Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Seekrieg im Mittelmeer.
Gesuch an ihn ausgegangen war) verschaffte ihm einen grö-
ßern Einfluß auf den Orden als je ein Kaiser gehabt.

Seit dem Jahre 1541 waren nun die Corsaren noch
beschwerlicher geworden, als sie früher gewesen. Mit ihren
kleinen geschwinden Fahrzeugen -- wir finden wohl, daß sie
erbeutete Galeeren zerschlagen, um sich Galeotten und Fu-
sten daraus zu zimmern, -- bald einzeln, bald in ganzen
Geschwadern, durchstreifen sie alle diese Gewässer: kein Schiff
ist vor ihnen sicher, das sich aus dem atlantischen Ocean
durch die Meerenge wagt, oder auch nur das zwischen Malta
und Sicilien segelt, -- kein Dorf an den weiten Küsten-
gebieten des inneren Meeres, so daß die Landleute sich ge-
wöhnen müssen gute Wacht zu halten, die Nächte in na-
hen Castellen zuzubringen: -- wie oft hat man in Procida
Diejenigen wieder losgekauft die an der neapolitanischen
Küste, etwa in Castellamare zu Gefangenen gemacht worden
waren. Der Kaiser sah sich genöthigt seine Galeeren in
mehrere Geschwader zu theilen, um die Communication zwi-
schen seinen Ländern nur einigermaßen zu behaupten. Da
kamen ihm nun die Galeeren des Ordens, als deren Ca-
pitän wir im Jahr 1542 einen Deutschen finden, Georg
Schilling, trefflich zu Statten. Die Ordenschronik schildert
ihr mannichfaltiges Zusammentreffen mit den Seeräubern:
wie diese sich fast immer mit verzweifelter Tapferkeit schla-
gen, namentlich die Renegaten unter ihnen, die freilich den
gewissen Tod voraussehen, wenn man sich ihrer bemäch-
tigte; wie aber auch die Ritter das weiße Ordenskreuz bis
in die entferntesten Buchten furchtbar machen und meisten-
theils die Oberhand behalten: die Christensclaven die an den

Ranke D. Gesch. V. 10

Seekrieg im Mittelmeer.
Geſuch an ihn ausgegangen war) verſchaffte ihm einen grö-
ßern Einfluß auf den Orden als je ein Kaiſer gehabt.

Seit dem Jahre 1541 waren nun die Corſaren noch
beſchwerlicher geworden, als ſie früher geweſen. Mit ihren
kleinen geſchwinden Fahrzeugen — wir finden wohl, daß ſie
erbeutete Galeeren zerſchlagen, um ſich Galeotten und Fu-
ſten daraus zu zimmern, — bald einzeln, bald in ganzen
Geſchwadern, durchſtreifen ſie alle dieſe Gewäſſer: kein Schiff
iſt vor ihnen ſicher, das ſich aus dem atlantiſchen Ocean
durch die Meerenge wagt, oder auch nur das zwiſchen Malta
und Sicilien ſegelt, — kein Dorf an den weiten Küſten-
gebieten des inneren Meeres, ſo daß die Landleute ſich ge-
wöhnen müſſen gute Wacht zu halten, die Nächte in na-
hen Caſtellen zuzubringen: — wie oft hat man in Procida
Diejenigen wieder losgekauft die an der neapolitaniſchen
Küſte, etwa in Caſtellamare zu Gefangenen gemacht worden
waren. Der Kaiſer ſah ſich genöthigt ſeine Galeeren in
mehrere Geſchwader zu theilen, um die Communication zwi-
ſchen ſeinen Ländern nur einigermaßen zu behaupten. Da
kamen ihm nun die Galeeren des Ordens, als deren Ca-
pitän wir im Jahr 1542 einen Deutſchen finden, Georg
Schilling, trefflich zu Statten. Die Ordenschronik ſchildert
ihr mannichfaltiges Zuſammentreffen mit den Seeräubern:
wie dieſe ſich faſt immer mit verzweifelter Tapferkeit ſchla-
gen, namentlich die Renegaten unter ihnen, die freilich den
gewiſſen Tod vorausſehen, wenn man ſich ihrer bemäch-
tigte; wie aber auch die Ritter das weiße Ordenskreuz bis
in die entfernteſten Buchten furchtbar machen und meiſten-
theils die Oberhand behalten: die Chriſtenſclaven die an den

