Bedingungen. 1 Dem Herzog Ottavio ließ er endlich ge- radezu wissen, daß die Kammer den Aufwand nicht länger tragen könne welchen ihr der Schutz von Parma verursache.
Es blieb kein Zweifel, daß die Farnesen verloren wa- ren, wenn sie nicht zu einem außerordentlichen Mittel griffen.
Papst Paul III war durch den Zusammenhang der geist- lichen und weltlichen Geschäfte abgehalten worden, in ein entschiedenes Verhältniß zu Frankreich zu treten. Bei sei- nen Enkeln fielen die geistlichen Rücksichten weg. Allerdings hatten sie in den Gebieten der Kirche und des Kaisers nicht wenig zu verlieren, allein sie konnten auch gewinnen, sich vielleicht rächen, und vor allen Dingen sich als Fürsten in Parma behaupten.
Und an wen sollten sie sich wenden, wenn nicht an Heinrich II, in dessen Familie einer von ihnen, Oratio, auf- genommen war?
Dem König ward der Antrag gemacht noch ehe die Ir- rungen mit England vollkommen beseitigt waren; er trug dazu bei daß dieß geschah.
Zuerst wurden einige zuverläßige Leute nach Italien ge- sendet, um die Lage der Dinge, auch die Haltbarkeit des Platzes zu untersuchen. Als deren Bericht günstig ausfiel, ward ein Vertrag geschlossen, kraft dessen der König die Farnesen in Schutz nahm und eine Mannschaft zu Pferd und zu Fuß nach Parma zu schicken versprach, groß genug um eine Belagerung auszuhalten, Ottavio dagegen sich ver-
1Instruttione al Vescovo d'Imola: Er habe dem spanischen Botschafter gesagt: che se pure S. Ma haveva desiderio di haver Parma, si aspettasse la maturita del tempo a parlarne.
Neuntes Buch. Viertes Capitel.
Bedingungen. 1 Dem Herzog Ottavio ließ er endlich ge- radezu wiſſen, daß die Kammer den Aufwand nicht länger tragen könne welchen ihr der Schutz von Parma verurſache.
Es blieb kein Zweifel, daß die Farneſen verloren wa- ren, wenn ſie nicht zu einem außerordentlichen Mittel griffen.
Papſt Paul III war durch den Zuſammenhang der geiſt- lichen und weltlichen Geſchäfte abgehalten worden, in ein entſchiedenes Verhältniß zu Frankreich zu treten. Bei ſei- nen Enkeln fielen die geiſtlichen Rückſichten weg. Allerdings hatten ſie in den Gebieten der Kirche und des Kaiſers nicht wenig zu verlieren, allein ſie konnten auch gewinnen, ſich vielleicht rächen, und vor allen Dingen ſich als Fürſten in Parma behaupten.
Und an wen ſollten ſie ſich wenden, wenn nicht an Heinrich II, in deſſen Familie einer von ihnen, Oratio, auf- genommen war?
Dem König ward der Antrag gemacht noch ehe die Ir- rungen mit England vollkommen beſeitigt waren; er trug dazu bei daß dieß geſchah.
Zuerſt wurden einige zuverläßige Leute nach Italien ge- ſendet, um die Lage der Dinge, auch die Haltbarkeit des Platzes zu unterſuchen. Als deren Bericht günſtig ausfiel, ward ein Vertrag geſchloſſen, kraft deſſen der König die Farneſen in Schutz nahm und eine Mannſchaft zu Pferd und zu Fuß nach Parma zu ſchicken verſprach, groß genug um eine Belagerung auszuhalten, Ottavio dagegen ſich ver-
1Instruttione al Vescovo d’Imola: Er habe dem ſpaniſchen Botſchafter geſagt: che se pure S. Mà haveva desiderio di haver Parma, si aspettasse la maturità del tempo a parlarne.
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Neuntes Buch. Viertes Capitel.
Bedingungen. 1 Dem Herzog Ottavio ließ er endlich ge-
radezu wiſſen, daß die Kammer den Aufwand nicht länger
tragen könne welchen ihr der Schutz von Parma verurſache.
Es blieb kein Zweifel, daß die Farneſen verloren wa-
ren, wenn ſie nicht zu einem außerordentlichen Mittel griffen.
Papſt Paul III war durch den Zuſammenhang der geiſt-
lichen und weltlichen Geſchäfte abgehalten worden, in ein
entſchiedenes Verhältniß zu Frankreich zu treten. Bei ſei-
nen Enkeln fielen die geiſtlichen Rückſichten weg. Allerdings
hatten ſie in den Gebieten der Kirche und des Kaiſers nicht
wenig zu verlieren, allein ſie konnten auch gewinnen, ſich
vielleicht rächen, und vor allen Dingen ſich als Fürſten in
Parma behaupten.
Und an wen ſollten ſie ſich wenden, wenn nicht an
Heinrich II, in deſſen Familie einer von ihnen, Oratio, auf-
genommen war?
Dem König ward der Antrag gemacht noch ehe die Ir-
rungen mit England vollkommen beſeitigt waren; er trug
dazu bei daß dieß geſchah.
Zuerſt wurden einige zuverläßige Leute nach Italien ge-
ſendet, um die Lage der Dinge, auch die Haltbarkeit des
Platzes zu unterſuchen. Als deren Bericht günſtig ausfiel,
ward ein Vertrag geſchloſſen, kraft deſſen der König die
Farneſen in Schutz nahm und eine Mannſchaft zu Pferd
und zu Fuß nach Parma zu ſchicken verſprach, groß genug
um eine Belagerung auszuhalten, Ottavio dagegen ſich ver-
1 Instruttione al Vescovo d’Imola: Er habe dem ſpaniſchen
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/186>, abgerufen am 16.02.2025.
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