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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Kirchliche Gewaltsamkeiten in Augsburg.
gewiesen, nichts zu lehren was nicht entweder der alten Re-
ligion oder dem Interim gemäß sey, und ohne Gnade ab-
gesetzt wenn sie sich dessen weigerten. Vier Lehrer in der
lateinischen Schule, neun in der deutschen, sogar einige Leh-
rerinnen waren standhaft genug dieß Schicksal über sich er-
gehn zu lassen. Und mit entsprechendem Ernst wurden die
Prediger vorgenommen. Vor dem Bischof von Arras wur-
den sie examinirt, ob sie auch glauben daß unter Einer Ge-
stalt das Sacrament so gut mitgetheilt werde wie unter bei-
den; wie viel Sacramente sie überhaupt annehmen. Da
ihre Erklärungen seh[ - 1 Zeichen fehlt] [ev]angelisch lauteten, wurden sie ange-
wiesen binnen drei Tagen beim Schein der Sonne die Stadt
zu räumen; sie mußten schwören in den Grenzen des heil.
Reiches niemals wieder zu predigen oder priesterliche Hand-
lungen zu verrichten, auch niemals Jemanden die Gründe
ihrer Ausweisung mitzutheilen. 1 Wo die Mönche nicht selbst
das Wort wieder ergriffen, wurden doch nur solche Predi-
ger geduldet welche sich genau an das Interim hielten. Der
Kaiser nahm an diesen Dingen mit einem Eifer Antheil, als
wenn seine ganze Autorität davon abhienge. Es blieb ihm
nicht unbekannt, wenn ein Bürger von Ulm eins seiner Kin-
der auch nur außerhalb der Stadt nach evangelischem Ritus
taufen ließ; er drang darauf, daß derselbe dafür aus dem
Rathe entfernt wurde. Er verweist es dem Rathe, wenn
er einem verjagten Prediger, der ein Handwerk treiben will,
das Bürgerrecht gewährt hat. Von allen Seiten wurden

1 Abschaffung der evangelischen Predigcanten zu Augsburg und
was davor mit inen geredt gehanndelt und von den kays. rethen auf-
erlegt worden ist. 26 Aug. 1551. In der grüntlichen und ordentli-
chen beschreibung, aus der auch unsre andern Nachrichten stammen.

Kirchliche Gewaltſamkeiten in Augsburg.
gewieſen, nichts zu lehren was nicht entweder der alten Re-
ligion oder dem Interim gemäß ſey, und ohne Gnade ab-
geſetzt wenn ſie ſich deſſen weigerten. Vier Lehrer in der
lateiniſchen Schule, neun in der deutſchen, ſogar einige Leh-
rerinnen waren ſtandhaft genug dieß Schickſal über ſich er-
gehn zu laſſen. Und mit entſprechendem Ernſt wurden die
Prediger vorgenommen. Vor dem Biſchof von Arras wur-
den ſie examinirt, ob ſie auch glauben daß unter Einer Ge-
ſtalt das Sacrament ſo gut mitgetheilt werde wie unter bei-
den; wie viel Sacramente ſie überhaupt annehmen. Da
ihre Erklärungen ſeh[ – 1 Zeichen fehlt] [ev]angeliſch lauteten, wurden ſie ange-
wieſen binnen drei Tagen beim Schein der Sonne die Stadt
zu räumen; ſie mußten ſchwören in den Grenzen des heil.
Reiches niemals wieder zu predigen oder prieſterliche Hand-
lungen zu verrichten, auch niemals Jemanden die Gründe
ihrer Ausweiſung mitzutheilen. 1 Wo die Mönche nicht ſelbſt
das Wort wieder ergriffen, wurden doch nur ſolche Predi-
ger geduldet welche ſich genau an das Interim hielten. Der
Kaiſer nahm an dieſen Dingen mit einem Eifer Antheil, als
wenn ſeine ganze Autorität davon abhienge. Es blieb ihm
nicht unbekannt, wenn ein Bürger von Ulm eins ſeiner Kin-
der auch nur außerhalb der Stadt nach evangeliſchem Ritus
taufen ließ; er drang darauf, daß derſelbe dafür aus dem
Rathe entfernt wurde. Er verweiſt es dem Rathe, wenn
er einem verjagten Prediger, der ein Handwerk treiben will,
das Bürgerrecht gewährt hat. Von allen Seiten wurden

1 Abſchaffung der evangeliſchen Predigcanten zu Augsburg und
was davor mit inen geredt gehanndelt und von den kayſ. rethen auf-
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[189/0201] Kirchliche Gewaltſamkeiten in Augsburg. gewieſen, nichts zu lehren was nicht entweder der alten Re- ligion oder dem Interim gemäß ſey, und ohne Gnade ab- geſetzt wenn ſie ſich deſſen weigerten. Vier Lehrer in der lateiniſchen Schule, neun in der deutſchen, ſogar einige Leh- rerinnen waren ſtandhaft genug dieß Schickſal über ſich er- gehn zu laſſen. Und mit entſprechendem Ernſt wurden die Prediger vorgenommen. Vor dem Biſchof von Arras wur- den ſie examinirt, ob ſie auch glauben daß unter Einer Ge- ſtalt das Sacrament ſo gut mitgetheilt werde wie unter bei- den; wie viel Sacramente ſie überhaupt annehmen. Da ihre Erklärungen ſeh_ evangeliſch lauteten, wurden ſie ange- wieſen binnen drei Tagen beim Schein der Sonne die Stadt zu räumen; ſie mußten ſchwören in den Grenzen des heil. Reiches niemals wieder zu predigen oder prieſterliche Hand- lungen zu verrichten, auch niemals Jemanden die Gründe ihrer Ausweiſung mitzutheilen. 1 Wo die Mönche nicht ſelbſt das Wort wieder ergriffen, wurden doch nur ſolche Predi- ger geduldet welche ſich genau an das Interim hielten. Der Kaiſer nahm an dieſen Dingen mit einem Eifer Antheil, als wenn ſeine ganze Autorität davon abhienge. Es blieb ihm nicht unbekannt, wenn ein Bürger von Ulm eins ſeiner Kin- der auch nur außerhalb der Stadt nach evangeliſchem Ritus taufen ließ; er drang darauf, daß derſelbe dafür aus dem Rathe entfernt wurde. Er verweiſt es dem Rathe, wenn er einem verjagten Prediger, der ein Handwerk treiben will, das Bürgerrecht gewährt hat. Von allen Seiten wurden 1 Abſchaffung der evangeliſchen Predigcanten zu Augsburg und was davor mit inen geredt gehanndelt und von den kayſ. rethen auf- erlegt worden iſt. 26 Aug. 1551. In der gruͤntlichen und ordentli- chen beſchreibung, aus der auch unſre andern Nachrichten ſtammen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/201>, abgerufen am 22.11.2024.