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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Wittenberger Concordie.
der in Christo." Dem wackern Butzer, der um diese Ver-
söhnung das größte Verdienst hatte, traten die Thränen in
die Augen, als er sein Ziel nun so weit erreicht sah: mit
[ - 2 Zeichen fehlen]falteten Händen dankte man Gott.

Ohne Zweifel eins der größten Ereignisse für die Ent-
wickelung der evangelischen Kirche.

Die Oberländer nahmen die augsburgische Confession
und deren Apologie schlechthin als das eigene Bekenntniß
an; 1 wovon sie früher noch weit entfernt gewesen. Luther
dagegen erkannte sie als seine Brüder im Glauben, was er
dem Ulrich Zwingli dort zu Marburg abgeschlagen hatte.
Auf beiden Seiten ließ man die bisherigen Mißverständnisse
fallen. Die Oberländer ergriffen das Einleuchtende einer tie-
feren Auffassung; sie erwehrten sich nur des schroffsten Aus-
drucks derselben, durch den sie auch in der That wie-
der zweifelhaft wurde. In Wittenberg dagegen ließ man
den Gründen der oberländischen Auffassung mehr Gerechtig-
keit widerfahren; namentlich erkannte Melanchthon die Ana-
logien derselben in der alten Kirche. Auch auf dieser Seite
läuterten sich die Ansichten. Luther erklärte wohl: ihm sey
es nie um die Weise und Maaß der Gegenwart zu thun
gewesen, sondern nur um die Gegenwart selbst; man müsse
nun auf beiden Seiten die Streiche und Schmerzen des al-
ten Haders vergessen, vergeben und vertragen. 2

Auch über alle andern streitigen Puncte verständigte
man sich.


1 "Mehr hab ich nicht wissen zu fordern oder dringen." An
Georg von Brandenburg bei Hartmann und Jäger II, p. 40.
2 Schreiben an Jacob Meier in Basel: -- mündliche Erklä-
rung an Butzer nach dessen Relation bei Heß Heinrich Bullinger
I, p. 273

Wittenberger Concordie.
der in Chriſto.“ Dem wackern Butzer, der um dieſe Ver-
ſöhnung das größte Verdienſt hatte, traten die Thränen in
die Augen, als er ſein Ziel nun ſo weit erreicht ſah: mit
[ – 2 Zeichen fehlen]falteten Händen dankte man Gott.

Ohne Zweifel eins der größten Ereigniſſe für die Ent-
wickelung der evangeliſchen Kirche.

Die Oberländer nahmen die augsburgiſche Confeſſion
und deren Apologie ſchlechthin als das eigene Bekenntniß
an; 1 wovon ſie früher noch weit entfernt geweſen. Luther
dagegen erkannte ſie als ſeine Brüder im Glauben, was er
dem Ulrich Zwingli dort zu Marburg abgeſchlagen hatte.
Auf beiden Seiten ließ man die bisherigen Mißverſtändniſſe
fallen. Die Oberländer ergriffen das Einleuchtende einer tie-
feren Auffaſſung; ſie erwehrten ſich nur des ſchroffſten Aus-
drucks derſelben, durch den ſie auch in der That wie-
der zweifelhaft wurde. In Wittenberg dagegen ließ man
den Gründen der oberländiſchen Auffaſſung mehr Gerechtig-
keit widerfahren; namentlich erkannte Melanchthon die Ana-
logien derſelben in der alten Kirche. Auch auf dieſer Seite
läuterten ſich die Anſichten. Luther erklärte wohl: ihm ſey
es nie um die Weiſe und Maaß der Gegenwart zu thun
geweſen, ſondern nur um die Gegenwart ſelbſt; man müſſe
nun auf beiden Seiten die Streiche und Schmerzen des al-
ten Haders vergeſſen, vergeben und vertragen. 2

Auch über alle andern ſtreitigen Puncte verſtändigte
man ſich.


1 „Mehr hab ich nicht wiſſen zu fordern oder dringen.“ An
Georg von Brandenburg bei Hartmann und Jaͤger II, p. 40.
2 Schreiben an Jacob Meier in Baſel: — muͤndliche Erklaͤ-
rung an Butzer nach deſſen Relation bei Heß Heinrich Bullinger
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[85/0097] Wittenberger Concordie. der in Chriſto.“ Dem wackern Butzer, der um dieſe Ver- ſöhnung das größte Verdienſt hatte, traten die Thränen in die Augen, als er ſein Ziel nun ſo weit erreicht ſah: mit __falteten Händen dankte man Gott. Ohne Zweifel eins der größten Ereigniſſe für die Ent- wickelung der evangeliſchen Kirche. Die Oberländer nahmen die augsburgiſche Confeſſion und deren Apologie ſchlechthin als das eigene Bekenntniß an; 1 wovon ſie früher noch weit entfernt geweſen. Luther dagegen erkannte ſie als ſeine Brüder im Glauben, was er dem Ulrich Zwingli dort zu Marburg abgeſchlagen hatte. Auf beiden Seiten ließ man die bisherigen Mißverſtändniſſe fallen. Die Oberländer ergriffen das Einleuchtende einer tie- feren Auffaſſung; ſie erwehrten ſich nur des ſchroffſten Aus- drucks derſelben, durch den ſie auch in der That wie- der zweifelhaft wurde. In Wittenberg dagegen ließ man den Gründen der oberländiſchen Auffaſſung mehr Gerechtig- keit widerfahren; namentlich erkannte Melanchthon die Ana- logien derſelben in der alten Kirche. Auch auf dieſer Seite läuterten ſich die Anſichten. Luther erklärte wohl: ihm ſey es nie um die Weiſe und Maaß der Gegenwart zu thun geweſen, ſondern nur um die Gegenwart ſelbſt; man müſſe nun auf beiden Seiten die Streiche und Schmerzen des al- ten Haders vergeſſen, vergeben und vertragen. 2 Auch über alle andern ſtreitigen Puncte verſtändigte man ſich. 1 „Mehr hab ich nicht wiſſen zu fordern oder dringen.“ An Georg von Brandenburg bei Hartmann und Jaͤger II, p. 40. 2 Schreiben an Jacob Meier in Baſel: — muͤndliche Erklaͤ- rung an Butzer nach deſſen Relation bei Heß Heinrich Bullinger I, p. 273

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/97>, abgerufen am 24.11.2024.