Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Neuntes Buch. Zweites Capitel.
deten sie: wie man denn in Greifswald ohnehin gewohnt
war, dem Beispiele Bugenhagens, den Lehren Melanchthons
sich anzuschließen. Bartholomäus Suave, Bischof von Ca-
min, aber evangelisch und verheirathet, mußte auf den aus-
drücklichen Befehl des Kaisers das Bisthum fahren lassen.
Die Fürsten leisteten auf den kirchlichen Einfluß den sie bis-
her ausgeübt, förmlich Verzicht: dem Rath von Stral-
sund haben sie erklärt, darin Diejenigen schaffen lassen zu
wollen, denen solches Amts halber gebühre. Nach dem Mu-
ster des Leipziger Interim ward auch hier zunächst eine ver-
mittelnde Formel aufgestellt.

Als Herzog Ulrich von Meklenburg zum Bischof von
Schwerin postulirt ward, hielt er doch für gut, die Weihen
nach der Gewohnheit der alten Kirche zu nehmen. Der Bi-
schof Magnus von Skara ertheilte sie ihm, wie er sagt "un-
ter Mitwirkung der Gnade des siebenfältigen Geistes."

Der Herzog von Cleve mußte jetzt endlich, was er bisher
noch immer vermieden, auf die Ausführung seines Tractats
mit dem Kaiser denken: in Soest, Wesel, Lippstadt ord-
nete er die Einführung des Interim an. Mit vielem Selbst-
gefühl ließ sich sein Bevollmächtigter Gropper in Soest ver-
nehmen: "So will es S. kais. Maj.", rief er aus, "so will
es mein gnädigster Fürst, so will auch ich es haben." 1

Im Lippischen widersetzten sich vergebens die entschlos-
sensten Prädicanten, -- merkwürdiger Weise vornehmlich Die,
welche aus dem Mönchthum übergetreten, -- aber es gab
andre die sich fügten.

In Ostfriesland setzte der Canzler Westen, dessen Ge-

1 Hamelmann Hist. renovati evangelii p. 1116.

Neuntes Buch. Zweites Capitel.
deten ſie: wie man denn in Greifswald ohnehin gewohnt
war, dem Beiſpiele Bugenhagens, den Lehren Melanchthons
ſich anzuſchließen. Bartholomäus Suave, Biſchof von Ca-
min, aber evangeliſch und verheirathet, mußte auf den aus-
drücklichen Befehl des Kaiſers das Bisthum fahren laſſen.
Die Fürſten leiſteten auf den kirchlichen Einfluß den ſie bis-
her ausgeübt, förmlich Verzicht: dem Rath von Stral-
ſund haben ſie erklärt, darin Diejenigen ſchaffen laſſen zu
wollen, denen ſolches Amts halber gebühre. Nach dem Mu-
ſter des Leipziger Interim ward auch hier zunächſt eine ver-
mittelnde Formel aufgeſtellt.

Als Herzog Ulrich von Meklenburg zum Biſchof von
Schwerin poſtulirt ward, hielt er doch für gut, die Weihen
nach der Gewohnheit der alten Kirche zu nehmen. Der Bi-
ſchof Magnus von Skara ertheilte ſie ihm, wie er ſagt „un-
ter Mitwirkung der Gnade des ſiebenfältigen Geiſtes.“

Der Herzog von Cleve mußte jetzt endlich, was er bisher
noch immer vermieden, auf die Ausführung ſeines Tractats
mit dem Kaiſer denken: in Soeſt, Weſel, Lippſtadt ord-
nete er die Einführung des Interim an. Mit vielem Selbſt-
gefühl ließ ſich ſein Bevollmächtigter Gropper in Soeſt ver-
nehmen: „So will es S. kaiſ. Maj.“, rief er aus, „ſo will
es mein gnädigſter Fürſt, ſo will auch ich es haben.“ 1

Im Lippiſchen widerſetzten ſich vergebens die entſchloſ-
ſenſten Prädicanten, — merkwürdiger Weiſe vornehmlich Die,
welche aus dem Mönchthum übergetreten, — aber es gab
andre die ſich fügten.