Ranke D. Geſch. V. 10
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0157" n="145"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Seekrieg im Mittelmeer</hi>.</fw><lb/>
Ge&#x017F;uch an ihn ausgegangen war) ver&#x017F;chaffte ihm einen grö-<lb/>
ßern Einfluß auf den Orden als je ein Kai&#x017F;er gehabt.</p><lb/>
            <p>Seit dem Jahre 1541 waren nun die Cor&#x017F;aren noch<lb/>
be&#x017F;chwerlicher geworden, als &#x017F;ie früher gewe&#x017F;en. Mit ihren<lb/>
kleinen ge&#x017F;chwinden Fahrzeugen &#x2014; wir finden wohl, daß &#x017F;ie<lb/>
erbeutete Galeeren zer&#x017F;chlagen, um &#x017F;ich Galeotten und Fu-<lb/>
&#x017F;ten daraus zu zimmern, &#x2014; bald einzeln, bald in ganzen<lb/>
Ge&#x017F;chwadern, durch&#x017F;treifen &#x017F;ie alle die&#x017F;e Gewä&#x017F;&#x017F;er: kein Schiff<lb/>
i&#x017F;t vor ihnen &#x017F;icher, das &#x017F;ich aus dem atlanti&#x017F;chen Ocean<lb/>
durch die Meerenge wagt, oder auch nur das zwi&#x017F;chen Malta<lb/>
und Sicilien &#x017F;egelt, &#x2014; kein Dorf an den weiten Kü&#x017F;ten-<lb/>
gebieten des inneren Meeres, &#x017F;o daß die Landleute &#x017F;ich ge-<lb/>
wöhnen mü&#x017F;&#x017F;en gute Wacht zu halten, die Nächte in na-<lb/>
hen Ca&#x017F;tellen zuzubringen: &#x2014; wie oft hat man in Procida<lb/>
Diejenigen wieder losgekauft die an der neapolitani&#x017F;chen<lb/>&#x017F;te, etwa in Ca&#x017F;tellamare zu Gefangenen gemacht worden<lb/>
waren. Der Kai&#x017F;er &#x017F;ah &#x017F;ich genöthigt &#x017F;eine Galeeren in<lb/>
mehrere Ge&#x017F;chwader zu theilen, um die Communication zwi-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;einen Ländern nur einigermaßen zu behaupten. Da<lb/>
kamen ihm nun die Galeeren des Ordens, als deren Ca-<lb/>
pitän wir im Jahr 1542 einen Deut&#x017F;chen finden, Georg<lb/>
Schilling, trefflich zu Statten. Die Ordenschronik &#x017F;childert<lb/>
ihr mannichfaltiges Zu&#x017F;ammentreffen mit den Seeräubern:<lb/>
wie die&#x017F;e &#x017F;ich fa&#x017F;t immer mit verzweifelter Tapferkeit &#x017F;chla-<lb/>
gen, namentlich die Renegaten unter ihnen, die freilich den<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;en Tod voraus&#x017F;ehen, wenn man &#x017F;ich ihrer bemäch-<lb/>
tigte; wie aber auch die Ritter das weiße Ordenskreuz bis<lb/>
in die entfernte&#x017F;ten Buchten furchtbar machen und mei&#x017F;ten-<lb/>
theils die Oberhand behalten: die Chri&#x017F;ten&#x017F;claven die an den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Ranke D. Ge&#x017F;ch. <hi rendition="#aq">V.</hi> 10</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0157] Seekrieg im Mittelmeer. Geſuch an ihn ausgegangen war) verſchaffte ihm einen grö- ßern Einfluß auf den Orden als je ein Kaiſer gehabt. Seit dem Jahre 1541 waren nun die Corſaren noch beſchwerlicher geworden, als ſie früher geweſen. Mit ihren kleinen geſchwinden Fahrzeugen — wir finden wohl, daß ſie erbeutete Galeeren zerſchlagen, um ſich Galeotten und Fu- ſten daraus zu zimmern, — bald einzeln, bald in ganzen Geſchwadern, durchſtreifen ſie alle dieſe Gewäſſer: kein Schiff iſt vor ihnen ſicher, das ſich aus dem atlantiſchen Ocean durch die Meerenge wagt, oder auch nur das zwiſchen Malta und Sicilien ſegelt, — kein Dorf an den weiten Küſten- gebieten des inneren Meeres, ſo daß die Landleute ſich ge- wöhnen müſſen gute Wacht zu halten, die Nächte in na- hen Caſtellen zuzubringen: — wie oft hat man in Procida Diejenigen wieder losgekauft die an der neapolitaniſchen Küſte, etwa in Caſtellamare zu Gefangenen gemacht worden waren. Der Kaiſer ſah ſich genöthigt ſeine Galeeren in mehrere Geſchwader zu theilen, um die Communication zwi- ſchen ſeinen Ländern nur einigermaßen zu behaupten. Da kamen ihm nun die Galeeren des Ordens, als deren Ca- pitän wir im Jahr 1542 einen Deutſchen finden, Georg Schilling, trefflich zu Statten. Die Ordenschronik ſchildert ihr mannichfaltiges Zuſammentreffen mit den Seeräubern: wie dieſe ſich faſt immer mit verzweifelter Tapferkeit ſchla- gen, namentlich die Renegaten unter ihnen, die freilich den gewiſſen Tod vorausſehen, wenn man ſich ihrer bemäch- tigte; wie aber auch die Ritter das weiße Ordenskreuz bis in die entfernteſten Buchten furchtbar machen und meiſten- theils die Oberhand behalten: die Chriſtenſclaven die an den Ranke D. Geſch. V. 10

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/157
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/157>, abgerufen am 27.04.2024.