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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Kriegszug gegen Carl V.
versicherte seine Ergebenheit auch aus diesem Grunde außer
der allgemeinen Pflicht, allein er gab zu bedenken, welcher
Gefahr er sich aussetze, wenn er sich jetzt ohne Verzug auf
die Seite des Kaisers schlage.

Schon früher hatte man sich am kaiserlichen Hofe be-
klagt, daß Ferdinand den Versuch, zur Abdankung des von
Magdeburg abgezogenen Heeres eine Anleihe aufzubringen,
nicht mit seinem Credit unterstützen wollte. Fast feierlich
forderte ihn jetzt der Kaiser auf, ihm zu sagen, was er als
sein Bruder und als römischer König aus den Mitteln sei-
ner Länder in dieser gemeinschaftlichen Gefahr bei ihm zu
leisten gedenke. Der König antwortete, er brauche alle seine
Kräfte wider die Osmanen in Ungarn. Statt der Unter-
stützung kam dem Kaiser vielmehr von dieser Seite eine For-
derung zu. Seine Tochter Maria, Gemahlin Maximilians,
ersuchte ihn in diesem Augenblick um 300000 Duc. ihrer
Aussteuer, wofür sie sich eine gut rentirende Besitzung in
Ungarn kaufen wolle. Der Kaiser war sehr geneigt, diese
Bitte den Einflüsterungen ihres ihm im Herzen feindlichen
Gemahls zuzuschreiben. Er meinte fast, es sey eine allge-
meine Verschwörung gegen ihn im Werke. Die Wechsler-
häuser in Augsburg, an die er sich wendete, verweigerten
ihm ihre Unterstützung, so günstig auch die Bedingungen wa-
ren die er ihnen vorschlug. 1

Wie war dem alten Sieger und Herrscher da zu Muthe,
als sich in demselben Augenblicke alle Feinde erhoben und
alle Mittel versagten.


1 Comme si lesdits marchands avoient entre eux quelque
intelligence secrete, pour non nous servir. (Lettre a Ferdinand.)

Kriegszug gegen Carl V.
verſicherte ſeine Ergebenheit auch aus dieſem Grunde außer
der allgemeinen Pflicht, allein er gab zu bedenken, welcher
Gefahr er ſich ausſetze, wenn er ſich jetzt ohne Verzug auf
die Seite des Kaiſers ſchlage.

Schon früher hatte man ſich am kaiſerlichen Hofe be-
klagt, daß Ferdinand den Verſuch, zur Abdankung des von
Magdeburg abgezogenen Heeres eine Anleihe aufzubringen,
nicht mit ſeinem Credit unterſtützen wollte. Faſt feierlich
forderte ihn jetzt der Kaiſer auf, ihm zu ſagen, was er als
ſein Bruder und als römiſcher König aus den Mitteln ſei-
ner Länder in dieſer gemeinſchaftlichen Gefahr bei ihm zu
leiſten gedenke. Der König antwortete, er brauche alle ſeine
Kräfte wider die Osmanen in Ungarn. Statt der Unter-
ſtützung kam dem Kaiſer vielmehr von dieſer Seite eine For-
derung zu. Seine Tochter Maria, Gemahlin Maximilians,
erſuchte ihn in dieſem Augenblick um 300000 Duc. ihrer
Ausſteuer, wofür ſie ſich eine gut rentirende Beſitzung in
Ungarn kaufen wolle. Der Kaiſer war ſehr geneigt, dieſe
Bitte den Einflüſterungen ihres ihm im Herzen feindlichen
Gemahls zuzuſchreiben. Er meinte faſt, es ſey eine allge-
meine Verſchwörung gegen ihn im Werke. Die Wechsler-
häuſer in Augsburg, an die er ſich wendete, verweigerten
ihm ihre Unterſtützung, ſo günſtig auch die Bedingungen wa-
ren die er ihnen vorſchlug. 1

Wie war dem alten Sieger und Herrſcher da zu Muthe,
als ſich in demſelben Augenblicke alle Feinde erhoben und
alle Mittel verſagten.


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intelligence secrete, pour non nous servir. (Lettre à Ferdinand.)
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[239/0251] Kriegszug gegen Carl V. verſicherte ſeine Ergebenheit auch aus dieſem Grunde außer der allgemeinen Pflicht, allein er gab zu bedenken, welcher Gefahr er ſich ausſetze, wenn er ſich jetzt ohne Verzug auf die Seite des Kaiſers ſchlage. Schon früher hatte man ſich am kaiſerlichen Hofe be- klagt, daß Ferdinand den Verſuch, zur Abdankung des von Magdeburg abgezogenen Heeres eine Anleihe aufzubringen, nicht mit ſeinem Credit unterſtützen wollte. Faſt feierlich forderte ihn jetzt der Kaiſer auf, ihm zu ſagen, was er als ſein Bruder und als römiſcher König aus den Mitteln ſei- ner Länder in dieſer gemeinſchaftlichen Gefahr bei ihm zu leiſten gedenke. Der König antwortete, er brauche alle ſeine Kräfte wider die Osmanen in Ungarn. Statt der Unter- ſtützung kam dem Kaiſer vielmehr von dieſer Seite eine For- derung zu. Seine Tochter Maria, Gemahlin Maximilians, erſuchte ihn in dieſem Augenblick um 300000 Duc. ihrer Ausſteuer, wofür ſie ſich eine gut rentirende Beſitzung in Ungarn kaufen wolle. Der Kaiſer war ſehr geneigt, dieſe Bitte den Einflüſterungen ihres ihm im Herzen feindlichen Gemahls zuzuſchreiben. Er meinte faſt, es ſey eine allge- meine Verſchwörung gegen ihn im Werke. Die Wechsler- häuſer in Augsburg, an die er ſich wendete, verweigerten ihm ihre Unterſtützung, ſo günſtig auch die Bedingungen wa- ren die er ihnen vorſchlug. 1 Wie war dem alten Sieger und Herrſcher da zu Muthe, als ſich in demſelben Augenblicke alle Feinde erhoben und alle Mittel verſagten. 1 Comme si lesdits marchands avoient entre eux quelque intelligence secrete, pour non nous servir. (Lettre à Ferdinand.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/251>, abgerufen am 09.05.2024.