In Oſtfriesland ſetzte der Canzler Weſten, deſſen Ge-

1 Hamelmann Hist. renovati evangelii p. 1116.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0100" n="88"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/>
deten &#x017F;ie: wie man denn in Greifswald ohnehin gewohnt<lb/>
war, dem Bei&#x017F;piele Bugenhagens, den Lehren Melanchthons<lb/>
&#x017F;ich anzu&#x017F;chließen. Bartholomäus Suave, Bi&#x017F;chof von Ca-<lb/>
min, aber evangeli&#x017F;ch und verheirathet, mußte auf den aus-<lb/>
drücklichen Befehl des Kai&#x017F;ers das Bisthum fahren la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Die Für&#x017F;ten lei&#x017F;teten auf den kirchlichen Einfluß den &#x017F;ie bis-<lb/>
her ausgeübt, förmlich Verzicht: dem Rath von Stral-<lb/>
&#x017F;und haben &#x017F;ie erklärt, darin Diejenigen &#x017F;chaffen la&#x017F;&#x017F;en zu<lb/>
wollen, denen &#x017F;olches Amts halber gebühre. Nach dem Mu-<lb/>
&#x017F;ter des Leipziger Interim ward auch hier zunäch&#x017F;t eine ver-<lb/>
mittelnde Formel aufge&#x017F;tellt.</p><lb/>
          <p>Als Herzog Ulrich von Meklenburg zum Bi&#x017F;chof von<lb/>
Schwerin po&#x017F;tulirt ward, hielt er doch für gut, die Weihen<lb/>
nach der Gewohnheit der alten Kirche zu nehmen. Der Bi-<lb/>
&#x017F;chof Magnus von Skara ertheilte &#x017F;ie ihm, wie er &#x017F;agt &#x201E;un-<lb/>
ter Mitwirkung der Gnade des &#x017F;iebenfältigen Gei&#x017F;tes.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Der Herzog von Cleve mußte jetzt endlich, was er bisher<lb/>
noch immer vermieden, auf die Ausführung &#x017F;eines Tractats<lb/>
mit dem Kai&#x017F;er denken: in Soe&#x017F;t, We&#x017F;el, Lipp&#x017F;tadt ord-<lb/>
nete er die Einführung des Interim an. Mit vielem Selb&#x017F;t-<lb/>
gefühl ließ &#x017F;ich &#x017F;ein Bevollmächtigter Gropper in Soe&#x017F;t ver-<lb/>
nehmen: &#x201E;So will es S. kai&#x017F;. Maj.&#x201C;, rief er aus, &#x201E;&#x017F;o will<lb/>
es mein gnädig&#x017F;ter Für&#x017F;t, &#x017F;o will auch ich es haben.&#x201C; <note place="foot" n="1">Hamelmann <hi rendition="#aq">Hist. renovati evangelii p.</hi> 1116.</note></p><lb/>
          <p>Im Lippi&#x017F;chen wider&#x017F;etzten &#x017F;ich vergebens die ent&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;ten Prädicanten, &#x2014; merkwürdiger Wei&#x017F;e vornehmlich Die,<lb/>
welche aus dem Mönchthum übergetreten, &#x2014; aber es gab<lb/>
andre die &#x017F;ich fügten.</p><lb/>
          <p>In O&#x017F;tfriesland &#x017F;etzte der Canzler We&#x017F;ten, de&#x017F;&#x017F;en Ge-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0100] Neuntes Buch. Zweites Capitel. deten ſie: wie man denn in Greifswald ohnehin gewohnt war, dem Beiſpiele Bugenhagens, den Lehren Melanchthons ſich anzuſchließen. Bartholomäus Suave, Biſchof von Ca- min, aber evangeliſch und verheirathet, mußte auf den aus- drücklichen Befehl des Kaiſers das Bisthum fahren laſſen. Die Fürſten leiſteten auf den kirchlichen Einfluß den ſie bis- her ausgeübt, förmlich Verzicht: dem Rath von Stral- ſund haben ſie erklärt, darin Diejenigen ſchaffen laſſen zu wollen, denen ſolches Amts halber gebühre. Nach dem Mu- ſter des Leipziger Interim ward auch hier zunächſt eine ver- mittelnde Formel aufgeſtellt. Als Herzog Ulrich von Meklenburg zum Biſchof von Schwerin poſtulirt ward, hielt er doch für gut, die Weihen nach der Gewohnheit der alten Kirche zu nehmen. Der Bi- ſchof Magnus von Skara ertheilte ſie ihm, wie er ſagt „un- ter Mitwirkung der Gnade des ſiebenfältigen Geiſtes.“ Der Herzog von Cleve mußte jetzt endlich, was er bisher noch immer vermieden, auf die Ausführung ſeines Tractats mit dem Kaiſer denken: in Soeſt, Weſel, Lippſtadt ord- nete er die Einführung des Interim an. Mit vielem Selbſt- gefühl ließ ſich ſein Bevollmächtigter Gropper in Soeſt ver- nehmen: „So will es S. kaiſ. Maj.“, rief er aus, „ſo will es mein gnädigſter Fürſt, ſo will auch ich es haben.“ 1 Im Lippiſchen widerſetzten ſich vergebens die entſchloſ- ſenſten Prädicanten, — merkwürdiger Weiſe vornehmlich Die, welche aus dem Mönchthum übergetreten, — aber es gab andre die ſich fügten. In Oſtfriesland ſetzte der Canzler Weſten, deſſen Ge- 1 Hamelmann Hist. renovati evangelii p. 1116.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/100
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/100>, abgerufen am 24.11.2024.