. Ch<hi rendition="#sup">i</hi></hi> an den Churf. von<lb/>
Brandenburg. &#x201E;Die anwe&#x017F;enden &#x017F;tende allhie la&#x017F;&#x017F;en vernehmen, das<lb/>
&#x017F;ie keinen krigk in Deut&#x017F;chland haben noch leiden wollen: welches<lb/>
denn die &#x017F;ache &#x017F;er treibet und fordert.&#x201C;</note></p><lb/>
          <p>Bisher hatten die katholi&#x017F;chen Reichsfür&#x017F;ten noch immer<lb/>
darauf be&#x017F;tanden, den Prote&#x017F;tantismus &#x017F;o weit wie möglich<lb/>
zurückzudrängen, oder lieber ganz zu vernichten, &#x017F;ey es nun<lb/><note xml:id="seg2pn_16_2" prev="#seg2pn_16_1" place="foot" n="2">er hielt es fu&#x0364;r hinreichend ihnen eine Ab&#x017F;chrift &#x017F;einer Rede mitzuthei-<lb/>
len: <hi rendition="#aq">non denegare orationem habitam scripto communicare, ut et<lb/>
fecit, additis literis asserti secretarii regis Galliarum, ad se non<lb/>
solitis literis sed characteribus</hi> (Chiffern) <hi rendition="#aq">scriptam, qua (epi-<lb/>
stola) asserebat injunctum sibi, ea coram statibus proponere.</hi> Al&#x017F;o<lb/>
eine chiffrirte In&#x017F;truction theilte er mit, deren Sinn er &#x017F;elb&#x017F;t aus-<lb/>
legte. Prothocoll Di&#x017F;telmeyers.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0273] Verhandlungen zu Paſſau. nach welcher Markgraf Albrecht aufgefordert werden ſollte dem von ihm noch nicht angenommenen Stillſtand beizu- treten, war als ein Beweggrund angeführt worden, daß der franzöſiſche Geſandte damit einverſtanden ſey, ein Mo- tiv das hier wohl eine Wirkung haben konnte: auf die Er- innerung des römiſchen Königs aber, daß ſolch eine Bezug- nahme auf eine fremde Macht dem Reiche ſchlecht anſtehe, ließ man ſie weg. Der Sinn der Stände war, den Einfluß wie der kai- ſerlichen, ſo noch viel mehr der franzöſiſchen Intereſſen zu vermeiden, und aus dem Schooße des verſammelten Reichs- fürſtenrathes eine Vermittelung der ausgebrochenen Strei- tigkeiten hervorgehn zu laſſen. Und da lag nun die Summe des Ereigniſſes, und ge- wiſſermaßen ein neuer Anfang für die Erhaltung und Ent- wickelung des Reiches darin, daß in dieſer Verſammlung katholiſche und evangeliſche Fürſten vereinigt waren, einmü- thig entſchloſſen keinen Krieg in Deutſchland zuzulaſſen. 1 Bisher hatten die katholiſchen Reichsfürſten noch immer darauf beſtanden, den Proteſtantismus ſo weit wie möglich zurückzudrängen, oder lieber ganz zu vernichten, ſey es nun 2 1 Schreiben von Straß vigilia corp. Chi an den Churf. von Brandenburg. „Die anweſenden ſtende allhie laſſen vernehmen, das ſie keinen krigk in Deutſchland haben noch leiden wollen: welches denn die ſache ſer treibet und fordert.“ 2 er hielt es fuͤr hinreichend ihnen eine Abſchrift ſeiner Rede mitzuthei- len: non denegare orationem habitam scripto communicare, ut et fecit, additis literis asserti secretarii regis Galliarum, ad se non solitis literis sed characteribus (Chiffern) scriptam, qua (epi- stola) asserebat injunctum sibi, ea coram statibus proponere. Alſo eine chiffrirte Inſtruction theilte er mit, deren Sinn er ſelbſt aus- legte. Prothocoll Diſtelmeyers.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/273
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/273>, abgerufen am 09.05.2024.