Und nicht minder war es seine Meinung, daß die Ver- fassung des Concils überhaupt geändert werden müsse. Wir haben eine Denkschrift von ihm, in welcher er das Verfah- ren des päpstlichen Hofes während der frühern Sessionen, als ein solches, das nur dahin gezielt habe die Mitglie- der in Knechtschaft zu halten, sehr ernstlich tadelt, den Vor- sitz der Legaten überhaupt verwirft, und die Praxis der al- ten Concilien, die Rechte welche den Kaisern dabei zustan- den, wiederhergestellt wissen will. 1 Diese Denkschrift ward vor der Eröffnung des Conciliums geschrieben, und um so bedeutender ist es, daß der Kaiser den Verfasser derselben zu seinem Bevollmächtigten in Trient ernannte.
Wir werden den Kaiser nicht so verstehen, als ob er eine geheime Hinneigung zu den Lehrsätzen der Protestanten genährt hätte: davon war seine Seele frei; allein einmal wollte er ihnen nichts auflegen lassen was sie zu offenem Wi- derspruch treiben konnte; sodann war seine Absicht nur gewe- sen sie zur Idee der Einheit zurückzuführen, dem Concilium zu unterwerfen: wenn sie innerhalb dieser Grenze dem Papst- thum Widerstand leisteten, so waren sie vielmehr seine Ver- bündeten als seine Feinde[:] sie konnten doch niemals anders als sich an das Kaiserthum halten: sie unterstützten seine Politik, welche die alte blieb, auch als er einen befreundeten Papst hatte.
Umstände, die freilich nicht dazu beitragen konnten, den Prälaten, die an den herkömmlichen Begriffen des Pontifi- cates festhielten, die Ankunft der protestantischen Abgeordne- ten wünschenswerth erscheinen zu lassen.
1Memoire sur la maniere de regler le concile, in Levassor Lettres et memoires de Francois de Vargas etc. p. 42.
Die Proteſtanten in Trient.
Und nicht minder war es ſeine Meinung, daß die Ver- faſſung des Concils überhaupt geändert werden müſſe. Wir haben eine Denkſchrift von ihm, in welcher er das Verfah- ren des päpſtlichen Hofes während der frühern Seſſionen, als ein ſolches, das nur dahin gezielt habe die Mitglie- der in Knechtſchaft zu halten, ſehr ernſtlich tadelt, den Vor- ſitz der Legaten überhaupt verwirft, und die Praxis der al- ten Concilien, die Rechte welche den Kaiſern dabei zuſtan- den, wiederhergeſtellt wiſſen will. 1 Dieſe Denkſchrift ward vor der Eröffnung des Conciliums geſchrieben, und um ſo bedeutender iſt es, daß der Kaiſer den Verfaſſer derſelben zu ſeinem Bevollmächtigten in Trient ernannte.
Wir werden den Kaiſer nicht ſo verſtehen, als ob er eine geheime Hinneigung zu den Lehrſätzen der Proteſtanten genährt hätte: davon war ſeine Seele frei; allein einmal wollte er ihnen nichts auflegen laſſen was ſie zu offenem Wi- derſpruch treiben konnte; ſodann war ſeine Abſicht nur gewe- ſen ſie zur Idee der Einheit zurückzuführen, dem Concilium zu unterwerfen: wenn ſie innerhalb dieſer Grenze dem Papſt- thum Widerſtand leiſteten, ſo waren ſie vielmehr ſeine Ver- bündeten als ſeine Feinde[:] ſie konnten doch niemals anders als ſich an das Kaiſerthum halten: ſie unterſtützten ſeine Politik, welche die alte blieb, auch als er einen befreundeten Papſt hatte.
Umſtände, die freilich nicht dazu beitragen konnten, den Prälaten, die an den herkömmlichen Begriffen des Pontifi- cates feſthielten, die Ankunft der proteſtantiſchen Abgeordne- ten wünſchenswerth erſcheinen zu laſſen.
1Memoire sur la maniere de regler le concile, in Levaſſor Lettres et memoires de François de Vargas etc. p. 42.
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Die Proteſtanten in Trient.
Und nicht minder war es ſeine Meinung, daß die Ver-
faſſung des Concils überhaupt geändert werden müſſe. Wir
haben eine Denkſchrift von ihm, in welcher er das Verfah-
ren des päpſtlichen Hofes während der frühern Seſſionen,
als ein ſolches, das nur dahin gezielt habe die Mitglie-
der in Knechtſchaft zu halten, ſehr ernſtlich tadelt, den Vor-
ſitz der Legaten überhaupt verwirft, und die Praxis der al-
ten Concilien, die Rechte welche den Kaiſern dabei zuſtan-
den, wiederhergeſtellt wiſſen will. 1 Dieſe Denkſchrift ward
vor der Eröffnung des Conciliums geſchrieben, und um ſo
bedeutender iſt es, daß der Kaiſer den Verfaſſer derſelben
zu ſeinem Bevollmächtigten in Trient ernannte.
Wir werden den Kaiſer nicht ſo verſtehen, als ob er
eine geheime Hinneigung zu den Lehrſätzen der Proteſtanten
genährt hätte: davon war ſeine Seele frei; allein einmal
wollte er ihnen nichts auflegen laſſen was ſie zu offenem Wi-
derſpruch treiben konnte; ſodann war ſeine Abſicht nur gewe-
ſen ſie zur Idee der Einheit zurückzuführen, dem Concilium
zu unterwerfen: wenn ſie innerhalb dieſer Grenze dem Papſt-
thum Widerſtand leiſteten, ſo waren ſie vielmehr ſeine Ver-
bündeten als ſeine Feinde: ſie konnten doch niemals anders
als ſich an das Kaiſerthum halten: ſie unterſtützten ſeine
Politik, welche die alte blieb, auch als er einen befreundeten
Papſt hatte.
Umſtände, die freilich nicht dazu beitragen konnten, den
Prälaten, die an den herkömmlichen Begriffen des Pontifi-
cates feſthielten, die Ankunft der proteſtantiſchen Abgeordne-
ten wünſchenswerth erſcheinen zu laſſen.
1 Memoire sur la maniere de regler le concile, in Levaſſor
Lettres et memoires de François de Vargas etc. p. 42.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/145>, abgerufen am 22.11.2024.
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